In ihrer Ergänzung zu “Zwei Piekser für die Freiheit?” schreibt Johanna Blum eingangs: “…denn im Grunde ist diese Tatsache zusammen mit der des Geborenwerdens die einzig unumstößliche Wahrheit unserer Existenz.” Mit “diese Tatsache” ist hier unsere Sterblichkeit gemeint, und ja, sie ist eine der wenigen großen Gewissheiten des Lebens.
Allerdings gibt es neben Geburt und Tod noch eine weitere unumstößliche Wahrheit unserer Existenz – nämlich die Tatsache, dass wir uns unseres Lebens bewusst sind. Allein dass wir über unser Leben nachdenken können, zeigt das schon. Wir können gewissermaßen von außen auf uns blicken, uns selbst zum Objekt unserer Wahrnehmung und unserer Gedanken machen. Wir leben nicht nur, wir sind uns dessen auch bewusst. Und dieses Bewusstsein ist wohl die einzige Konstante zwischen den beiden unumstößlichen Wahrheiten Geburt und Tod.
Wer bin ich eigentlich?
Ist dein Leben nicht eine kontinuierliche Erfahrung? Deine frühste Kindheitserinnerung, dein erster Kuss als Teenager, das letzte große Drama deines Lebens, ist das erlebende Subjekt nicht von Anfang bis Ende immer “ich”? Obwohl sowohl dein Körper als auch dein Geist von Geburt bis zum Tod zahllose Veränderungen durchlaufen, bist es immer du, der deine Erfahrung macht.
Von deinem ersten bis zu deinem letzten Atemzug machst immer du deine Erfahrung. Mit Erfahrung meine ich die Summe körperlicher und geistiger Empfindungen und Wahrnehmungen, beispielsweise deine erste Verletzung als spielendes Kind: sowohl körperlicher Schmerz als auch geistiges Erschrecken; oder deinen ersten Liebeskummer mit all seinem seelischen Schmerz und dem dazugehörigen körperlichen Unwohlsein. Immer und von Anfang bis Ende besteht unser Leben aus dem Wahrnehmen von Erfahrung, mit körperlicher und geistiger Komponente.
Und wer macht diese Erfahrung, wer nimmt sie von Beginn bis Ende deines Lebens wahr? Du. Während sich deine Erfahrung fortlaufend ändert, während sich dein Körper im Laufe der Jahre verändert und während sich deine Gedanken von Minute zu Minute verändern, bleibt eins konstant: Die Tatsache, dass du dir all dem bewusst bist, dass du all das wahrnimmst, dass du all das weisst.
Du bist wer du bist
Du nimmst den Film deines Lebens auf der Leinwand deines Bewusstseins wahr. Du weißt, dass du lebst. Du weisst, dass du du bist. Du nimmst wahr und bist dir deiner Wahrnehmung bewusst. Das ist einzige Konstante zwischen Geborenwerden und Sterben.
Und dieses Subjekt deiner Erfahrung, dieses wahrnehmende Bewusstsein, das ist deine essentielle Natur. Nicht dieses Knäuel aus Gedanken, Gefühlen und Biomasse, mit dem wir uns so sehr identifizieren und an dem wir so sehr hängen. Zwischen den beiden unumstößlichen Gewissheiten Geburt und Tod kannst du dich nur auf eine einzige Tatsache mit absoluter Sicherheit verlassen: Du bist dir bewusst.
Dich dieser Tatsache zu erinnern ist auch der Ausstieg aus unangenehmen Gedanken- und Angstspiralen: Wenn du das nächste Mal merkst, wie dein Geist sich unglücklich im Kreis dreht, dann frag dich: “Bin ich bewusst?” – und finde so, durch kurzes Innehalten und Überprüfen dieser fundamentalen Wahrheit, zu dir zurück.