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Hat Kemmerich das Klima gerettet? – Eine Polemik.

7. Februar 2020
in 3 min lesen

Deutschland hat die sich selbst gestellte Aufgabe, die Menschheit vor dem Hitzetod zu retten, aufgegeben. Seit zwei Tagen keine Schlagzeilen mehr dazu. In Deutschland muss erst einmal die Demokratie gerettet werden. Was ist passiert?

Ein aufmüpfiges Bergvölkchen in der Mitte Deutschlands hat vor drei Monaten falsch gewählt. Eindeutige Mehrheiten im Landesparlament gibt es nicht mehr. Der amtierende Ministerpräsident stellt sich – ohne akute Not – der Neuwahl. Was hat er erwartet? Hatte Bodo Ramelow in präsidialer Überheblichkeit gedacht, ihm kann keiner was anhaben? Hat er sich schon als Bodo der Erste gefühlt? Landesvater aller Untertanen. Zwar hat er keine Mehrheit mehr, aber offensichtlich darf er nochmal, weil 60 Prozent der Thüringer ihn gut finden. Schon mal etwas von parlamentarischer Demokratie gehört? Wollen wir sie abschaffen und den Landesfürsten direkt wählen?

Auch die sogenannten Parteien der Mitte wollten ihre Spielchen spielen. Der Plan war, dem Bürger vorzugaukeln, er hätte eine tatsächliche Wahl und dabei vorzugeben, dass man das Linksbündnis empört zurückweisen würde. Am Ende wird der neue auch der alte Ministerpräsident sein. Wir haben aber mal so getan als ob wir wirklich entscheiden durften.

Nur hatte niemand damit gerechnet, dass es jemanden geben könnte, der noch pfiffiger ist. Schlau wie die Füchse hat die AfD die Demokratiedarsteller mit dem Nasenring durch die Manege gezogen. Egal wie die Hauptstrompresse den Vorgang einordnet, es war eine demokratische Wahl. Schon mal Artikel 38 Absatz 1 des Grundgesetzes gelesen? Die Abgeordneten sind in ihrer Entscheidung frei, die Wahl war geheim, Ramelow hat verloren, Kemmerich gewonnen und die Wahl angenommen. Punkt. Das war demokratisch. Nirgends steht geschrieben, dass eine Partei einen Kandidaten, den sie aufstellt, auch wählen muss. Das angeblich undemokratische daran wird nun mit lautem Geschrei herbeifantasiert, wobei man womöglich nur sauer ist, nicht selbst auf die Idee gekommen zu sein.

SPD und Grüne haben sich in unbedingten Gehorsam an die Linke gekettet, haben sie doch in ihrer Machtarroganz schon vorher die Pfründe verteilt und die Dreistigkeit besessen, einen Koalitionsvertrag auszuhandeln. Dass es dann Schockstarre und Tränen gab, nachdem die Welt nicht so funktioniert hat, wie sie soll, kann man menschlich sogar verstehen – aber keine Angst, Genossen, am Ende wird noch alles gut.

Vorher aber: was wäre denn so unmöglich gewesen, wenn Grüne, SPD, CDU und FDP eine Minderheitsregierung versucht hätten? Muss man sich bei Gesetzesvorlagen halt ein wenig mehr Mühe geben. Und ist ein Gesetz schlecht, wenn es mit Stimmen von der Linken oder der AfD am Ende durchkommt? Wird es zurückgezogen, wenn drei Stimmen von der AfD waren? Was für ein unwürdiger Politzirkus.

„Aber mit den Rechten macht man keine Politik“, jammern die Linken – immer mit dem Hinweis auf die Geschichte. Weiter wird fabuliert, man könne doch den linken Rand nicht mit dem rechten Rand gleichsetzen. Links ist doch nicht so schlimm wie rechts. Haben die Linken eigentlich mehr als nur den Klappentext ihrer Geschichtsbücher gelesen? Siebzig Jahre Kommunismusversuche mit etwa 100 Millionen Opfern als Kollateralschaden – Menschen, die die Heilslehre der Roten nicht verstanden hatten.

Heute sind sie natürlich geläutert und richtige Demokraten. Neuer Versuch? Klar, die Menschen lernen nichts, zum Beispiel, dass Sozialisten noch jeden Staat ruiniert haben.

Nun folgt mediale Empörungsinszenierung, linke Anhänger spielen Mob. Bedrohungen, Autos brennen, so kennt man sie, die Linksdemokraten.

Ist das Aufheulen von Linksgrün noch verständlich, den eigentlichen Offenbarungseid, wie es um die Demokratie in Deutschland steht, leisten CDU und FDP. Das Ergebnis gehört rückabgewickelt, so jedenfalls die oberste Hüterin der Demokratie und ihre Wadenbeißer eilen los, die außer Rand und Band geratenen Parteibrüder in der Provinz wieder auf Linie zu bringen.

Es ist gelungen, Kemmerich will den Weg zu Neuwahlen frei machen. Das Wort Neuwahlen war kaum in der Welt, als sich die Helden der Demokratie lieber auf die Zunge gebissen hätten. So schlau waren sie noch gerade selbst, dass sie erkannt haben, dass ein wahrscheinliches Ergebnis einer Neuwahl ihr eigener politischer Tod wäre. FDP raus, Grüne wahrscheinlich auch, SPD noch marginalisierter, CDU um die 15 Prozent und AfD und Linke jeweils um 5 Prozent mehr. Das geht natürlich gar nicht. Zum Wohle des Volkes und weil sie uns doch alle lieben, werden sie sich als Parlamentarier der Kärrneraufgabe stellen und völlig uneigennützig, das Beste aus den Gegebenheiten machen.

Was sollten sie auch tun? Noch ein drittes Mal wählen lassen oder Thüringen aus dem Verband der demokratischen Bundesländer ausschließen und eine Mauer darum ziehen?

Sie werden am Ende Ramelow wählen und fünf Jahre in der Hoffnung Demokratie simulieren, dass das Gedächtnis der Menschen ein schlechtes ist.

Seht Genossen, es ist gerade noch mal gut gegangen. Also bitte weiter gehen, hier gibt’s nichts zu sehen, wir müssen jetzt wieder das Klima retten.

Udo Holm

Glücklicher Privatier und Hobbyschreiber mit grimmigem Humor und zunehmender Altersmilde. Geboren im grünen Herzen Deutschlands als Grün noch die Farbe der Blätter und nicht die Beschreibung eines Geisteszustandes war. Als guter Beobachter erkennt er seine Schweine am Gang und lässt sich nichts mehr vom Pferd erzählen. Lebt in Berlin und schreibt im "Spiegelsaal".

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