Unser neuer Autor Gilianth hat die allgegenwärtige „Seenotrettungsindustrie” mal etwas genauer unter die Lupe genommen und einen interessanten Vergleich gezogen. In seinem fulminanten Erstlingsartikel zieht er eine Parallele von der Mittelmeerüberquerung zum Himalaya-Tourismus. Welche Auswirkungen hat die institutionalisierte „Rettung” nach Europa drängender Migranten und wie sähe eine wirklich „humane” Lösung aus
I. Drei Thesen
Voranstellen möchte ich zunächst drei simple und keineswegs neue Thesen. Erstens: wenn linke Polit-Aktivist_innen wie eine Carola Rackete den Schleppern von Migranten auf dem Mittelmeer die Arbeit abnehmen, erzeugen sie durch die somit stattfindende Erleichterung des illegalen Transits von Afrika nach Europa gerade das Ansteigen der illegalen Migrationsströme auf diesem Weg.
Zweitens: Schlepper legen die Preise ihrer Dienste auch anhand unterschiedlicher Kosten- und Risikofaktoren fest. Sofern im Vergleich zu einer unsicheren, schlecht befahrbaren Transitroute, eine gut ausgebaute, zuverlässige zur Verfügung gestellt wird, senkt das den Schlepperpreis und erhöht somit den Anreiz, diese Route in Anspruch zu nehmen, weil die Gefährlichkeit der Route scheinbar gemindert wurde.
Und drittens: es kann leider nicht bestritten werden, dass mit der Zunahme der Migrationsbewegungen über die Mittelmeerroute bisher auch stets ein deutlicher Anstieg der mutmaßlich Ertrinkenen einherging. Umso mehr Menschen sich, in der Hoffnung europäisches Festland zu erreichen, mit vollkommen unzureichenden Mitteln auf den Seeweg begeben, desto mehr werden in dieser See sterben. Ob man die sie dabei unterstützenden Aktivisten nun als „Flüchtlingshelfer“ und „Seenotretter“ oder „Schleppergehilfen“ und „Piraten“ bezeichnet, hängt letztlich davon ab, ob man das Hauptmotiv dieser Leute in der Verbringung der Migranten nach Europa sieht oder nicht.
II. Erfahrungen aus der Gletscherwelt
Die Kenntnisse über den Zusammenhang zwischen Routenausbau und Routennutzung sind nun keineswegs neu. Im Bereich des alpinen Bergsports dürfen sie seit langem als bekannt gelten. – Je mehr unzureichend befähigte Menschen versuchen, einen Achttausender zu bezwingen, desto mehr stürzen auf die eine oder andere Weise in den Tod, erleiden in der dünnen Luft ein Höhenodem, verlieren das Bewusstsein und erfrieren. Der Tod trifft dabei selbst immer wieder professionelle Sportler wie im letzten Jahr den Schweizer Extrembergsteiger Ueli Steck.
Was können wir nun aber angesichts dieser Erkenntnisse in der äußerst gefährlichen, unbarmherzigen und zugleich verlockend schönen Gletscherwelt des Himalaya genau beobachten? Welches Zusammenspiel aus Routenangebot und darauf reagierender Nachfrage wird deutlich? – Sieht man sich etwa an, wie viele hundert, ja tausend Touristen mittlerweile alljährlich auf die komplett hergerichtete, mit Seilen und Leitern ausgestattete Piste zum Gipfel des Mount Everest stürzen, und überlegt wie viele dieser sportlichen Glücksritter und ehrgeizigen Selbstfindungsathlet_innen in den Achtziger Jahren den Weg zum höchsten Punkt der Erde gefunden hätten, also in einer Zeit, in der geschäftstüchtige Sherpas noch keinen ihrer heutigen touristischen All-Inclusive-Rundum-Aufbau-und-Transportservices anboten, so ergibt sich ein eindeutiges Bild: besseres Angebot schafft größere Nachfrage. – Demgemäß: noch in den Sechziger und Siebziger Jahren kam niemand außer der absoluten Spitze des Extrembergsteigens, also Leute vom Schlage eines Habelers, Bishops und Messners, auf die Idee, die Südroute über den Hillary-Step ernsthaft in Angriff zu nehmen, hätte doch allein die Durchschreitung des Khumbu-Eisbruchs für gewöhnliche Hobbybergsteiger den sicheren Tod bedeutet. Es gab schlicht keine ausgebaute touristische Hilfsinfrastruktur und demgemäß auch keinen Tourismus. – Der sehnsüchtige Tagtraum eines deutschen Urlaubsalpinisten begnügte sich mit dem Bewundern der erfahrenen Helden, die den Strapazen und technischen Herausforderungen in der gewaltigen Höhe gewachsen waren – und beließ es dabei.
III. Ein Szenario in der Gletscherwelt
Stelle man sich nun vor, der Everest würde vollständig auf chinesischem Staatsgebiet liegen und China hätte – wegen einer Übernutzung und Gefährdung des berühmten Berges (vielleicht auch einer Reihe von Unglücksfällen) – einen allgemeinen Aufstiegsstopp angeordnet, so entstünde wohl eine Situation, die uns allen nur allzu bekannt vorkommen dürfte.
In diesem hier einmal angenommenen Szenario der Gletscherwelt verhielte es sich nun allerdings nicht so, dass (nach herkömmlicher „Gletscherwelt-Interpretation“) der vernünftigen und humanen Anordnung Chinas zur Meidung der Route Folge geleistet würde, sondern dass, ganz im Gegenteil, die strikte, staatliche Verfügung wiederum auf die im Grunde unverständlich irrationale Ignoranz westlicher Everest-Eroberungs-Fetischisten stieße. Demgemäß würde das Verbot der chinesischen Behörden – unter dem Beifall aller maßgeblichen westlichen Medien und, bedingt durch die erheblichen Gefahren des Aufstiegs, permanent weiter steigenden Todeszahlen – tagtäglich hintergangen. Getrieben von einer gewissen Mischung aus Rücksichtslosigkeit und egoistischem Eigeninteresse stürmten massenhaft weiter für diese Höhen überhaupt nicht ausgerüstete und befähigte Touristen auf den kreuzgefährlichen Berg, unterstützt von nepalesischen Sherpas, die ihnen – gar ohne Aufwandsentschädigung und finanziell unterstützt von verträumten Everest-Kletterfreunden aus dem chinesischen Inland – beim Aufstieg helfen, die Strecke präparieren, Lager anlegen etc.. Sofern dann also diese seltsam aberwitzigen Menschen ohne notwendige Bekleidung, Schuhwerk, Sauerstoffflaschen, und gänzlich ohne Training und Erfahrung meinen, den höchsten Berg der Erde erklimmen zu müssen, werden sie demnach nicht davon abgehalten und ins Basislager zurückgeschickt, sondern so gut es geht von gut meinenden Helfern bei ihrem lebensgefährdenden Entschluss unterstützt.
Es ist wohl nicht unrealistisch anzunehmen, dass sich in einer solchen Situation, die chinesische Regierung umgehend darum bemühen würde, diesen bedenklichen Umtrieben an ihrer Grenze zunächst in Form einer unverzüglichen Beschwerde bei ihrem nepalesischen Nachbarn Einhalt zu gebieten und hernach, sofern es kein entschlossenes Umdenken der Sherpas gäbe, etwa damit begönne, Gebirgstruppen in das Gebiet zu verlegen, um dem Zustrom der westlichen Freizeitverrückten ein Ende zu bereiten. – Und wie sähe nun wohl daraufhin die Reaktion der Weltgemeinschaft aus? Würden die Vizepräsidentin des EU-Parlaments, der Bundesaußenminister und Bundesinnenminister Deutschlands medial verbreitete Protestnoten verschicken? – Das kann man wohl getrost verneinen. Mit absoluter Sicherheit wäre dem nicht so. – Kein besorgtes SPD-Personal würde sich melden, keine entrüstete Grünen-“Führungsspitze“ und erst recht kein aufgedrehter Ruprecht Polenz. Ganz im Gegenteil: anzunehmen ist vielmehr, dass der keineswegs gut beleumundeten Volksrepublik aufgrund ihrer klaren, verantwortungsbewussten Haltung und angesichts offenkundiger Unvernunft von fremden Touristen, die noch zumal aufgrund leichtsinniger Motive das Territorium der VR verletzen, gewiss aus aller Welt aufrichtig gemeinte ideelle Unterstützung zukäme. – Im Rahmen der altbekann
ten Regeln in der Gletscherwelt fiele niemandem im Traum ein, die offenkundig fehlinformierten, hysterischen Freizeitwanderer, Grenz- und Gesetzesbrecher, noch deren augenscheinlich fehlgeleiteten, nepalesischen Helfershelfer medial zu hofieren und die Unterstützer dieser ja immerhin extrem lebensgefährlichen Praxis noch als Nationalhelden zu feiern. – Es fiele auch gewiss niemandem ein, den chinesischen Staat, der ja in diesem Szenario dafür Sorge tragen würde, die zwar todesmutigen, aber bergsteigerisch völlig ungeeigneten, selbstüberhobenen westlichen Everest-Fetischisten, wieder zurück ins Basislager zu schaffen, einer inhumanen Grenzpraxis zu bezichtigen.
Ich denke, man wäre sich – im Rahmen des alten Bergverstandes – sofort darüber einig, wer der vernünftig Handelnde und wer der unvernünftig Wahnhafte sei, wer unbegreiflich unverantwortlich gegenüber sich und seinen Angehörigen agiert und wer vernünftigerweise dafür sorgt, dass der lebensmüde Irrsinn der bergsteigerisch Minderbegabten, Mindertrainierten und finanziell Minderbemittelten ein Ende findet.
Vielleicht wäre es – so möchte mancher meinen – sogar angemessen, von unreifen Kindern zu sprechen, die zurechtgewiesen werden müssen, weil es ihnen ihre eigene Vernunft nicht eingibt – und verantwortungsvollen Erwachsenen, die dem unnötigen Sterben Einhalt gebieten wollen. Aber was heißt schon Vernunft? – Der Staat träte ja als paternalistischer Akteur auf, der besser um die Interessen und Präferenzen der Menschen und ihre irrationale Risikoabwägung als sie selbst Bescheid wüsste. Eine im Übrigen letztlich proto-linke Haltung.
Ob der Staat hier nun die Seite der Vernunft verträte, also die geistige Fähigkeit des Menschen, Einsichten zu gewinnen, sich ein Urteil zu bilden, Zusammenhänge und Ordnung des Wahrgenommenen zu erkennen und sich in seinem Handeln danach zu richten, hinge nun – das soll an dieser Stelle nun auf keinen Fall unter den Tisch fallen gelassen werden – letztlich von der Situation im Basislager ab. Dabei erscheint es zunächst als ebenfalls nicht rational, dass sich Menschen freiwillig in ein Hochgebirgslager aufmachen, in dem bestialische Zustände herrschen, systematisch gefoltert, vergewaltigt, gemordet und versklavt wird. Ob eine solche Form der „Nutzenunkenntnis“ der Migranten in Libyen vorliegt, die sich auch auf die Situation der Arbeitsmärkte in Zentraleuropa erstrecken mag, bleibt zu untersuchen. Zurzeit ist – nach entsprechenden Berichten – davon auszugehen, dass sich gut 6000 Menschen in den libyschen Internierungslagern befinden. Der andere, übergroße Teil der Migranten versteckt sich demnach vor den libyschen Behörden und ist immerhin nicht von diesem schlimmsten Unheil betroffen. – Die Völkergemeinschaft ist dementsprechend dazu verpflichtet, die Zustände in den Lagern sofort zu beenden. Denn auch hier sollten im nepalesischen Teil des Himalaya dieselben Maßstäbe gelten wie in Libyen, Tunesien oder Ägypten.
Sperrungen von allzu riskanten Routen gibt es jedenfalls im Alpinismus immer wieder – nach Lawinenabgängen, Erdbeben, Schlechtwetterperioden. Ebenso auch deren Durchbrechung durch risikobereite Wanderer. – Aber das Urteil über diese war doch – im Sinne der Einordnung als Vernunft oder eben Unvernunft – bisher stets klar gewesen.
Eine derartige Einschätzung hinsichtlich der Notwendigkeit eines staatlichen Eingriffes zur Unterbindung des illegalen Grenzverkehrs ist im Zusammenhang der lebensgefährlichen Mittelmeerrouten und ihrer Helfershelfer bekanntlich nicht zu hören. Hinsichtlich der Nutzung von kriminellen Schlepperrouten leben viele der Mächtigen und Einflussreichen unseres Kontinents offenkundig in einer völlig anderen Region der Vernunft. In dieser, gewissermaßen ein wenig unheimlich anmutenden, neuen Welt des von afrikanischen Migranten „belagerten“ Mittelmeers werden derartige, in der von westlichen Touristen bestürmten asiatischen Gletscherwelt als unverantwortlich bezeichnete Menschen, keineswegs zur Räson gerufen, nein – sie, die Sherpas oder Migrationshelfer, werden hingegen bekanntlich von maßgeblichen Massenmedien geradezu gefeiert. Inzwischen wird gar überlegt, ob sie nicht als preiswürdig anzusehen seien. – Und diese neuartigen Beurteilungen führen dann bei Menschen, denen der alte Gletscherweltrationalismus noch allzu vertraut und nachvollziehbar erscheint, verständlicherweise zu Unmut, ja gar zu tiefem Erschrecken. – Wie kann es sein, fragen sich dementsprechend Viele, dass das, was in der einen Weltgegend für fatal und verurteilenswert gehalten wird, in einer anderen, von denselben Leuten als nacheiferungswürdig und heldenhaft beurteilt wird? – Nicht wenige noch mit den alten Regeln der Gletscherwelt vertraute können und wollen das verständlicherweise nicht begreifen.
IV. Gletscherwelt vs. Mittelmeerwelt
Warum, fragen man sich weiter, sollen in der neuen Welt des Mittelmeeres plötzlich die exakt spiegelverkehrten Maßstäbe der alten Gletscherwelt gelten? Hilft denn Aspirin nicht überall auf der Welt gegen Kopfschmerzen? Dient Vernunft nicht universellen Einsichten? Und zeichnet sich der Wert des Humanismus nicht gerade durch seine allgemeine Gültigkeit aus? Ist es – sozusagen – nicht ein Gütesiegel dieser beiden Konzepte, Menschen und Situationen eben gerade nicht an unterschiedlichen Maßstäben zu messen?
Keineswegs bloß ausgewiesene Experten des Höhenbergsteigens erleben aus diesem Grund die neuartige und auf nicht wenige im wahrsten Sinne schockierend wirkende Verkehrung alter, ja gewissermaßen klassischer Humanitätsvorstellungen in Inhumanitätszuschreibungen als mindestens irritierend, wenn nicht in Teilen tatsächlich geradezu hysterisch und verrückt, denn eines ist gewiss: wir Deutschen leben – sofern man die Meinung der Leitmedien zu bestimmten Themenkreisen in Bezug zu der Meinung der Bevölkerungsmehrheit bei zentralen, repräsentativen Umfragen setzt – seit vielen Jahren tatsächlich in vollkommen verschiedenen Welten. Und augenscheinlich haben gewisse politische Verantwortungsträger, die alte Gletscherwelt, in der unvernünftige Touristen – sofern sie sich nicht selbst erziehen – erzogen und gesteuert werden müssen, verlassen und wohnen offenkundig mittlerweile in einer Welt, in der nicht die Beförderer eines irrational gefährlichen Grenzübertritts zur Räson gerufen werden müssen, sondern diejenigen, die sie davon abzuhalten trachten, die Grenzschützer und Schlepperbekämpfer. – Diejenigen, die früher als einigermaßen unverantwortliche Lockvögel, als Betreiber von verurteilenswert illegalen, lebensmüden Routen betrachtet worden wären, gelten nun als nachgerade grandiose Menschenfreunde und werden offensichtlich mittlerweile als Vorbilder und moralische Fixsterne verherrlicht. Diejenigen aber, die warnen und die verantwortungslosen Touristen zurück ins Basislager bringen wollen, werden nun ihrerseits zu unzivilisierten, verantwortungslosen und sogar bösartigen Unmenschen stilisiert.
V. Implikationen
Wen mag es angesichts solcher historisch einmaliger Umwertungen und Veränderungen innerhalb der etablierten politischen Klasse wundern, dass sich daher mittlerweile nicht nur in konservativen Kreisen aller möglichen europäischen Republiken, eine große Unruhe regt, eine Unruhe, die in ein derart erhebliches Unwohlsein umzuschlagen droht, dass etwa in manchen Bundesländern der vielerorts so ungeliebten AfD bereits fürstliche Wahlergebnisse prophezeit werden und das sozialdemokratische Urgestein unserer Demokratie telweise bereits in einstellige Bereiche abrutscht, ja perspektivisch sogar um den Einzug in viele Landes
parlamente fürchten muss.
Und nein, der Autor dieser Zeilen, der im Übrigen auch erst seit überschaubarer Zeit und mit großer Verwunderung aus der vertrauten, alten Gletscherwelt hinabgestiegen ist, unterstellt nicht, dass die von ihm erdachten unbelehrbaren Sherpas, Menschen also, die – sicher wegen einem ganzen Bündel aus gesinnungsethischen Überzeugungen – den gewissemaßen blauäugigen Touristen bei ihrem gewissermaßen wahnwitzigen Treiben helfen wollen, Unmenschen sind, Menschenverächter oder gar linke Faschisten. Nein, das denkt er tatsächlich nicht. Aber ebenso wenig kann man sie wohl – zumindest nach dem Verständnis der hochalpin-tauglichen Menschenfreundlichkeit – als Vorbilder oder gar Helden bezeichnen. Jedenfalls nicht, solange das rationale Prinzip der Anreize und der diese steuernden „Push- und Pull-Faktoren“, der Nutzunkenntnis bei unvollständiger Information und Überschätzung des vorgestellten Nutzens ein Begriff sind.
Nach Maßgabe der Gletscherwelt agieren die vorgeblichen Menschenfreunde entgegen aller staatspolitischen Vernunft und die sie unterstützenden Medienvertreter schlicht als unverantwortliche Förderer einer leichtsinnigen und lebensgefährlichen Irrationalität.
So jedenfalls, scheint es mir, muss im Sinne der Vernunft der Gletscherwelt geurteilt werden.
Denn in den fernen Weiten des Himalayas wurde seit jeher die Arbeit der Sherpas nur dann hoch bewertet, wenn sie die streckenweise leichtsinnig und verantwortungslos gegen ihre Gesundheit handelnden Touristen wieder aus den Todesregionen hinabführten, dorthin, von wo sie einst aufgebrochen waren: ins Basislager. Letztlich sollten sie hernach natürlich wieder in ihre Heimat zurückkehren können, zumindest, wenn das bezwungen worden ist, was sie von dort in die unwirtlichen Höhen trieb. Bei den einen mag das zuweilen unersättliche Geltungssucht sein, bei den anderen Hunger, Not und anderes Elend.
Sie aber gemäß ihres Wunsches nicht nur vom Berg hinab, sondern zur Überschreitung des Gipfels zu führen, illegal auf ein neues Staatsgebiet, um dann dort auf Dauer zu leben, ihren Status des Touristen in den des Staatsangehörigen umzuwandeln, das scheint denjenigen, die ein Ende dieser Hochrisiko-Touren wollen, nicht erklärlich. Irrationale Sehnsüchte zu unterstützen und daher immer mehr lebensmüde Touristen in das gefährliche Gebiet des ewigen Eises oder Wirtschaftsmigranten in den Raum des unersättlichen Meeres zu locken – derartiges gehört nach Maßgabe besonnener Vernunft verhindert.
Dass einem gewissen Innenminister Italiens nun eben die hitzige Unvernunft des Mittelmeerzeitalters entgegenschlägt, mag man bedauern, man mag es auch verurteilen – die Mittelmeerhumanisten wird das nicht anfechten.
Doch in den Dörfern des Himalayas hört man nicht auf, davon zu raunen, dass Irrtum, Unkenntnis und Fehlleitung zum Mensch-Sein gehöre und es daher die Aufgabe vernunftgeleiteter Institutionen sein muss, damit einhergehendes schädliches Verhalten zu verhindern und nicht zu befördern.
VI. Die nächsten Wahlen stehen ins Land
Zum Abschluss daher noch eine letzte, weitere These: Dass unser Gemeinwesen auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene zurzeit von Menschen regiert wird, denen im Sinne der apostrophierten „Gletscherwelt“ der Zugang zu derlei rationaler Vernunft abhanden gekommen zu sein scheint, kann eigentlich einen jeden engagierten Staatsbürger nicht in Ruhe lassen. – Hoffen wir, dass wenigstens allmählich mehr und mehr Wählerinnen und Wähler dafür sorgen, diese letztlich genauso gesinnungsethisch und unverantwortlich wie eine gewisse Carola Rackete handelnden Spitzenpolitiker, aus ihren Positionen zu hebeln.
Bisher ist – etwa in der Linkspartei am Beispiel von Sarah Wagenknecht – nur zu beobachten, dass genau die Personen aus der politischen Sphäre verschwinden, die im Sinne des Gletschwelt-Humanismus argumentieren.
Dafür sorgen, dass das anders wird, können aller Erfahrung nach nur wir allein, die Wählerinnen und Wähler. Nur uns obliegt es unmissverständlich deutlich zu machen, dass uns dieses Verschieben der Maßstäbe von Ratio und Vernunft nicht schmeckt. Dass nach unserem sachlichen Dafürhalten, die Gesetze der Gletscherwelt vernünftiger sind als die mutmaßlich hysteriegeleiteten überhitzten Mittelmeerregion. Denn eines ist sicher: so wie bei der Herbeiführung einer tatsächlich CO2-Ausstoß-minimierenden Energiepolitik können wir die Mehrheiten in diesem Land nur durch zähes Abstimmen mit den Füßen und nur in Eigenregie herbeiführen. Mit der Hilfe maßgeblicher Medien, noch einer genügend vehementen Zivilgesellschaft ist nicht zu rechnen.
Aber es steht auch fest: Die in Teilen nach Gletschersicht wahnhaft, nach Maßgabe der Mittelmeerwelt humanistisch Agierenden, Regierenden werden nicht von allein zur Menschenleben rettenden, rationalen Vernunft des Gebirges zurückkehren.