Die Mitte November veröffentlichte „Leipziger Autoritarismus-Studie 2024″ hat in linksliberalen Redaktionsstuben wie eine Bombe eingeschlagen. Erst Donald Trumps Triumphzug und jetzt das: Weniger als die Hälfte der 2.500 Befragten fühlen sich laut dieser Studie noch von jener Form der Demokratie vertreten, „wie sie gegenwärtig in der Bundesrepublik funktioniert“. Ganz oder teilweise stimmen bundesweit fast 40 Prozent der Aussage zu: „Was Deutschland jetzt braucht, ist eine einzige Partei, die die Volksgemeinschaft insgesamt verkörpert.“
Für Oliver Decker, Leiter der Studie, zeigt sich darin der Wunsch nach einer autoritären Regierung und nach dem Ende des politischen Dauerstreits, wie er zuletzt für die zerbrochene Ampelkoalition prägend war. Auch in der Frage der Zuwanderung hat sich der Trend gedreht: Im Westen stimmen mehr als 30 Prozent der Befragten der Aussage zu, „Deutschland ist durch die vielen Ausländer überfremdet“. Im Osten ist die Zustimmung seit 2022 sogar von 38 auf 44 Prozent gestiegen.
Man kann sich vorstellen, wie tief Erschütterung, Verzweiflung und Ratlosigkeit die linksliberalen Bannerträger erfaßt haben. Mit dem am 1. November verabschiedeten Selbstbestimmungsgesetz konnten sie zumindest noch einen Etappensieg erringen. Die mittlerweile propagierte Vielzahl der Geschlechter kommentierte ein Leser der „Jungen Freiheit“ mit den sarkastischen Worten: „Aber es gibt nur Urologen für Männer und Gynäkologen für Frauen. Für die anderen sind Psychiater zuständig.“ Und die Vision eines friedlichen, harmonischen Zusammenlebens von Menschen verschiedener Herkunft? Bis heute ist sie nichts als ein realitätsfremder Traum.
Angesichts des in immer mehr Staaten zu beobachtenden Rechtsrucks fragte die „Süddeutsche Zeitung“ sich und ihre besorgten Leser: „Wie konnte das passieren? Wie konnte das progressive Ideal in der westlich verfaßten Welt so ins Hintertreffen geraten?“ Das linksliberale Leitmedium mußte indes nicht lange herumrätseln, sondern wußte rasch die Antwort: „Es ist kein Trost, trägt aber möglicherweise zum Verständnis bei, wenn man einen Blick zurück wirft, wo das rechte Elend seinen Anfang nahm.“ Um besonders bei jungen Menschen das Zusammenspiel von Verunsicherung, gefühlter Machtlosigkeit und Anspruchsdenken zu verstehen, „empfiehlt sich die Erinnerung an das Entstehen des Faschismus“ (SZ, 11. November).
Da war sie, die immer wieder gern hervorgeholte Zauberformel: Wer nicht für den Fortschritt, also nicht progressiv ist, der ist Faschist. Daß in letzter Zeit ständig von den „Parteien der demokratischen Mitte“ die Rede ist, bedeutet jedoch, daß es dann auch eine demokratische Linke und eine demokratische Rechte geben muß. Daher sei an dieser Stelle Mao Zedong, Chinas einstiger KP-Chef, zitiert:
„Überall, wo Menschen leben – das heißt an jedem Ort außer in der Wüste –, teilen sie sich in Linke, in der Mitte Stehende und Rechte. Das wird in 10.000 Jahren noch so sein.“
Mao, der seinerzeit viel Unheil über die Volksrepublik gebracht hat, dachte bei dieser Sentenz sicher nicht an eine westliche Demokratie. Gleichwohl hat sein Diktum zeitlose Gültigkeit für alle Parteienkonstellationen, ja, im Grunde gilt es, unabhängig von Politik, sogar für alle menschlichen Einstellungen – so ist der eine risikofreudig und dem Neuen aufgeschlossen, der andere vorsichtig und besonnen, der dritte hingegen skeptisch und dem Bewährten zugetan. Gegenwärtig haben viele Menschen nicht nur in Deutschland genug von den vagen Versprechungen eines angeblich besseren Morgen, gar einer besseren Welt und verharren lieber im berechenbaren Hier und Jetzt.
China hat Mao hinter sich gelassen. Nun treibt sein Erbe unter gewissen K-Konsorten andernorts sein Unwesen.