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Der Fall Chrupalla

14. Oktober 2023
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Am 4. Oktober, vier Tage vor der Landtagswahl in Bayern, sollte AfD-Chef Tino Chrupalla auf einer Wahlkampfveranstaltung in Ingolstadt sprechen. Dazu kam es jedoch nicht: Der Bundessprecher klagte über Unwohlsein, Schwindel und Übelkeit, bevor er reden konnte, schließlich musste er ins Krankenhaus und wurde über Nacht dort behandelt. Es wurde über einen Einstich berichtet, eine Nadel sei im Spiel gewesen. Doch keiner wusste im ersten Moment, nicht mal in den ersten Tagen, was überhaupt los war.

Die Partei selbst wirkte extrem unkoordiniert in puncto Kommunikation, und zwar sowohl mit dem Mainstream als auch mit dem Vorfeld. Einzelne Parteipolitiker preschten vor in einem Moment, wo Ruhe und gepflegtes Schweigen angebracht gewesen wären, andererseits gab es kaum Statements von der AfD, die notwendig gewesen wären – und wenn nur ein „Wir wissen selbst noch nichts Genaues“ an die Öffentlichkeit vorgedrungen wäre. Nun ja, Chrupalla geht es mittlerweile besser, und der Wahlerfolg der AfD in Hessen und Bayern scheint dadurch auch nicht negativ beeinflusst worden zu sein.

Am Mittwoch, dem 11. Oktober, äußerte sich nun Chrupalla endlich selbst zu den Ereignissen: Es ist gesichert, dass es einen Nadeleinstich gab und dass es sich somit nicht etwa um einen Insektenstich handelt, wie vielfach vermutet wurde. Ebenfalls wurde der offizielle Arztbericht veröffentlicht, so dass es an dem von Chrupalla geschilderten Verlauf der Ereignisse keine Zweifel mehr geben kann. Welche Substanzen ihm injiziert wurden, ist derweil noch unklar – der Bericht lässt noch auf sich warten.

Chrupalla selbst geht es zwar mittlerweile besser, bei vollen Kräften ist er jedoch laut eigener Aussage nicht. Weiterhin spricht er von einem Anschlag, und das war es auch: ein Anschlag auf Chrupalla als Bundessprecher und damit Leitfigur der AfD. Die genauen Details – der Grund, die Täter, ob der Anschlag „nur“ der Abschreckung diente oder ob er tödlich ausgehen sollte – liegen noch im Unklaren.



Das alles ist ein äußerst merkwürdiger Fall. Erstens: Die Idee, einem Politiker mit einer Nadel Schaden zuzufügen, ist neu – mir jedenfalls ist kein weiterer Vorfall dieser Art bekannt. Aber gut – die Nadel scheint die moderne Form des Giftanschlags zu sein. Das Perfideste an der Sache war allerdings der Umgang der Medien damit: Man ist ja schon einiges gewohnt, aber die Perfidie und Scheinheiligkeit nehmen hier ein neues Maß an. Der Anschlag wurde dauernd heruntergespielt, Chrupalla wurde lächerlich gemacht. Man warf der AfD vor – und hieran beteiligten sich nicht nur einige Medien, sondern auch Politiker wie der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow –, sich in der Opferrolle zu suhlen.

Kritische Berichterstattung mag ja gewünscht sein, doch jedem sollte klar sein, dass das Verhalten der Presse weit über „kritische Berichterstattung“ hinausging. Dass die Vertreter der Mainstreammedien anders gehandelt hätten, wenn etwa einem Robert Habeck in den Arm gespritzt worden wäre, sollte auch klar sein – wir würden noch in zig Monaten von Attentat, Mordversuch und Terror gegen Grüne hören und lesen. Bei Chrupalla hingegen – arglistige Skepsis. Selbst auf der gestrigen Pressekonferenz wurde er überkritisch von der Journaille verhört.

Die Dimension der linksliberalen Feindbekämpfung ist auch neu. Dass die Zeiten rauer und der Ton härter, dass neue, perfidere Geschütze gegen die AfD und ihr Vorfeld im Angesicht sich anbahnender Wahlerfolge und zunehmender Etablierung der Partei aufgefahren würden, das war jedem klar. Und mit dem Nadelanschlag hat der Kampf gegen rechts eine neue Eskalationsstufe erreicht. Klar, das Attentat war nicht tödlich, Chrupalla war auch nicht in akuter Lebensgefahr. Doch sollte man sich bewusst machen, dass dies wohl nur der Anfang ist. Gewiss, es war auch nicht das erste politische Attentat in jüngerer Zeit – man denke etwa an den Mord an Lübcke –, doch es war der bis jetzt größte Anschlag gegen unser Lager.

Die Zukunft lässt sich bekanntlich schwer vorhersagen, doch die Hemmschwelle für Gewalt und Eskalation wird wahrscheinlich immer niedriger. Die 20er-Jahre des 21. Jahrhunderts werden rau und bitter: Darauf sollten wir alle gefasst sein, dafür müssen wir uns alle rüsten – seelisch wie körperlich. Mal schauen, wohin uns das noch alles führt …

Fridericus Vesargo

Aufgewachsen in der heilen Welt der ostdeutschen Provinz, studiert Vesargo jetzt irgendwas mit Musik in einer der schönsten und kulturträchtigsten Städte des zu Asche verfallenen Reiches. Da er als Bewahrer einer traditionsreichen, aber in der Moderne brotlos gewordenen Kunst am finanziellen Hungertuch nagen muss, sieht er sich gezwungen, jede Woche Texte für die Ausbeuter von der Krautzone zu schreiben. Immerhin bleiben ihm noch die Liebesgrüße linker Mitstudenten erspart…

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