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Quo vadis, FDP?

25. November 2021
in 3 min lesen

Von Gerhard Kochel

Es gab zwei „rote Linien“, die FDP-Chef Lindner im Wahlkampf nicht müde wurde zu betonen: keine Steuererhöhung, kein Aufweichen der Schuldenbremsen. Ersteres wurde manchmal noch um den Zusatz „außer für Konzerne wie Google und Amazon“ erweitert. Durchaus Versprechen, die beim Wähler Anklang zu finden scheinen, so konnte die FDP ihr Ergebnis aus 2017 noch einmal verbessern, bei den Erstwählern landeten die Liberalen sogar auf Platz eins.

Die Partei aber scheint ihre vollmundigen Versprechen wenige Wochen nach der Wahl bereits wieder vergessen zu haben: Wie verschiedene Medien berichten, haben sich die Koalitionäre in spe auf eine Steuer auf besonders zuckerhalte Lebensmittel geeinigt. Ein Schlag ins Gesicht für jeden FDP-Wähler.

Versalzene Cola

Ich gebe es gerne zu: Auch ich habe – wie viele andere – 2021 mein Kreuzchen erneut bei den Liberalen gemacht. Die Gefahr einer rot-grün-roten Regierung schien mir zu real, die Alternativen zu den Freien Demokraten konnten mich nicht überzeugen. Außerdem muss man als Wähler Kompromisse eingehen können. So nehme ich die absurden Forderungen zur Zukunft der EU hin, um den Rest Marktwirtschaft in Deutschland zu schützen, eine kapitalmarktgedeckte Rente zu bekommen und um, ja, weitere Steuern und die Erhöhung der bereits bestehenden Abgaben zu verhindern.

Als dann am 26. September 2021 die ersten Prognosen auf dem Fernsehbildschirm erschienen, war klar: Es wird eine Ampel. Genauso klar war, dass eine derartige Konstellation auch von Seiten der FDP eine gewisse Kompromissbereitschaft erfordern wird. Ob Kompromissbereitschaft bedeutet, dass man bereits zwei Monate nach der Wahl mit seinen Kernversprechen bricht? Ich glaube nicht.

Es hätte sicher zig Punkte gegeben, bei denen die FDP den rot-grünen Verhandlungspartnern hätte entgegenkommen können, ohne einen weiteren Griff in die Taschen der Bürger mitzutragen. Manch einer wird jetzt erwidern, es handle sich doch bloß um eine Zuckersteuer. Keine Cola trinken, Problem gelöst. Außerdem hat eine vergleichbare Steuer in Großbritannien dazu geführt, dass die Hersteller den Zuckergehalt in ihren Lebensmitteln gesenkt haben. Also eine Belastung, die sich durchaus vermeiden ließe, zumal mit einem unbestreitbar positiven Nebeneffekt.

Heute Zuckersteuer, morgen…?

Das Problem ist, dass die FDP, als eigentlich liberale Partei, sich hiermit zum Steigbügelhalter für einen weiteren Ausbau des Nanny-Staates macht. Natürlich hat der Staat nur das Beste für seine Bürger im Sinn, sie vor Fettleibigkeit, Leberzirrhose und Raucherbein zu schützen zum Beispiel. Cola, Fanta, Milka und Haribo müssen wie Marlboro, Camel und Lucky Strike besteuert werden. Wie soll der Bürger sonst lernen, dass er die Finger davonzulassen hat?

Der Staat will mal wieder versuchen, den Bürger zu erziehen, ihm unerwünschte Verhaltensweisen über den Geldbeutel auszutreiben. Was, wenn die geplante Steuer nicht den gewünschten Effekt hat? Wird sie erhöht? Werden Getränkedosen mit Schockbildchen versehen? Wird es ein Werbeverbot wie für Tabakprodukte geben? Großbritannien macht’s vor.

Natürlich sollen auch die Einnahmen aus der Zuckersteuer sinnvoll verwandt werden. Laut Frankfurter Rundschau planen Verbraucherschützer, damit Ernährungsbildungsmaßnahmen für Kinder und Jugendliche sowie gesunde Mahlzeiten in Kitas und Schulen zu finanzieren. So bleibt beim Zahlen an der Kasse wenigstens das Wissen, dass die nächste Generation gar nicht erst zur Limo greifen wird – Baerbock und Lindner haben es ihr schließlich aberzogen.

Auf das Schlimmste gefasst…

Dass die FDP bereits so früh dermaßen einknickt, hätten wohl die wenigsten ihrer Wähler erwartet. Hieß es 2017 noch „lieber nicht regieren, als falsch regieren“, ist das Motto jetzt wohl „Finanzminister um jeden Preis“. Auch andere Details aus den Ampel-Verhandlungen lassen nichts Gutes erwarten. Laut Münchner Merkur werde der „Grünen-Wunsch nach einem Klima-Vetorecht weiter heiß diskutiert“. Sollte sich Habeck und Baerbock in diesem Punkt durchsetzen, wäre es völlig belanglos, ob ein FDPler, ein Sozi oder ein Grüner im Finanzministerium sitzen, der mächtigste Minister wäre so der Umweltminister.

Und auch bei anderen (die Volksgesundheit betreffenden) Fragen sind die Liberalen bereits eingeknickt, statt Freedom Day und Selbstbestimmung gibt’s jetzt eine Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen. Dass es von da aus nicht mehr weit zur allgemeinen Impfpflicht ist, dürfte klar sein. Die FDP beginnt ihre Rückkehr zur Macht also genauso, wie sie damals ihren Weg in die APO eingeläutet hat: als rückgratloser Mehrheitsbeschaffer.

Es bleibt zu hoffen, dass ich Unrecht habe, dass die Liberalen der kommenden Regierungen tatsächlich ihren Stempel aufdrücken können, dass Grün-Rot die Zuckersteuer teuer erkaufen musste. Wie wahrscheinlich das ist, darf jeder selbst entscheiden.

Gastautor

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