Der freie Journalist Christian Schüle verbrachte nicht nur seine Kindheit im selben Kaff wie ich in Süddeutschland, er hat sogar ebenfalls wie ich in Wien Philosophie studiert. Besser könnten die Voraussetzungen also nicht sein, ähnliche Meinungen zu besitzen.
Von unserer gemeinsamen Herkunft und demselben Bildungsweg hatte ich allerdings noch nichts erfahren, als mir ein Freund den Artikel „Jenseits der Rindsroulade – kleiner Versuch über das ‚Deutschsein‘“ auf der Website von Deutschlandfunk Kultur vom September 2022 schickte. Da mir jeder einzelne Satz aus diesem Artikel unfassbare Kopfschmerzen bereitete, soll dem Klatschen der Hand auf meiner Stirn hiermit Ausdruck verliehen werden.
1.) Die Ausführung von Herrn Schüle beginnt mit dem Satz: „Den Deutschen üblicherweise zugeordnete Attribute beschreiben ‚uns‘ immer weniger gut.“ Dass er das „uns“ direkt in Anführungszeichen setzt, zeigt zu Beginn schon einmal, dass es Deutsche im Gegensatz zu jeder anderen Nationalität gar nicht gibt. Wo Nationalität aufhört und ein linguistisch vollzogener Völkermord beginnt? Im Artikel werden wir es nicht erfahren.
2.) Die „Paragrafen“ des „neuen Gesellschaftsvertrags“ laut Herrn Schüle lauten:
„Es gibt keine nationale Essenz. (…) Deutschsein heißt, nicht deutsch sein zu wollen. Während sich dieser Tage so gut wie jede Community um den Nabel ihrer kleinen Gruppenidentität dreht, besteht die Identität der Deutschen als Gesamtheit darin, keine Identität zu haben.“
Übersetzung: Migranten haben eine Gruppenidentität, Deutsche nicht. Deutsche Identität ist Identitätslosigkeit, und wer etwas anderes sagt, also auf seine deutsche Nationalität gar stolz ist, ist kein echter Deutscher.
3.) Herr Schüle schreibt:
„Will die offene Gesellschaft offen bleiben, muss sie ihr Wir neu denken. Die deutsche Bevölkerung setzt sich heute völlig anders zusammen als noch vor 20 Jahren.“
Wer ist denn an der Stelle bitte eine „offene Gesellschaft“? Sind es die „Deutschen“, die ja eigentlich gar nicht existieren? Die multikulturelle Gesellschaft? Und was unterscheidet eine offene von einer geschlossenen Gesellschaft, zumal die geschlossene ja gar keine Gruppenidentität hat? Ist „Wir“ immer und automatisch multikulturell?
Das sich innerhalb von 20 Jahren die Demografie in Deutschland geändert hat, sieht der Publizist immerhin nicht als rechtsextreme Verschwörungstheorie, sondern als Fakt. Aber weil jeder, der hier lebt, automatisch deutsch ist, hat sich natürlich auch das rein staatsbürgerliche Deutschsein gewandelt, ganz im Gegensatz zu den „Communitys“ mit Gruppenidentität. Ein hirnakrobatisches, goldmedaillenverdächtiges „Wow“ an dieser Stelle.
4.) Meine Lieblingsstelle: „In künftig ‚superdiversen‘ Städten könnten über 60 kulturell konstruierte Geschlechtsidentitäten, Hunderte Ethnien, Glaubensgemeinschaften und Kleinkollektive mit Anspruch auf Selbstwirksamkeit und Sichtbarkeit zusammenleben.“
Herr Schüle hat sich mit der totalen Dekonstruktion aller westlichen und deutschen Errungenschaften bereits angefreundet und zeichnet das Bild einer Welt, in der alles tatsächliche Deutschsein tot sein „könnte“. Claudia Roths Speicheldrüsen laufen bei solchen Ausführungen auf Hochtouren! Wen er sonst damit beeindrucken will, bleibt schleierhaft.
Ob das Zukunftsszenario der Grünen oder Remigration wahrscheinlicher ist, sei dahingestellt. Fest steht, dass Herr Schüle sicher ist, dass das Deutschsein durch Migration und Multikulturalismus bis zur Unkenntlichkeit entstellt werden wird.
5.) Der Artikel endet folgendermaßen:
„Trachtenjanker und Kopftuch also, Männerchor-Liedgut und Gangsta-Rap, Frikadellen und Schawarma, Oktoberfest und Bar-Mizwa-Feier.“
Aha. Es gibt also doch Aspekte einer deutschen Identität, nur wird sie jetzt eben bereichert durch Gangsta-Rap, Schawarma und natürlich auch die Bar-Mizwa-Feier. Weil Juden ja demografisch immer mehr werden im Land und vor 20 Jahren noch nicht zu Deutschland gehörten.
Und obwohl die Deutschen keine nationale Essenz haben, wird sie jetzt eben zu einer. Ich frage mich, ob sich Herr Schüle beim Schreiben bewusst war, was für einen antideutschen Schwachsinn er schreibt, oder ob er einfach dermaßen indoktriniert wurde, dass er das Aufgeben seiner nationalen Identität für selbstverständlich hält.
Nein, mit Herrn Schüle scheine ich sonst wohl überhaupt nichts gemein zu haben. Oder etwa doch? Jedenfalls beendet er seinen Artikel mit einem Friedrich-Nietzsche-Zitat:
„Die deutsche Seele, notierte jenseits von Gut und Böse einst der Philosoph Friedrich Nietzsche, sei verschiedenen Ursprungs: mehr zusammen- und übereinandergesetzt als wirklich gebaut. Die Deutschen seien ein Volk der ‚ungeheuerlichsten Mischung und Zusammenrührung von Rassen‘.“
Ach ja. Der grundlegendste Aspekt deutscher Identität: das Vermischen von „Rassen“, Massenmigration und ein Vakuum da, wo bei Migranten normalerweise eine nationale Identität ist. „Linguistischer Völkermord“ war anfangs eine Übertreibung, jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher, was dieser Artikel leisten soll. Ich habe auch ein Nietzsche-Zitat für Herrn Schüle aus Menschliches, Allzumenschliches:
„Die schlechtesten Leser sind die, welche wie plündernde Soldaten verfahren: sie nehmen sich einiges, was sie brauchen können, heraus, beschmutzen und verwirren das übrige und lästern auf das Ganze.“
Mir scheint, antideutsche Zukunftsfantasien, das Leugnen einer deutschen Identität, Zuwanderung bis zum Volkstod (laut Herrn Schüle natürlich „einfühlsam und rücksichtsvoll gesteuert“), sowie Rosinenpicken bei Nietzsche-Zitaten als Autoritätsargument sind nicht typisch deutsch, sondern nach dem Lesen dieses Artikels eher typisch Christian Schüle.
Es wird wohl Zeit, sich der wahren deutschen Identität anzunähern. Auf den nächsten Monat dürft Ihr gespannt sein!
Diese anderen unterwürfige, harmonieüberbedürftige und sich selbst hassende Art und die Verklärung davon als Tugend schreien schon lange danach, durch ein gesünderes und zuversichtlicheres Welt- und Selbstbild ersetzt zu werden. Kein Wunder, dass ein Krah oder Trittbrettfahrer wie Tate und Kollegah so viel Anklag bei den Jüngeren finden. In diesen Gegendarstellungen war aber viel zeitgenössische Überreaktion zu sehen, aus der zu lernen ist. Vergesst nicht, dass auch Krah nach seinem TikTok-Erfolg in den Medien zum großen Teil zur Witzfigur gemacht wurde. Wenn man das bessere Leben verkündet, dann muss die dazugehörige Optik (lächelnd, selbstsicher, gutaussehend) schwer angreifbar sein und es muss lächerlich und selbstentblößend wirken, diese anzugreifen. Gerade, wenn die Krypto-Nazi-Unterstellung erwartungsgemäß kommt, muss man da klar raushauen, wie albern und schizophren das ist. Natürlich muss diese Gegendarstellung im Kern anti-links sein, denn jede, wirklich jede Bewegung und Institution wird von Linken unterwandert, wenn sie nicht anti-links ist. Da hatte Kaczynski recht.
Worauf ich hiermit hinauswill: Seid der frohmutige Gigachad und kein Chud.