Seit Monaten ist der Aufzug defekt. Ein laminiertes Schild macht auf diese Unzulänglichkeit aufmerksam, was bedeutet: Irgendeine mindestens mittlere Verwaltungsebene ist auf das Problem aufmerksam geworden, ein gesichtsloser Schreibtischtäter hat ein koloriertes Stück Papier ausgedruckt, einlaminiert und an die verschlossene Aufzugstür gehängt. Das war’s.
Ein anderes Beispiel: Knarzige Durchsagen hallen regelmäßig durch den Bahnhof und warnen vor Taschendieben, und nicht nur das: Die obligatorischen Hinweisschilder sind auch hier zu finden. Sie hängen hinter dicken Glasscheiben und sind bebildert mit kleinen, bunten, bewusst infantil gehaltenen Monstern – Taschendieben –, vor denen sich der arglos Reisende doch bitte in Acht nehmen solle.
Wieder ein Bahnhof, diesmal am sprichwörtlichen Arsch der Welt. Das Eintreffen des Zuges wird von der durchlaufenden Anzeige alle fünf Minuten um fünf Minuten verschoben. Das verwüstete und besprühte Bahnhofsgebäude ist verbarrikadiert, einen Kiosk gibt es hier schon lange nicht mehr. Im Glaskasten hängt eine Regenbogenfahne, oder besser: ein DIN-A4-Blatt, auf das die Fahne aufgedruckt ist. Was für eine geisteskranke Verschwendung von Toner und was für ein Hohn für die Reisenden, die hier auf den verspäteten Zug warten.
In der späten Bundesrepublik wird kein Problem mehr behoben, sondern nur noch verwaltet. Woran mag das liegen: Kein Geld? Keine Leute? Schwachsinn. Die Deutschen, so ehrlich muss man mit unserem Volk sein, sind hervorragend darin, Ausreden zu finden. Der Aufzug wird nicht repariert, weil es der Gebäudeverwaltung schlichtweg egal ist. Die Zigeunerbanden durchstreifen ungestört den Bahnhof, weil es der Bahnverwaltung egal ist. Der ist überhaupt alles egal. Meine liebste Verschwörungstheorie lautet ja, dass in einem geheimen Zusatzprotokoll des Zwei-plus-Vier-Vertrags geregelt wurde, dass die Aufgabe der Bahn nicht in der Beförderung der Fahrgäste und Güter, sondern in der Demütigung der Deutschen liegt.
Gleichgültigkeit ist das bestimmende Merkmal eines degenerierenden Managerstaates. Die Dysfunktionalität der späten Bundesrepublik ist derart mit Händen zu greifen, dass selbst linke Normies nun regelmäßig über die verspäteten Züge oder die lahmarschigen Behörden klagen – das sind alles keine neuen Probleme, komischerweise scheint die verwaltungstechnische Kapitulation erst jetzt vom Kollektivhirn verarbeitet zu werden.
Jedenfalls beobachte ich mit großem Interesse und – vor allem da ich selbst oft genug davon betroffen bin – mit noch größerem Ärger die allgegenwärtige Verwrackung Deutschlands. So oder so ähnlich muss es Ende der 80er in der DDR oder der Sowjetunion gewesen sein. Zementierte Gewissheiten bröckeln, man kann sich auf nichts mehr verlassen, und kein Mensch arbeitet mehr richtig. Es werden aber nun auch endlich grundsätzliche Verschiebungen möglich.
Wir alle spüren, dass eine Veränderung in der Luft liegt, die weit über ein paar Prozentpunkte mehr für eine rechte Oppositionspartei hinausgeht. Oder besser: hinausgehen könnte. Denn tatsächlich verbraucht sich ein Großteil der dissidenten Energie in der Unterstützung einer Partei, die bei traumhaften, noch vor wenigen Jahren unvorstellbaren Möglichkeiten zur Selbstdarstellung heillos versagt. Natürlich, nach einer Woche redet kein Mensch mehr über das Gespräch zwischen Weidel und Musk, nun richten sich alle Augen auf den anstehenden Amerika-Besuch Chrupallas. Ein, zwei Wochen später werden wir uns wieder einem neuen Thema zuwenden: etwa den bodenlos schlechten Wahlplakaten dieser Partei. Dennoch: Die Alternative wird bei den anstehenden Neuwahlen abräumen. Ich halte es mittlerweile für nicht mehr ausgeschlossen, dass spätestens bei der darauffolgenden Bundestagswahl kein Weg mehr an ihr vorbeiführen wird. Und im Grunde wissen das die linken Parteien auch.
Aber weiß die AfD das? Wissen deren Funktionäre und Spitzenkandidaten, dass Millionen von Deutschen die kleinen Veränderungen in ihrer unmittelbaren Umgebung sehr genau wahrnehmen? Hat die Partei die richtigen Leute, die dafür sorgen, dass die Millionen von „Defekt“-Schildern, Regenbogenfahnen, Phantombaustellen und Verspätungsanzeigen großflächig abgeräumt werden? Daran wird sie nämlich gemessen werden. Und daran wird sich auch zeigen, ob Deutschland den Bogen schlagen kann: vom schlechten Witz, das es gerade ist, zurück zu einem funktionierenden Land.
Kann mir jemand erklären was uns die blaue Alternative mit ihren aktuellen Wahlplakaten sagen will? Will sie zeigen daß sie vom Personenkult der C-Partei um ihre 16 Jahre lang Kanzlernde gelernt hat und diese kopieren will?
Oder mit Spaßgesellschaftsplakaten der FreivonDemokratenPartei nacheifern mag? Mit Bildern nicht gerade wirtschaftsstark aussehenden Leuten diese ähnlich verraten will wie die zuvor gewählten Spezialdemokraten?
Kein Wort über die nach wie vor nicht aufgearbeitete Gesundheitsdiktatur, den nach wie vor voranschreitende Bargeldabschaffung (die letztlich nur Vorhut von weiterer Ausplünderung und Totalüberwachung bildet), auch das Migrationsthema ist nur sehr zurückhaltend plakatiert, und auch sonst weckt die aktuelle Plakatkampagne alles andere als Begeisterung sondern eher Kopfschütteln warum man sich hier ähnlich nichtssagend gibt wie die schwarzgelbe Konkurrenz.
Einzig die Spezialdemokraten legen vor, bei derart dreist verhöhnenden Aussagen vor dazu feist lächelnden Fratzen ist emotionale Erregung durchgehend geboten.
Sehenswert ist allerdings hoch im Norden der Besuch des als solchen beworbenen Schleswiger „Eventbahnhofs“: Feinste Bronxatmosphäre vor verbretterten Fenster in einem verwahrlosten einstigen Backsteinprachstück zeigen in der Habeckheimat plakativ was blüht wenn rotzGrüne Gesinnung regiert. Falls man überhaupt dorthin kommt, denn der Weg wird durch dysfunktionale Solarfähren, kaputte Klappbrücken und einem drohenden Stranden im migrationsvordergründigmalerischen Bahnbermudadreieck von Neumünster allein schon zu einem spannenden Aufbruch ins Ungewisse.