Von Volker Wittmann
Menschliche Vernunft müsste einen Atomkrieg verhindern. So möchte man meinen. Seine Sinnlosigkeit liegt schließlich offen zu tage. Die amerikanischen Abwürfe auf die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki im August 1945 lassen keinen Zweifel, wie es ausgehen würde. Damals starben dreihunderttausend Zivilisten bei nur zwei Explosionen sofort oder in Folge der radioaktiven Verstrahlung.
Die Vernichtungskraft heutiger Kernwaffen übertrifft die Höllenmaschinen von damals um das Tausendfache. Hiroshima verging unter einem Einschlag mit der Wucht von zwanzig Kilotonnen herkömmlichem Sprengstoff Trinitrotoluol, kurz TNT. Heutige Wasserstoff-Bomben entwickeln Kräfte im Bereich von Megatonnen. Die größte jemals gezündete Ladung in Gestalt der russischen Zaren-Bombe brachte es auf sechzig Megatonnen, also das Dreitausendfache.
Rund um den Globus schlummert ein schwindelerregender Vorrat an Kernwaffen. Statista zählt insgesamt 12.705 nukleare Sprengköpfe. Das widerspricht jedem Walten einer irgendwie übergeordneten Einsicht. Russland, USA, Großbritannien, Frankreich, Israel, China, Indien, Pakistan und Nordkorea sind Atommächte.
Selbst wenn nur die Hälfte zum Einsatz käme, würden die Zerstörungen unser aller Ende bringen. Auch wo keine Bomben fallen, vernichtet zurückbleibende Radioaktivität, was lebt. Zudem ist derart geballter Sprengstoff geeignet, so viel Schutt und Staub aufzuwirbeln, dass sich der Himmel verfinstert. Ohne ausreichendes Sonnenlicht müsste die Erde in Eis erstarren. Sie bliebe auf unabsehbare Zeit unbewohnbar. Das nennen Forscher den nuklearen Winter. Darum wäre ein Atomkrieg der Letzte.
Angesichts der Kämpfe in der Ukraine und im Nahen Osten und der anhaltenden Spannungen in Korea können nur ahnungslose Zeitgenossen davon ausgehen, die Atommächte würden vor dem Letzten zurückschrecken. Sie schauen darüber hinweg, dass die Welt bereits mehrmals knapp am nuklearen Verhängnis vorüber geschrammt ist.
- In der Suez-Krise von 1956 drohte die Sowjetunion mit dem Einsatz von Wasserstoffbomben.
- Bei der Kuba-Krise 1962 bekundete US-Präsident John F. Kennedy seine Entschlossenheit zum letzten Mittel zu greifen.
- Am 26. September 1983 kam es beinahe zum Einsatz von Kernwaffen aufgrund technischen Versagens. Damit hatte zuvor niemand gerechnet.
Im Fall Suez brannten die Sicherungen beinahe durch, als Großbritannien und Frankreich Ägypten angriffen. Der Streit ging um den Kanal, der das Mittelmeer mit dem Indischen Ozean verbindet. Die Ägypter hatten die strategisch bedeutende Wasserstraße zuvor ohne Rücksprache verstaatlicht.
Als die Sowjets den Angreifern mit Kernwaffen drohten, gaben die USA zu erkennen, dass sie wegen des Suez-Kanals keine Gefahr eines nuklearen Konflikts in Kauf nehmen würden. Ihnen war die Seeverbindung weniger wichtig als den Europäern. Daraufhin gaben die Briten und Franzosen nach.
Sechs Jahre später gerieten die Herrscher in Moskau und Washington unmittelbar aneinander. Die Vereinigten Staaten hatten in der Türkei Mittelstrecken-Raketen aufgebaut, die Russland bedrohten. Im Gegenzug errichten die Sowjets vergleichbare Waffensysteme in Kuba. Von dort hätten sie die USA erreichen können.
US-Präsident Kennedy verhängte 1962 eine Seeblockade gegen russische Schiffe mit Kurs auf die Zuckerinsel in der Karibik. Das kam mittelbar einer Kriegserklärung gleich, denn Schiffe gelten laut Völkerrecht als Teil des Hoheitsgebiets. Der Kreml ließ schließlich beidrehen, als die Amerikaner sich bereit erklärten, zugleich ihre Raketen aus der Türkei abzuziehen.
Eine unterschätzte, gefährliche Verbindung menschlicher Fehlbarkeit mit unzulänglicher Technik trat 1983 beim NATO-Manöver „Able Archer“ („fähiger Bogenschütze“) zu Tage. Im Rahmen der Übungen probten westliche Verbündete den Atomkrieg mit solchem Aufwand, dass sowjetische Militärs fürchtete, es werde ernst. Sie setzten ihre Truppen in Alarmbereitschaft.
In dieser angespannten Lage meldete das russische Frühwarnsystem den Anflug mehrerer feindlicher Raketen. Nur der Besonnenheit des diensthabenden Offiziers Oberstleutnant Stanislaw Petrow war zu danken, dass kein Feuer an die nukleare Lunte gelegt wurde. Statt auf den roten Knopf zu drücken, vermutete er ein technisches Versagen. Wenn die Amerikaner angreifen, so sein folgerichtiger Schluss, dann nicht mit einer Handvoll Raketen, sondern mit hunderten.
Erst Jahre später erfuhr die restliche Welt, wie glücklich sie nochmal davongekommen war. Aus Anlass der Kämpfe in der Ukraine hat die „Deutsche Gesellschaft für Informatik“ die Gefahr eines „atomaren Weltenbrands aus Versehen“ beschworen. Wenn mehrere solcher Umstände wie 1983 zusammenkämen, könnte technisches Versagen die Welt wiederum an den Rand des Untergangs drängen.
In einem offenen Brief an Regierung und Bundestag in Berlin erklärten die Informatiker:
„Auch wenn grundsätzlich eine große Hemmschwelle vor Atomwaffen besteht, könnte Russland ihren Einsatz in Erwägung ziehen, etwa wenn der russische Präsident die Existenz seines Landes bedroht sieht, oder die NATO aus russischer Sicht zu sehr in den Krieg in der Ukraine eingreift.“
Zudem hat technischer Fortschritt die Schwelle zwischen herkömmlichen und nuklearen Waffen herabgesenkt. Atomare Ladungen lassen sich heute in so handlicher Form herstellen, dass man sie als Artillerie-Granaten verschießen kann. Das macht den Übergang zu taktischen, kleineren Sprengköpfen und dann zu strategischen Bomben mit der Wucht mehrerer Megatonnen fließend. Darum gäbe es im Ernstfall kaum ein Halten.
Amerikanische Kollegen beim Magazin „Bulletin of the Atomic Scientists“, den Mitteilungen für Atomforschung in Chicago, haben ihre symbolische Weltuntergangs-Uhr auf 90 Sekunden vor Mitternacht gestellt. Daran gemessen rückte die Erde näher an eine Katastrophe denn jemals zuvor.
Ziemlicher Linksboomer-Midwit-Take, diese sinnlose Panikmache vor einen „Atomkrieg“.
Jeder, der auch nur halbwegs zu analytischem Denken fähig ist, weiß ganz genau, dass es niemals zu größerem Einsatz von Atomwaffen zwischen 2 vergleichbar großen Mächten kommen wird.
Ganz einfach weil niemand etwas davon hätte.
Das einzige denkbare Szenario wäre ein Vergleichbares zu Japan 1945.
Irgendein kleines Land, dass eh schon besiegt ist und für die eigene Machtdemonstration nochmal einen Denkzettel bekommt.
Wenn man dann irgendwann so weit ist, kann man auch seine weibische Angst ablegen und aufhören, an die N24-Märchen vom JFK am roten Button oder dem edlen russischen Soldaten im Kontrollraum, der aufgrund seines guten Herzens den „Atomkrieg“ verhindert hat, zu glauben.
Früher gab es besonnene Politiker. Schaut man sich heute das Personal im Bundestag an, kann einem Angst und Bange werden.