Wer mehr verdient, hat am Ende weniger Geld zur Verfügung. Zu diesem Schluss kommt das ifo Institut, das im Auftrag des „Handelsblattes“ errechnet hat, wie viel verfügbares Einkommen Doppelverdienerpaaren mit zwei Kindern und Kosten in Höhe von etwa 1.235 Euro für Miete bleibt. Der Vergleich zeigt: Ehepaare mit einem gemeinsamen Einkommen von 5.000 Euro brutto haben weniger Geld zur Verfügung als verheiratete Eltern mit 3.500 Euro brutto.
Die Ursache für dieses Phänomen liegt darin begründet, dass Mehrverdiener höhere Steuerabgaben leisten und nur niedrigere Transferleistungen, wie zum Beispiel Kinderzuschläge, beziehen dürfen. Die Liste der staatlichen Leistungen, die mit steigendem Gehalt sinken, ist lang. Bürgergeld, Wohngeld, BAföG und viele andere Sozialleistungen sind einkommensabhängig. Auf der anderen Seite greift der Staat bei jedem Euro, den ein Lohnempfänger mehr verdient, tiefer in seine Tasche. Neben der Einkommensteuer wird zum Beispiel der Solidaritätszuschlag progressiv berechnet und erhöht sich mit wachsendem Salär.
Die Steuerbelastung in Deutschland kann sich sehen lassen. Im direkten Vergleich mit anderen Industrienationen zählt die Bundesrepublik zu den Ländern mit der stärksten Belastung des Einkommens. Unter den 38 OECD-Mitgliedern befindet sich Deutschland – nur getoppt von Belgien – auf Platz zwei der höchsten Steuern. Verheiratete Eltern müssen durchschnittlich 40,8 Prozent ihres Verdienstes an den Staat abdrücken. Zum Vergleich: Die durchschnittliche Abgabenlast der OECD-Staaten beträgt nur 29,4 Prozent.
Auf der anderen Seite berücksichtigen Bedürftigkeitsprüfungen für Transferleistungen in der Regel das verfügbare Einkommen und Vermögen. Das bedeutet: Wenn eine Sozialhilfeleistung an bestimmte Einkommensgrenzen geknüpft ist, kommt ein Besserverdiener, also derjenige, der diese Leistungen zum größten Teil finanziert, aufgrund seines höheren Einkommens nicht für diese Unterstützung infrage. Zum Beispiel hat ein Student keinen Anspruch auf eine BAföG-Teilförderung, wenn seine Eltern vor Steuerabzug und Sozialversicherungskosten etwa 40.000 Euro im Jahr zur Verfügung haben. Der Staat erwartet, dass Eltern in dieser Einkommensklasse das Studium ihres Kindes finanzieren. Der Arbeitnehmer zahlt in diesem Fall sogar zweimal: Einerseits den Anteil des Staats am BAföG und andererseits das Studium für seinen Sprössling.