Dunkel
Hell
Dunkel
Hell

Linker Sieg in Frankreich?

11. Juli 2024
in 2 min lesen

Wahlen – welch ein Trubel um ein paar Sitze in einer Institution, die bei den meisten Entscheidungen trotz offizieller Gesetzestexte eh keinen Einfluss hat. Es gibt wohl kein größeres Spektakel für den Demokraten da draußen als das Beobachten verschiedenfarbiger Balken auf einem Bildschirm. Und zugegeben, ich finde das auch ab und zu lustig oder spannend, wohl wissend allerdings, dass sich der reale Einfluss dieses modernen Pseudorituals in Grenzen hält. Im Gegensatz dazu der Demokratiejünger, der fast seine Welt zusammenbrechen sieht, wenn der falsche Balken in die Höhe schießt – ein solches Verhalten wird hoffentlich bald, am Abend des 1. September, zu beobachten sein.

Vergangenen Sonntag durfte man das in Frankreich beobachten. Dort standen die Parlamentswahlen an, die von Macron einberufen worden waren, nachdem seine Partei bei den EU-Wahlen am 9. Juni nicht so glänzende Erfolge einfahren konnte wie geplant. Wie üblich finden die Wahlen im westlichen Nachbarland aufgrund des dortigen Wahlsystems in zwei Wahlgängen statt. Während im ersten Wahlgang der Rassemblement National (RN) um Jordan Bardella und Marine Le Pen noch vorn lag, konnte jedoch nach dem zweiten Wahlgang der linksradikale Nouveau Front populaire (NFP) die größte Fraktion im Parlament stellen. Gelingen konnte das nur durch das französische Wahlsystem: In der ersten Wahl, die am 30. Juni stattfand, musste der Kandidat eines Wahlkreises mindestens 50 Prozent der Wählerstimmen und 25 Prozent der Wahlberechtigten hinter sich vereinen.

Gelang dies nicht, kam es zu einer Stichwahl, bei der sich allerdings mehr als zwei Kandidaten qualifizieren konnten, wenn sie entsprechend viele Stimmen hinter sich vereinen konnten – und besagte Stichwahl fand nun am Sonntag statt. In vielen Wahlkreisen lag eben der rechtspopulistische RN vorn, so dass die Partei Macrons viele ihrer Kandidaten zurückzog und dazu aufrief, den NFP zu unterstützen – so konnte eine Mehrheit gegen die RN-Leute erzielt werden. Auch wenn die Rechten nach wie vor die meisten Stimmen hinter sich vereinten, können sie mit ihren Abgeordneten nur die drittstärkste Fraktion bilden. Der Preis, den Macron für die Verhinderung einer starken Le-Pen-Fraktion bezahlen musste, war eben, den Status als stärkste Fraktion im Parlament an die Linksradikalen abzugeben. Die Enttäuschung bei den Rechtspopulisten war zu spüren, die Linken feierten ihren Sieg wie gewohnt – indem sie ihre Umgebung in Chaos und Dreck versenkten.

Welche Lektion steckt in der Wahl für uns drin? Nun, zuallererst gönnt man Marine Le Pen ein wenig den Misserfolg, nachdem sie die AfD und insbesondere Maximilian Krah so angegangen ist. Aber ist der französische Rechtspopulismus um den RN nun tot? Nein, gewiss noch lange nicht. Zwar ist er nicht die stärkste Kraft im Parlament geworden, aber immerhin hat er mehr als ein Drittel der Wählerstimmen hinter sich vereint – dazu ist die AfD nur im Osten in der Lage. Die Frage stellt sich da eher, ob sich das real nutzen lässt, denn man hat ja gesehen: Der Gegner findet Mechanismen im Wahlsystem, die einen den fast sicheren Sieg kosten. Und: ob sich das Weichspülen des Wahlprogramms wirklich lohnt. Da kann man sich in Frankreich noch so sehr von der Idee der Remigration distanzieren, die bürgerlichen Macron-Wähler werden einen dennoch nicht wählen, solange sie keine Banlieue-Verhältnisse vor der Haustür haben – so zumindest die Beobachtung aus dem fernen Mitteldeutschland.

Es sieht eher so aus, als würden die Menschen, die den RN wählen, den RN wählen, weil die Zustände in Frankreich, und gerade in den Metropolen, immer unerträglicher werden. Die Hochburgen des RN liegen zum Beispiel im Süden, wo vermutlich jeder rechte Wähler mal Marseille besucht hat und seitdem vom Multikulti-Traum geheilt ist. Sich angesichts dieser Situation von Remigration zu distanzieren, erscheint nahezu wahnsinnig. Es bleibt nur zu hoffen, dass man in Frankreich langsam begreift, sich vom weichgespülten Rechtspopulismus zu lösen und eine wahre Alternative zu bilden – auch wenn das bei unserer Alternative ebenfalls nicht immer der Fall zu sein scheint. Das Spiel ist in Frankreich jedenfalls noch nicht vorbei, auch wenn die Linken vorerst gewonnen haben – aber wie gesagt: vorerst.

Fridericus Vesargo

Aufgewachsen in der heilen Welt der ostdeutschen Provinz, studiert Vesargo jetzt irgendwas mit Musik in einer der schönsten und kulturträchtigsten Städte des zu Asche verfallenen Reiches. Da er als Bewahrer einer traditionsreichen, aber in der Moderne brotlos gewordenen Kunst am finanziellen Hungertuch nagen muss, sieht er sich gezwungen, jede Woche Texte für die Ausbeuter von der Krautzone zu schreiben. Immerhin bleiben ihm noch die Liebesgrüße linker Mitstudenten erspart…

1 Comment

  1. Wozu eine faule Meloni wie die Le-Pen-Möchtegernrenne wählen wenn man auch die konsequente Ansage Zemmour haben kann?
    LePens Umgang mit ihrem Vater als Wegbereiter erinnert doch schon sehr an IM Erika, und wie sie mit ihrer Verwandten Marechal umgegangen ist zeigt noch deutlicher wie diese Person wirklich tickt.

Comments are closed.

Mehr vom Autor