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Corona-Tagebuch Teil 2

27. April 2021
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Wenn man sich stundenlang mit doppelter Buchführung und anderen Zwangshobbies beschäftigt, und als Belohnung dann noch Steuern zahlen darf, steigt die Wut auf den Staat an. Umso bemerkenswerter, dass es zurzeit einen Bereich gibt, in dem Gewerbetreibende bevorzugt werden: Beim Besuch des Baumarktes.

Aus unerfindlichen Gründen haben es die Baumärkte nämlich geschafft, dass Gewerbetreibende (offensichtlich weniger infektiös) sehr wohl in den Laden dürfen, während der normale Bürger (offensichtlich infektiöser) zwischen obskuren Sachen wie „Click and Collect“, Terminvereinbarung oder sonstigem Irrsinn auswählen darf.

Zumal „Gewerbetreibende“ – offensichtlich geht es ja im Handwerker – eigentlich niemals in einen überteuerten Baumarkt gehen, sondern ihre Waren meistens beim Großhändler bestellen. Der herkömmliche Baumarkt ist eine Falle für Hobbyhandwerker, die zu viel Geld haben. Und die dürfen momentan nicht rein. Oder nur manchmal. Oder fast nicht.

Besonders provokant ist die Erlaubnis für den „Pöbel“ in den „Stadtgarten“ eintreten zu dürfen, der direkt an „richtigen“ Baumarkt grenzt, aber durch Absperrband vom wahren Paradies abgetrennt ist.

Dutzende von bauaffinen Männern dürfen also von Seiten der Regierung – des lieben Haussegens Willen – literweise Blumenerde kaufen. Vielleicht auch eine Holzverkleidung für den Minibalkon oder einen Blumentopf für die jährlichen Tomaten. Sehnsüchtig blicken die Herren auf die in der Ferne schillernden Abteilungen mit Stahl, Holz, Eisenware, Baumaschinen, Schrauben, Nägeln und verzinkte Winkel mit 8 Mal 8 Zentimeter – für den Deutschen unüberwindbar hinter einem dünnen Plastik-Absperrband und einem 1,60 großen Giftzwerg, die niemanden passieren lässt.

Die Giftzwergin schaut missmutig. Vermutlich muss sie mal wieder arbeiten. Kurzarbeit mit Dauerferien kommt bei vielen Leuten relativ gut an.

Die 8×8 Zentimeter Winkel sind übrigens der Grund, warum ich fast mutterseelenalleine als Premiummensch erster Klasse durch die Gänge des Baumarktes schlendere. Natürlich erst nachdem zwei (!) Personen, mit roter Baumarkt-Weste meinen Gewerbeschein kontrolliert haben und meinen Personalausweis abgeglichen haben.

Nach einem skeptischen Blick, der wirkt, als wären die Praktikanten vom Zoll am Werk, lassen Sie mich endlich herein, damit ich ihr Gehalt finanzieren kann.

Dabei wette ich, dass keiner der überwiegend extrem unfreundlichen Angestellten, sich darüber im Klaren ist, dass „ihre“ Kunden – seien es „Click and Collect“-Rentner oder „Gewerbetreibende“ wie ich, die für ihre Arbeit extrem dringend 8×8 Winkel brauchen (räusper) eigentlich ihre Verbündeten sind.

Stattdessen wirken die meisten Angestellten so, als seien die Kunden der Feind, die man in einer Zeit der Gefahr und des Niedergangs, auf Anweisung der dunklen Regierung, trotzdem zu bedienen hat. Verkehrte Welt.

Ich schlendere also durch die Gänge – mich wie ein kleines Kind darüber freuend, dass es sich auch mal lohnt, Gewerbetreibender zu sein, und stolpere über schlangenweise Einkaufswagen. Diese großen Schwerlastdinger, die sich der ambitionierte Baumarktmann am liebsten holt, um dann anschließend doch nur mit zwei Schraubenpäckchen und eingezogenem Kopf zur Kasse geht.

Oder: Man verzichtet auf die Schwerlasteinkaufswagen und merkt dann im Laden, dass die drei Meter langen und 15 kg schweren Holzbalken eigentlich doch gekauft werden müssen und versucht möglichst seriös die Holzbalken auf den Schultern zu balancieren ohne peinlich aufzufallen.

Diese Schwerlastgefährte stehen auf Reihe geschaltet in den Gängen. An jedem hängt eine große Nummer mit dazugehörigem Lieferschein. Darauf liegen dann Produkte – manchmal auch nur besagte zwei Päckchen Schrauben. Der gesamte Baumarkt ist durchzogen mit diesen Wagenketten, die offensichtlich die Bestellungen der Online-Kunden beinhalten, die dann via „Click and Collect“ ihre Schrauben mit dem geleasten 5er-BMW abholen kommen.

Vielleicht ist auch das der Grund, warum die Baumarktmitarbeiter schlecht gelaunt sind? Ein kundenorientierter (manchmal!) Job, der einen gewissen Reiz samt Abwechslung beinhaltet, wurde per Handstreich vernichtet und innerhalb weniger Minuten Regierungskonferenz zu einer Amazon-Lagertätigkeit transformiert. Jetzt laden, teils Leute kurz vor der Rente, Schrauben-Bestellungen auf Schwerlasteinkaufswagen. Die meisten Mitarbeiter allerdings sind zu Hause – oder stehen in der Gegend herum.

Beim Verlassen des Geschäftes (wo ist die letzte Stunde hin?) sehe ich eine Gruppe Rentner: „Entschuldigen Sie, wie komme ich denn in den Baumarkt“. Der „Türsteher“ des Baumarktes wortwörtlich in scharfem Ton: „Gar nicht!“. Die Rentner verstehen die Welt nicht mehr, gehen langsam weg: „Unfassbar. Was soll sowas? So weit sind wir schon gekommen.“ Leider bin ich nicht schlagfertig genug – die Antworten fallen mir dann immer im Auto ein – und rufe nicht: „Gerne noch 20 Jahre CDU wählen“ hinterher. Aber nächstes Mal vielleicht.

Der gestresste „Türsteher“ schickt vermutlich den 700. Besucher weg. Dabei könnte er einfach mit Kurzarbeit auf dem Sofa liegen und Netflix gucken. Die Besucher wissen allerdings wirklich nicht, ob sie reindürfen oder nicht. Notbremse, Wellenbrecher, hin- und her: Es blickt niemand mehr durch, und das hat auch nichts mit dem „Föderalismus“ zu tun.

Die Leute haben keine Lust mehr, sich mit Regierungsmaßnahmen zu befassen, auch wenn sie sich leider daran halten. Aber was sollen sie auch groß machen? In den Baumarkt einbrechen und die Verkäufer zwingen, ihnen Produkte zu verkaufen? Ein Scheißtag für alle Beteiligten – ausgelöst durch eine wahnwitzige Corona-Politik.

Die Gesetze des Marktes wurden quasi außer Kraft gesetzt. Produzenten und Verkäufer gegen Kunden und Verbraucher aufgehetzt. Damit könnte sich ein wirklich historischer Schritt anbahnen, den so noch niemand dargestellt hat. Historiker Jang hat in einer vergangenen Krautzone über den britischen Unternehmer Richard Cobden geschrieben, ein Kämpfer für den Freihandel und gegen staatliche Regularien.

Damals waren die Fronten anders als heute: Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Prekariat standen auf der gleichen Seite gegen den Staat. Heute unvorstellbar, denn die sozialistische Transformation im Laufe des 19. Jahrhunderts wandelte das Bild: Der Staat warb mit Versprechungen die Arbeitnehmer und Armen ab – und verbündete sich mit ihnen gegen die Arbeitgeber.

Normalerweise war der Kunde immer aus dieser Gleichung ausgenommen – vielleicht bis ins Jahr 2021. Denn jetzt wird ein Spalt zwischen die letzte natürliche Allianz – Käufer und Verkäufer getrieben. In Zeiten der expansiven Geldpolitik in Kombination mit sozialen Hochleistungen ist man weder auf Kunden, noch auf einen Arbeitsplatz angewiesen. Der Staat steht als krimineller Mittler zwischen den beiden symbiotischen Gruppen – es bleibt abzuwarten, für wessen Interessen er sich wirklich einsetzt.

Was aber viel wichtiger ist: Ich habe meine 8×8 verzinkten Winkel und fahre zufrieden nach Hause. Wofür ich diese wunderstabilen Metalldinger brauche, erfahren Sie dann im nächsten Teil.

Florian Müller

Der Sklaventreiber-Chef hat diverse Geschwätzwissenschaften studiert und nach eigenen Angaben sogar abgeschlossen. Als geborener Eifeler und gelernter „Jungliberaler“ freundete er sich schnell mit konservativen Werten an – konnte aber mit Christentum und Merkel wenig anfangen. Nach ersten peinlichen Ergüssen entdeckte er das therapeutische Schreiben in der linksradikalen Studentenstadt Marburg, wurde Autor für die „Blaue Narzisse“ und „eigentümlich frei“. Ende 2017 gründete er mit Hannes die Krautzone.

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