Als ich im Sommer anno 2019 auf dem Rückweg von einem Ausflug an der Kreuzung Leutweinstrasse/Lüderitzstraße in Mannheim vorbei kam, hielt ich einen Moment inne, da ich zuerst nicht glauben konnte, dass diese Reminiszenzen einer guten alten Zeit noch nicht getilgt wurden, haben beide doch eine gewichtige Rolle bei der Kolonialisierung des heutigen Namibias gespielt. Der Wokismus wütet ja auch noch gar nicht so lange und das Auge Saurons kann nicht jeden Ort gleichzeitig im Blick haben, schoss es mir durch den Kopf. Ich stellte mir sodann die Frage, wie lange die Straßen wohl noch so heißen werden – werden sie diese eiserne Zeit evtl. gar überleben, wenn es bald zu einer Kehrtwende kommt?
Im laufenden Jahre war es dann aber so weit und die Stadt kündigte die Umbenennung der Straßen an. Der Kulturmarxismus beschränkt sich nicht auf Ideengeschichte und Erziehung. Nein, auch Entitäten in der realen Welt (Denkmäler, Inschriften, Ortsnamen) müssen ausgelöscht werden – könnten sich an ihnen doch das reaktionäre Potential der Bevölkerung entzünden.
Schematisch läuft eine solche Auslöschung immer wie folgt ab: Interessensgruppen richtet eine Eingabe an den Stadtrat, der sich der Sache dann annehmen muss. Da die Geschichtsschreibung für die CDU ja erst bei Konrad Adenauer beginnt, wird einer dialektischen „Aufarbeitung“ Raum gegeben. Zunächst wird dazu ein Gutachten eingeholt, im Falle von Mannheim wurde dies durch das „Leibniz Institut für Europäische Geschichte“ mit folgendem Ergebnis erbracht:
„Theodor Leutwein und Adolf Lüderitz sind Exponenten eines auf Rassismus und der Annahme der Minderwertigkeit außereuropäischer Gesellschaften basierenden, kolonialen Herrschafts- und Ausbeutungssystems.„
Wenn nicht bereits geschehen, werden Orte und Namen im nächsten Schritt kontextualisiert – Plaketten und Hinweistafeln verschandeln die Erinnerungsstätten oder machen aus einem einfachen Straßenschild einen Schuldkult-Inhalator.
Dann lässt man das Thema erst einmal ruhen, kündigt aber schon einmal vorsichtig eine finale Tilgung an. Die Uhr tickt hierbei für die Progressiven, denn solange es im Lande keine drastische Kursänderung gibt, wird der Widerstand gegen diesen Exorzismus weiter abnehmen. Im Falle einer Umbenennung wird dem Bürger dann noch eine kuratierte Liste von möglichen neuen Namen zur „Auswahl“ angeboten und bei Denkmälern lobt man einen Ideenwettbewerb für ein Nachfolgekunstwerk aus. Die materiellen Demontage markiert dann den Abschluss des Pflichtprogramms.
Eine Cancel-Kür konnte man im vorigen Jahr in den VSA beobachten. Dort wurde eine Statue des Konföderierten-Generals Rober E. Lee nicht einfach nur demontiert, sondern eingeschmolzen. Dies wurde medial in einer Art und Weise inszeniert, dass man den Versuch der Demütigung des politischen Gegners unterstellen kann. Dass sich Politik, zivilgesellschaftliche Organisationen und „die Wissenschaft“ die Bälle zuspielen ist nichts Neues. Die Leibnitz Gemeinschaft wird je zur Hälfte vom Bund und den Ländern finanziert und betätigt sämtliche Tasten auf der Gutmenschenklaviatur, welche ihr der Zeitgeist anheim stellt.
So ist man Unterzeichner der „Charta der Vielfalt“, gendert und propagiert einen „klimaneutralen Forschungsbetrieb“. Der offensichtlichste Grund, warum die Leibnitz Gemeinschaft auf Linie ist, ist natürlich die staatliche Finanzierung. Schnell ist man dabei den Marsch der 68er durch die Institutionen als weiteren Grund anzuführen. Der britische Historiker und Dichter Robert Conquest lieferte im Jahre 2003 mit seinen drei politischen Gestezen aber noch einen dritten Erklärungsansatz. So lautet sein zweite Gesetz:
„Any organization not explicitly right-wing sooner or later becomes left-wing.„
Demnach bedarf es nicht einmal einer aktiven Unterwanderung und Zersetzung, man muss der Entropie einfach freien Lauf lassen und alles driftet nach Links. Wir Rechten werden hier also noch sehr lange einen Bergauf-Kampf führen müssen, nämlich bis wir auch die Hoheit in solchen Institutionen gewinnen oder zumindest mächtige Gegengewichte aufgebaut haben.
Was besteht uns beim historischen Exorzismus aber noch bevor, nachdem man sich an Relikten des NS und des Kaiserreichs abgearbeitet hat? Es gäbe da noch die sogenannten Wegbereiter des NS aus der Zeit der Weimarer Republik, wie z. B. Carl Schmitt und Ernst Jünger. Kriegsgefallenendenkmäler, insbesondere solche, die auch Soldaten des Zweiten Weltkriegs ehren.
Und was ist mit den Autoren, deren Werke auch nur Spuren von Antisemitismus oder Rassismus enthalten, wie z. B. Richard Wagner, Karl Marx, Immanuel Kant oder Martin Luther? Dann wird jedoch noch nicht Schluss sein, denn: War Ludwig Erhard’s „Formierte Gesellschaft“ nicht ein präpotenter Faschismus? In den VSA gibt es schon länger eine Diskussion, ob Mathematik nicht rassistisch ist. Sollte sich diese Erkenntnis durchsetzen, wären die großen deutschen Mathematiker wie Gauss natürlich fällig. Im Sinne der Kritischen Theorie, dürfen diese Bemühungen ja auch nie enden.
In unserem postheroischen Zeitalter sind Gedenkstätten, Ortsnamen und Symbole essentiell für den Fortbestand der kulturellen Identität, weswegen der politische Gegner diese bekämpft. Statt dem Apell, dass jeder versuchen sollte in seinem unmittelbaren Umfeld dem Ikonoklasmus Einhalt zu gebieten, möchte ich mit folgender Idee schließen: Die AfD möge ein Projekt initiieren oder zumindest finanzieren, bei dem derlei Orte und Namen digital konserviert werden können. Dies würde einer etwaigen Restauration in der Zukunft zur Hilfe gereichen.
Ein Zusatzschild ist ganz schnell auch wieder abgeschraubt. Insofern kein Vergleich mit der tatsächlichen (und teuren, daß da nicht mehr Widerstand der Betroffenen kommt?) totalen Umbenennung und real existierendem Bildersturm.