Dunkel
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Frische Erde

28. Mai 2020
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Jeder Mensch sollte einen eigenen Garten besitzen. Will man den Menschen, also sich selbst, als Teil der Natur verstehen, ohne in ihr als fremdbestimmte Gattung aufzugehen, ist ein Garten der ideale Lehrmeister. Man kann ihn nach den eigenen Vorlieben gestalten, immer unter Berücksichtigung der jeweiligen klimatischen Bedingtheiten. Farbenwahl, Stil, Nutzpflanzen zur Eigenversorgung oder reiner Hort des Lustwandelns, vielleicht bevorzugt man auch ein Stück sich selbst überlassene Wildnis.

Egal, wofür man sich entscheidet, man übernimmt die Verantwortung für dieses Fleckchen Erde. In der richtigen Kombination siedeln sich früher oder später die ersten Vögel an, Bienen beginnen, ihr Tagwerk zu verrichten, das eine oder andere Kaninchen mümmelt am frischen Löwenzahn, und mit etwas Glück lässt sich vielleicht sogar ein Fuchs beobachten, der sich im Winter am nicht hoch genug angebrachten Vogelfutter zu schaffen macht. Und mag sich die Schönheit der Schmetterlinge schon zum Klischee entwickelt haben, wir erfreuen uns noch immer an ihrer Gegenwart. Der Wandel der Jahreszeiten schleicht sich in unsere Seelen und legt sich wie eine beruhigende Decke über aufwühlende Gedanken. Die Arbeit im Garten ist erfüllender als jeder Besuch eines Yogakurses, und nirgends sonst kann man besser aus eigenen Fehlern lernen und sein Habitat studieren. Die Natur vor der eigenen Pforte ist eine gute Lehrmeisterin, sie verleiht Fleißbildchen in Gestalt frischer Äpfel in Hülle und Fülle, und sie bestraft mit abgestorbenen Ästen, wenn man seine Hausaufgaben nicht gemacht hat.

Nein, nicht jeder Mensch kann einen Garten haben, und er ist mit viel Arbeit verbunden, die Abstriche in anderen Bereichen fordert. Oft bleibt keine Zeit mehr für andere Dinge, aber oft hat man auch schlicht einfach keine Lust mehr auf Netflix oder Fitnessstudio nach einem Tag ehrlicher Arbeit im Garten. Naturverbundenheit und Umweltschutz bekommt man nicht geschenkt, wenn man Schilder schwenkend, auf denen hirnverbrannte Sprüche prangern, mit Gleichgesinnten hinter der Fahne her rennt, nur um sich der Zustimmung anderer, die sich am nächsten Tag sowieso nicht mehr an einen erinnern, zu erfreuen. Der eigene Garten ist Privatleben, stille Freude, ein Hineinwachsen in die Erde, die uns einst das Leben geschenkt hat. Dabei kann man sich ganz individuell ausleben, Vielfalt gestalten, Vorlieben pflegen, ohne andere mit Vorschriften zu belegen. Ob wir dabei über das Ziel hinausschießen, lehrt uns unser Erfolg und Scheitern.

Was immer Sie denken, liebe Leser, was immer Ihnen wichtig ist, ob Sie kosmopolitischer Stadtmensch oder Landei wie ich sind, irgendwann werden wir alle wieder in dieser Erde zu Wurzeln für irgendwelches Grünzeug. Ich persönlich finde meinen Seelenfrieden jetzt schon darin, ein Gänseblümchen zu betrachten als Teil meiner ewigen Existenz anstatt meinen Lebenssinn zu verlieren, weil die Batterie meines Mobiltelefons den Geist aufgegeben hat und ich mir nicht das aktuelle Klima-Troll Video ansehen kann oder die neuesten Bilder meiner sogenannten guten Taten in den sozialen Netzwerken veröffentlichen.

Der Trend ist tot, es lebe der Garten.

Gastautor

Hier schreiben unsere Gastautoren, bis sie sich in unserer klebrigen Mischung aus Hass und Hetze verfangen, und schließlich als regelmäßige Autoren ein eigenes Profil bekommen.

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