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Pirna – Wem gehört die Demokratur?

19. Dezember 2023
in 2 min lesen

Etliche Semester Philosophie und Politikwissenschaft zu studieren hat mich nicht auf diese Frage vorbereitet: Wem gehört unsere Demokratie? Aber fangen wir von vorne an: Vor einigen Wochen wurde ich auf einen Flyer der SPD aufmerksam, der zur Verteidigung unserer Demokratie aufruft. Er ließ mich innehalten, stellte sich mir doch direkt die Frage, was Demokratie denn nun ist und wem sie gehört. Google klärte mich in wenigen Sekunden auf: Nach Manfred G. Schmidt ist die Demokratie „eine Staatsverfassung, in der die Herrschaft bzw. die Machtausübung auf der Grundlage politischer Freiheit und Gleichheit sowie weitreichender politischer Beteiligungsrechte erwachsener Staatsbürger erfolgt“.

Na gut, ein erster Schritt, dachte ich mir. Aber wem gehört die Demokratie denn jetzt? Den Griechen? Den Amerikanern? Der Deutschen Demokratischen Republik? Den Wählern? Oder doch eher den Staatsbürgern, die man zu Unzeiten noch als das „Volk“ betitelte?

Und vor wem oder was muss man diese Demokratie denn verteidigen? Den Russen? Den Querdenkern? Oder den Reichsbürgern? Der Flyer klärte mich auf: Man muss sich mit Zusammenhalt und gegen Hetze einsetzen, denn es ist die Hetze, die unsere Demokratie gefährdet. Das wiederum ist laut dem Flyer möglich, wenn man vier Punkte beachtet.

1.) Man muss sich in Diskussionen einmischen, um menschenfeindlichen Aussagen zu widersprechen.

2.) Aktiv den Rechtsextremismus bekämpfen oder Geld spenden an diejenigen, die das übernehmen.

3.) Mit offenen Augen und Ohren durch den Alltag gehen.

4.) In die SPD eintreten, denn die SPD sei das älteste Bündnis gegen rechts.

Meine Fragen wurden dadurch zwar nicht beantwortet, aber immerhin wusste ich jetzt, dass die SPD die Demokratie verkörpert und vor den hetzenden Menschenfeinden verteidigt. Diese sind demnach ausschließlich rechts und können damit nicht zur Demokratie gehören.

Laut dem Flyer wird es schließlich SPD-kratisch entschieden, wer zum… ja zu was eigentlich gehört? Zum Staatsbürgerverbund? Zu den Wählern im Staat? Zum Wahl- *schluck* -Volk? An dieser Stelle wollte ich lieber nicht weiter nachdenken, weil ich mich mit dieser Formulierung wahrscheinlich für SPDler, die mit offenen Augen und Ohren durch den Alltag gehen, verdächtig gemacht hätte.

Die Demokratiefrage drängte sich mir wieder auf, als dem Programm „Demokratie leben“, dessen Etat von 150 Millionen auf 200 Millionen Euro erhöht werden sollte, durch das Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts die Unterstützung komplett gestrichen wurde. Wie soll die Demokratie der SPD überleben, wenn die Amadeu Antonio Stiftung für die Arbeit gegen rechte menschenfeindliche Hetzer nicht mehr bezahlt wird?

Nach den neuesten Ereignissen hat sich die Lage aber noch dramatisch verschärft. Obwohl der deutsche Verfassungsschutz ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass die AfD in Sachsen ganz gesichert und zu 100 Prozent ein Verein rechter Hetzer ist – sie hält etwa an dem veralteten Unwort „Volk“ fest –, haben es die Staatsbürger anscheinend immer noch nicht begriffen: Letzten Sonntag wählten die Bewohner der sächsischen Stadt Pirna doch tatsächlich einen Kandidaten der AfD zum Oberbürgermeister. Tim Lochner mag zwar parteilos sein, hat aber dennoch an diesem Tag der SPD, die im zweiten Wahlgang nicht vertreten war, ein klein wenig Demokratie weggenommen. Tja, und nun? Wem gehört die Demokratie jetzt? Den rechten Hetzern? Nein, unmöglich. Schließlich sind rechte Hetzer ja das Gegenteil von Demokratie…

Wie Sie sehen, lieber Leser, sind mir an dieser Stelle keine weiteren möglichen Antworten mehr eingefallen. Eins war mir aber sofort klar: Sollte die Demokratie den Wählern gehören, ist es höchste Zeit, sie ihnen wegzunehmen und sie gänzlich der SPD zu schenken, bevor sie durch die Wahl von Hetzern weiter zerstört wird.

PhrasenDrescher

Der Phrasendrescher - wie könnte es anders sein - promoviert derzeit interdisziplinär in der Philosophie und der Politikwissenschaft. Als glühender Verehrer von Friedrich Nietzsche weiß er, dass man auch Untergänge akzeptieren muss und arbeitet bereits an der Heraufkunft neuer, stärkerer Werte.

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