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Wilhelm Friedrich Franz Joseph Christian Olaf Prinz von Preußen, rechts im Bild, mit Großvater und Vater. CC-BY-SA 3.0, unbekannt

Abschied von der rechtmäßigen Herrschaft

2. Februar 2021
in 3 min lesen

von Johannes Endres

Was war die größte „Demonstration“ im Dritten Reich? Viele Historiker sagen, die sogenannten Rosenstraße-Proteste mit dauerhaft mehreren hundert Teilnehmern, die sich gegen die Verhaftung jüdischer Ehepartner stellten. Andere verweisen auf den „Mössinger Generalstreik“, als Arbeiter versuchten, mit einem Streik die Machtübernahme Hitlers bereits am ersten Tag zu verhindern.

Ein Sachverhalt geht aber häufig unter, zumal er nicht im klassischen Sinne als „Demonstration“ oder „Widerstand“ gewertet wird: Die Trauerfeier für den gefallenen Kronprinzen im Zweiten Weltkrieg. Wilhelm Friedrich Franz Joseph Christian Olaf Prinz von Preußen, der Enkel von Wilhelm II. war am 23. Mai 1940 an der Westfront schwer verwundet worden und verstarb drei Tage später im Lazarett.

In stiller Anteilnahme

Zwar war die Monarchie in Deutschland noch immer halbwegs präsent, Kaiser Wilhelm lebte noch im Doorner Exil – übrigens unter Bewachung der Nationalsozialisten – aber mit den Geschehnissen bei der Beerdigung seines Enkels hatten weder die Hohenzollern noch die NS-Führung gerechnet.

Am 29. Mai trafen in Potsdam 50.000 (!) Trauergäste aus Berlin und ganz Deutschland ein, die stille Anteilnahme und, so Zeitzeugen und Historiker, Missbilligung des Krieges und der NSDAP zeigten. Sie bildeten ein „schweigendes Spalier“ zwischen dem Ort der Trauerfeier, der Potsdamer Friedenskirche, und dem Antikentempel im Westen des Parks Sanssouci, in dem Prinz Wilhelm beerdigt werden sollte.

Dazwischen liegen ungefähr zwei Kilometer Fußweg, der von schweigenden Trauergästen gesäumt wurde. Zum Vergleich: In die Commerzbank-Arena in Frankfurt passen 50.000 Menschen, P.E.G.I.D.A. schaffte es auf ihrem Zenit, 25.000 Menschen zu mobilisieren. Der jüngere Bruder Wilhelms, Louis Ferdinand, später Chef des Hauses Hohenzollern, sprach davon, dass diese stille Anteilnahme Hitler „wie ein Schreck in die Glieder“ gefahren war.

Der Adel war für Hitler eine Gefahr

Bereits vorher hatte sich Hitler an der „Rolle“ der Hohenzollern gestört, obwohl niemand auch nur ansatzweise Herrschaftsansprüche oder politische Missbilligung zeigte. Warum? Politikwissenschaftler Eberhardt Schmidt zitiert in seinem Buch „Kurt von Plettenberg: Im Kreis der Verschwörer um Stauffenberg“ den Tagebucheintrag von Alfred Jodl, dem Chef des Wehrmachtsführungsstabes.

Am 9. März 1940, also gut zwei Monate vor dem Tod des Kronprinzen, schreibt Jodl:

„Große Empörung des Führers, als er hört, dass Prinz Oskar ein Regiment (A. d. Red.: ungefähr 3.000 Mann) führt. Schmundt wollte gerade vortragen, daß er eine Division (A. d. Red.: ungefähr 20.000 Mann) bekommen soll, was er noch unterdrücken konnte. Hitler war so wütend, daß er nicht zu Tisch erschien.

Seine Entrüstung war verständlich, wenn man seine Mentalität bedenkt: Nachdem er alle Organisationen zerschlagen hat, die irgendwie machtmäßig in Erscheinung treten konnten waren es seiner Ansicht nach höchstens noch die Hohenzollernprinzen, die, gestützt auf ihre Tradition, ihm gefährlich werden konnten, falls der Krieg eine ungünstige Wendung nähme.

Wie konnte man solchen Menschen militärische Macht, ein Regiment, eine Division anvertrauen!“

Hitler wird gespürt haben, dass die Deutschen eigentlich ein monarchistisches Volk sind, und wie schnell sich das politische Blatt wenden kann, ist jedem Politiker bewusst. Er musste also schleunigst Präventivmaßnahmen ergreifen, um die Sympathien der Bevölkerung für die Kaiserfamilie, sei es selbst durch deren Tod, einzudämmen.

Konsequenz: Der Prinzenerlass

Nach der spontanen Beileidsbekundung an der Beerdigung verfasste Hitler den sogenannten „Prinzenerlass“ oder „Prinzenparagraphen“. Allen Mitgliedern des Hauses Hohenzollern wird der Fronteinsatz untersagt, drei Jahre später jeglicher Dienst in der Wehrmacht. Offiziell begründete Hitler den Erlass damit, dass man „auf den Heldenmut fürstlicher Vaterlandsverteidiger verzichten könne“. Inoffiziell war klar, dass weitere Heldentode des Königshauses die Bevölkerung gegen ihn aufbringen könnten.

Das Verhältnis zur deutschen Monarchie ist wie eigentlich alle traditionellen deutschen Elemente in hohem Maße von der Haltung zum Nationalsozialismus geprägt. Hitler vereinnahmte das Erbe Friedrich des Großen für seine Politik, warb mit Kronprinz Wilhelm, dem Vater des Verstorbenen, für die NSDAP, der sich wiederum vereinnahmen ließ.

Alte Wahrheiten

Auf der anderen Seite stand der Exilant Wilhelm II., der Adolf Hitler verachtete, auch wenn er dies nur im Privaten kundtat, oder sein Enkel Louis Ferdinand, der seit den 30er Jahren Kontakt zum Kreis der Juli-Verschwörer um Oberst Stauffenberg hatte. Zwar sollte im Falle einer Beseitigung Hitlers ein Schattenkabinett an dessen Stelle treten, eine Rückkehr zur Monarchie schlossen die Beteiligten allerdings nicht aus.

Wie auch immer man zur Rolle der Kaiserfamilie in der NS-Zeit steht; bezeichnend für ein Land wie unseres ist es, dass unsere „vorbelastete“ Geschichte auch heute verzerrt ist. Wer hat von der schier unvorstellbar großen Trauerfeier zu Ehren des verstorbenen Prinzen jemals gehört? Wo andere Völker stolz auf ihre Adligen verweisen, versinkt unsere monarchische Geschichte in Unkenntnis und Unkenntlichkeit.

Es sind nicht einmal Augenzeugenberichte, geschweige denn Film- oder Kameraaufnahmen des „stillen Spaliers“ zu finden, eines Ereignisses, das zum letzten Mal in der deutschen Geschichte stattfand: Eine enge Solidarität zwischen Volk und Krone, zwischen traditioneller Führung und Untertanen, legitimiert durch den Lauf der Geschichte. Wie viele Trauergäste werden wohl zur Beerdigung Schröders oder Merkels kommen? Die Antwort darauf gibt wiederum Hinweise auf die Frage nach rechtmäßiger Herrschaft.

Gastautor

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