Dunkel
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Liebe ist, wenn es Landliebe ist

9. August 2020
in 4 min lesen

Ich hätte nie gedacht, dass ich jemals so etwas mache. Natürlich, ich habe schon davon gehört. Jeder hat schon davon gehört. Was soll ich sagen – es dann selber zu machen, das ist dann schon eine andere Hausnummer! Eigentlich ist das ja nicht meine Art, aber mir blieb nichts anderes übrig. Wirklich! Wenn ich es Dir erklärt habe, wirst Du es verstehen!

Ich musste es einfach tun! Die Nackte war nur ein Köder. Ich brauche deine Aufmerksamkeit. Bevor Du jetzt wutschnaubend unsere Seite schließt oder womöglich gleich dein Abo kündigst, warte bitte einen Moment und lies weiter! Ich weiss, das war nicht die feine englische Art, aber so läuft das eben in der Aufmerksamkeitsökonomie. Entweder Nazis oder Nackedeis. So schwer fiel uns von der KRAUTZONE die Entscheidung dann allerdings nicht.

Aber nun einmal von vorne, worum geht es eigentlich? Rechtsextreme wollen Boden und Land, titelte FAZ-Online am 29.07.2020. Quintessenz des Artikels: Die Sicherheitsbehörden sorgen sich, da Rechtsextreme auf dem Land Immobilien erwerben um dort ideologische Schulungszentren, Veranstaltungsorte, Kampfsportzentren u.ä. zu errichten. Die rechte Bedrohung, mal wieder. Auf den ersten Blick ist es Clickbait vom allerfeinsten. So weit, so bekannt. Oder? Nein, so einfach ist es nicht. Hinter Artikeln wie dem von FAZ-Online steckt mehr.

Rechtsextreme. Landidylle. Häuser. Machtergreifung. Gefahr. Das ganze dann martialisch bebildet mit fahnenschwenkenden Ronnys inmitten einer Formation Bereitschaftspolizisten. 146 Immobilien seien bereits in rechtsextremer Hand. 146! Das sind nicht einmal zehn Objekte pro Bundesland. Und dabei kann es sich ja um alles handeln: Die verfallene Scheune aus einer Erbmasse oder ein mit Stolperdraht und Tretminen gesicherter Bunker nebst Radiostation. Darüber gibt der Artikel natürlich keine Auskunft.

Wer sind die denn die Rechtsextremen? Sind es Nationalsozialisten? NPD-Wähler? Reichsbürger? Bin ich schon rechtsextrem, wenn ich Xavier Naidoo höre? Gleicht sich das ganze vielleicht aus, wenn ich Naidoo scheiße finde, aber dafür ein Abo bei der KRAUTZONE habe? Laut Apothekenblatt schlägt der Eva-Braun-Detektor ja schon bei kleinen Mädchen mit geflochtenen Zöpfen an, was macht dann der weiße Heteromann, der unter erblichem Haarausfall leidet? Moment, sagte ich erblich? Oh nein, natürlich! Es sind die Gene… Spaß beiseite, wer rechts ist und wer nicht, das entscheidest nicht Du oder deine Einstellung zu Politik, Staat und Gesellschaft. Wer rechts ist, das bestimmen andere.

Linksextreme Rechtsextremismusexperten wie Natascha Strobl zum Beispiel. Was haben die Staatsmedien aufgeheult, als sie im Zuge der Causa Bohnert eins auf die Nase bekamen. Aber täusch dich nicht! Aktionen wie diese sind eigentlich nur dazu da um zu sehen, wie weit man gehen kann. Die nächsten Verdächtigungen werden nicht lange auf sich warten lassen. Die Bundeswehr hat es in den letzten Wochen und Monaten hart abbekommen, demnächst sind es dann vielleicht extrem rechte Magazine. Fassen wir also zusammen: Früher war alles besser, da hatten alle Rechten eine Glatze. Heute ist es schwieriger, denn Rechte tragen jetzt Undercut und Krawatte. Längst sind sie in der Mitte der Gesellschaft angekommen! Manche dienen ihrem Land (sehr verdächtig), viele von ihnen lesen (sehr gefährlich), einige schreiben (Anm. der Red.: die Besten bei uns!). Überhaupt sind Rechtsextremisten in ihrer Erscheinung so fluide, da ist es eigentlich ungeheuerlich, dass sie noch keine eingetragene Minderheit sind.

Verzeihung, ich schweife ab! Zurück zum Artikel: Rechtsextreme kaufen also Immobilien. Sie machen Gebrauch von der gesetzlich garantierten Vertragsfreiheit. Verträge abzuschließen sollte in einem demokratischen Rechtsstaat so normal sein wie Atmen, aber genau das ist es ja! Normalität – das macht die Rechten so gefährlich! Anders als Linksextreme besetzen sie nicht einfach fremdes Eigentum, um dann von dort aus Terroranschläge gegen Personen, Einrichtungen und Infrastruktur durchzuführen – nein, sie schließen völlig legal Verträge ab. Rechte provozieren einfach wo sie können…

Und hier kommen wir dann zum Kern des besagten FAZ-Artikels: “Nicht immer gelinge es, rechtzeitig Informationen über geplante Käufe zu bekommen, sagt Stübgen. ‘Es ist aber auch Aufgabe der Gesellschaft, der Wirtschaftsverbände und der Kreditinstitute, einen genauen Blick auf die Käufer von Immobilien zu haben. Es darf da nicht länger weggeschaut werden.’ Laut des sächsischen Verfassungsschutzes reichen die aktuellen Gesetze nicht, um effektiv gegen Rechtsextreme und ihre Käufe vorzugehen, da diese meist als Einzelpersonen handeln und nicht in etablierten Strukturen. ‘Die Sicherheitsbehörden können den Extremismus des 21. Jahrhunderts nicht mit Gesetzen aus dem 20. Jahrhundert bekämpfen. Das rechtliche Dürfen und das technische Können müssen mit der allgemeinen Entwicklung Schritt halten.’“

Salamitaktik. Scheibchen für Scheibchen. Denkt man das, was da in diesem unscheinbaren Artikel fabuliert wird mal weiter, dann sind wir ganz schnell im neuen Totalitarismus. Wer sein Maul nicht hält, wer Kritik übt, ja vielleicht nur einen Witz reißt, dem wird das Konto gesperrt, der Vertrag gekündigt, dem droht ganz einfach die Vernichtung seiner wirtschaftlichen und damit sozialen Existenz. Das alles klingt surreal, denn Konten und Verträge sind heute so selbstverständlich, so fürchterlich banal und langweilig, dass wir uns über sie keine Gedanken machen. Aber jetzt versuch mal ohne Konto deine Miete zu zahlen. Erklär mal deiner Frau, dass der Kaufvertrag für eure Traumimmobilie geplatzt ist, weil Du plötzlich ein Rechtsextremer bist. Und wenn wir heute von Konten reden, wer sagt uns, dass es morgen nicht schon um unsere Kinder geht. Und was ist dann übermorgen?

Das sind alles schwere Fragen und schwere Gedanken. In der Redaktion, so hab ich zumindest gehört, beginnt langsam aber sicher die Suche nach Räumlichkeiten. Hannes Plenge schlug einen Bunker vor, Florian Müller war für eine Hütte. Friedrich Fechter versuchte zu vermitteln und brachte eine Burg ins Gespräch. Irgendwann kam uns die Idee, dass wir die Redaktionsräume einer der vielen dahinsiechenden MSM-Häuser okkupieren sollten. Feierlicher Einzug mit Fahnen und Trommeln, anschließend rituelle Säuberung durch einen orthodoxen Priester. Oder gleich ein eigenes Hochhaus? Der KraZ-Tower! Wie gesagt, die Debatte läuft noch. Vielleicht suchen wir uns am Ende auch einfach was auf dem Land.

Stefan Nguyen

Endlich ein Ausländer im Team und wir müssen uns die Rassistenvorwürfe nicht mehr anhören. Nguyen ist leider nur Viertelvietnamese, hat aber vieles von der asiatischen Mentalität geerbt. Jeden Tag 14 Stunden arbeiten. Schlafen ist für Verlierer. Stefan hat einen Bachelor in International Economics und arbeitet derzeit im Ausland. Wenn er überhaupt einmal Zeit hat, schreibt er in der Print.

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