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Wortreich

1. August 2020
in 3 min lesen

In Bad Hersfeld im Nordosten Hessens ist man zwei Konrads, die dort mal ansässig waren, zu Dank verpflichtet, haben sie doch dieser Stadt zu einer gewissen Berühmtheit verholfen. Beiden Konrads kommt man in einer Ausstellung mit dem treffenden Namen „wortreich“ auf die Spur. Dabei handelt es sich um eine bundesweit einzigartige Wissens- und Erlebniswelt mit über 90 Mitmach-Exponaten aus der Welt der Sprache und Kommunikation. Durch ein großes Buch betritt man die Ausstellung und wieder ist es ein Konrad, dessen spannendes Leben, vom Enkel erzählt, uns durch 11 Kapitel begleitet.

Mit Opa Konrad schlendern wir von Kapitel zu Kapitel, denn man muss sich Zeitlassen, um alles zu sehen, zu hören und zu erfassen, was dem Besucher hier geboten wird. Schon bald begegnet man dem ersten berühmten Konrad der Stadt, Konrad Duden, denn es geht um die deutsche Sprache. Von 1876 bis 1905 war er Direktor des Königlichen Gymnasiums zu Hersfeld und veröffentlichte 1880 sein wichtigstes Werk. Wer kennt es nicht ─ den Duden. Damals hieß es allerdings Vollständiges Orthographisches Wörterbuch der deutschen Sprache.

Die deutsche Sprache verändert sich ständig. Regelmäßig wird das Gebrauchswörterbuch einer Bestandsaufnahme unterzogen. Wörter sterben aus wie z.B. „Quarre“ für Schreihals und wer weiß heutzutage noch was eine „Amisette“ oder ein „Pomadenhengst“ ist?

Hier ein Zitat des Mannes, der der deutschen Sprache einst auf die Sprünge geholfen hat: „Auf dem Gebiete der Rechtschreibung herrscht augenblicklich ein unerquicklicher namentlich für die zum Lehren berufenen unbefriedigender Übergangszustand.“ Oh, Konrad, sei froh, dass du nicht mehr erlebst, was man unserer schönen Sprache*Innen heutzutage alles antut!

Die Sprache, Segen und Gefahr zugleich, um sich zu verständigen oder sich miss zu verstehen, wird in weiteren Kapiteln des „Wortreich- Buches“ von allen Seiten beleuchtet. Wussten Sie, dass in der EU 23 verschiedene Sprachen gesprochen werden? Wenn es mit der Sprache hapert, dass weiß jeder, der mal in einem Land unterwegs war, dessen Sprache er nicht beherrscht, versucht man sich mit Gesten zu verständigen. Doch Achtung! Es gibt eine Gestengrenze und je nach dem, ob man sich nördlich oder südlich dieser Grenze befindet, wird das Nicken mit dem Kopf nicht als Zustimmung gedeutet, sondern komplett anders verstanden.

Mit Opa Konrad, er war wohl das, was man zu dessen Lebzeiten einen „Hans Dampf in allen Gassen“ nannte, reist man weiter durch die Ausstellung, kommt ins Ausland und erfährt einiges über die etwa 6500 Sprachen weltweit. Zu den verschiedenen Sprachen gesellen sich noch etliche Dialekte und auch das Schweigen kann sehr beredt sein. Man erfährt einiges über die Menschen, die sogenannten Schriftsteller, die ganze Bücher schreiben, vom Krimi bis zur Lyrik. Natürlich dürfen hier in Hessen, der Heimat der Gebrüder Grimm, auch die Märchen nicht zu kurz kommen. Doch außer durch Worte, kann man sich mit Gebärden unterhalten, wobei die Mimik von großer Bedeutung ist. Das könnte man hier alles selbst ausprobieren, wäre da nicht die Maskenpflicht. Ist Kommunikation möglich ohne Gesicht zu zeigen? Diesem Umstand hat man sich in der Ausstellung gewidmet.

Nachdem Opa Konrad uns ganz genau erklärt hat, wie das mit der Kommunikation funktioniert, und wir sogar etwas über das Winkeralphabet erfahren haben, taucht nun die Frage der Vernetzung auf. Es wird der Weg beschrieben, auf dem es der Menschheit gelungen ist, mit der ganzen Welt zu kommunizieren, eventuell sogar mit einem verschlüsselten Code, um geheime Informationen weiterzuleiten. Von der Rohrpost, über Radio, Telefon und dem Fernsehen erhält der aufmerksame Besucher einen Rückblick und auch eine Ahnung, vom dem, was uns in der Welt der Kommunikation noch bevorstehen könnte. 1952 war das Geburtsjahr des Fernsehens. Viel hat sich seitdem verändert, aber, so liest man in der Ausstellung: „Nachrichten haben aber nach wie vor das Ziel, den Zuschauer möglichst objektiv und sachlich über wichtige aktuelle Ereignisse zu unterrichten.“ Aha!?

Und in Kapitel 9 des Wortreich-Buches steht er dann, der Z11, entwickelt von dem zweiten wichtigen Konrad Bad Hersfelds, Konrad Zuse. (Die Krautzone berichtete in Heft 13 über diesen genialen deutschen Erfinder.) Der Z11 ist eine Weiterentwicklung des ersten funktionsfähigen Computers der Welt, des Z3. Die Zuse KG begann 1956 mit der Serienfertigung des Computers und verlegte 1957 ihren Firmensitz nach, man höre und staune, Bad Hersfeld.

Das letzte Kapitel der Ausstellung ist der Kommunikation in der Tierwelt gewidmet. Was gibt es da nicht alles zu entdecken, vom Schwänzeltanz der Bienen bis zum Ruf des Ochsenfroschs. Hier wird manch müder junger Besucher, nach der zwei- bis dreistündigen Reise mit Opa Konrad durch das „Wortreich“, in der Besucher von jung bis alt auf ihre Kosten kommen, wieder munter.

Bad Hersfeld ist jedoch nicht nur durch seine Konrads bekannt geworden. Die Bad Hersfelder Festspiele locken seit Anfang der 50er Jahre mit aufsehenerregenden Aufführungen, von Schauspiel bis Musiktheater, ein breites Publikum in die Stadt an der Fulda.

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