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Untervermietung für eine Woche

12. Januar 2022
in 2 min lesen

Die Pandemie, die mich bereits in Spanien als Vermieter finanziell sehr getroffen hat, führt sogar im sicheren Taipei zu Schwierigkeiten bei der Suche nach einem Mitbewohner für meine hiesige Behausung. Seit September, also einen Monat nach meinem Einzug in eine nach taiwanesischen Verständnis durch einen dort begangenen Selbstmord verwunschene Wohnung, ist auf mehreren Seiten bei Facebook eine Anzeige für das mit eigenem Bad versehene zweite Zimmer zu finden.

Zimmer zu vermieten

Leider war die Resonanz darauf auch unter Ausländern aufgrund der immer noch strikten Einreisebeschränkungen für Taiwan und dem daraus resultierenden Überangebot an bezahlbarem Wohnraum bescheiden. Ein in Oxford studierender junger Engländer mit erstaunlich schlechten Manieren wohnte zwar sechs Wochen bei mir, zog dann aber aus Bequemlichkeit in die Nähe seiner Sprachschule.

Anfang Dezember letzten Jahres kontaktierte mich dann plötzlich eine Taiwanesin, die das Zimmer lediglich für eine Woche mieten wollte, weil ihr ein Hotel zu teuer war. Obwohl ich fast drei Jahre Erfahrung als hochgepriesener Gastgeber bei AirBnb besitze und gerne Besuch empfange, zögerte ich zunächst ein wenig.

Da sie jedoch bei einem zweiten Gespräch recht nett klang und ich momentan jede zusätzliche Einnahme gut gebrauchen kann, ließ ich mich noch am selben Abend darauf ein. Sie würde proportional die Miete zahlen, die ich für einen ganzen Monat von Anfang an im Sinne hatte und die in etwa einem Drittel einer kostengünstigen Hotelübernachtung entspricht.

Drei Tage später hatte ich eine im doppelten Sinne des Wortes kurzfristige Mitbewohnerin, die sich aus freien Stücken einer kleinen Knieoperation unterziehen wollte. Wie sich schnell herausstellte, tat sie dies nicht in ihrer Heimatregion im Herzen der Insel, sondern in der Hauptstadt, weil ihre Eltern nichts davon erfahren sollten.

Ein merkwürdiger Gast

Angeblich, um diese nicht in Unruhe zu versetzen über den Zustand ihrer einzigen Tochter, die zwar inzwischen Mitte 30 war, ansonsten aber sofort bei der Erwähnung von Vater und Mutter in Tränen ausbrach. Gemäß der konfuzianischen Erziehung sollten erwachsene Kinder jede Art von Belastung von ihren Eltern fernhalten, da sie diesen während ihrer Kindheit und Jugend bereits genug Sorgen bereitet hätten.

In ihrer Mobilität durch den gerade erfolgten Eingriff und dem Fehlen eines Fahrstuhls in dem Gebäude eingeschränkt, sowie von den hohen Preisen bei Uber Eats und ähnlichen Dienstleistern abgeschreckt, einigten wir uns schnell über den zusätzlichen Tarif für eine Vollverpflegung. Da sie aber schon ein wenig eingekauft hatte, kam ich in den Genuss einer Avocadomilch, der örtlichen Alternative zum Guacamole, die sie mit der Gabel konsumierte…

Sie war seit kurzem mit einem Amerikaner liiert und hatte diesen gerade in Seattle besucht. Je länger ich mich mit ihr unterhielt, desto mehr spürte ich das Bedürfnis, jenen Herren von seinen Heiratsplänen abzubringen. Diese Dame hat es außerdem geschafft, nicht nur Unmengen von Müll zu produzieren, sondern auch ihr Klo zu verstopfen. Gott sei Dank konnte ich das Problem schnell mit einem preiswerten Klostampfer lösen.

Die von mir zubereiteten westlichen Speisen mundeten ihr offensichtlich, selbst wenn sie den letzten Rest Baguette unabhängig von der aufgetanen Menge Essen stets trocken herunterwürgte. Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen-auch auf Formosa…

Gastautor

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