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ESC – 600 Punkte für das momentane Ding!

18. Mai 2022
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„I don‘t feel hate, I just feel sorry“, so beschrieb ein junger Poet vor ziemlich genau einem Jahr Deutschland auf dem Eurovision Song Contest, repräsentierend einen Gemütszustand, der vielen, die aus unerfindlichen Gründen auch dieses Jahr wieder eingeschaltet haben, ein Begriff sein wird. Und dabei ist die Veranstaltung seit Urzeiten in erster Linie eine Freakshow, die nur noch makabres Interesse und vielleicht einen Hauch Nostalgie zu befriedigen vermag, wenn man noch nicht der vollständigen Verblödung zum Opfer gefallen ist. Es ist Degeneration-Central, seit vielen Jahren schon. Anders war dieses Jahr nur das sogenannte „Current Thing“, oder besser gesagt die totale Dominanz dieses. Wir hatten die Transenstaffel mit Conchita Wurst, wir hatten die Femistaffel mit Netta, aber diese „momentanen Dinger“ hatten nicht im Ansatz den temporären Rückenwind, wie es dieses Jahr zu beobachten war; sie mäandern eher stetig unter den Lieblingsthemen des Mainstreams herum. Mal hat das eine die Nase vorn, mal das andere.

Auf die Ukraine gab es dieses Jahr vorab eine Wettquote von 1,4. Das bedeutet: Wenn man zehn Euro darauf setzte, dass dieses eine Land sich gegen sämtliche 24 anderen durchsetzen und den ersten Platz ergattern würde, dann wäre man jetzt vier Euro reicher. Zum Vergleich: Wenn man beim Finale des DFB-Pokals zwischen dem RB Leipzig und dem SC Freiburg auf die favorisierten Leipziger setzte und damit recht behalten sollte, bekäme man, je nach Wettanbieter, 40 bis 80 Cent mehr. Der Kader des RB Leipzig hat einen geschätzten Marktwert von 465,6 Millionen, der vom SC Freiburg einen von 152,6 Millionen. Und der RB Leipzig wird nicht gegen 24 Freiburger Sportclubs antreten müssen, sondern gegen einen. Da würde ich mich als Komponist des ukrainischen Ständchens aber ganz schön geschmeichelt fühlen.

Wie die Quote vermuten ließ, gewannen sie mit erheblichem Abstand – von fast 200 Punkten zum Zweitplatzierten. Das war Großbritannien, und das sogar mit freundlicher Unterstützung der Ukrainer – wohl weil, so mutmaßt man in der „NZZ“, „die Briten das Land, das von Russland angegriffen wurde, früh mit Waffen belieferten“. Die Maximalpunktezahl gab es daher von der ukrainischen Jury. Selber sahnte man mit 239 Zuschauerpunkten genau 200 mehr ab als die Zweitplatzierten im Publikumsranking.

Thema ihres Liedes war natürlich der Krieg, gut – sie wären schön dämlich gewesen, wenn nicht; die gesellschaftliche Situation genderfluider Hamster-Otherkin war schon mal opportuner, um die Sympathien einzufangen. Offenbar hat man den Song aber erst nachträglich darauf umgeframt, zunächst sollte er einfach von der Beziehung eines Kindes zu seiner Mutter handeln. Im Musikvideo hat man dann noch ein wenig die „momentanen Dinger“ der Vorjahre hervorgeholt, indem man weibliche Soldaten mit Kindern auf dem Arm in den Mittelpunkt stellte, „es zeigt Tränen, Trotz, starke Frauen“, entzückt man sich darüber auf der „Eurovision“-Seite. Es muss halt immer ein grauer Matsch mit dem ganzen anderen Kram, der so menschlich und bunt ist, angerührt werden, damit das momentane „momentane Ding“ so richtig glänzen kann.

Etwas dissonant in dieser Symphonie aus aktuellen und schon betagten „momentanen Dingern“ stieß der augenscheinliche Hitlergruß auf, mit dem der Rapper mit dem rosa Hütchen die Bühne verließ. Diese Misstöne wurden allerdings schnell wieder begradigt, sogar der „Stern“ kam mit einem Faktencheck aus der Reserve, demzufolge die Videoaufnahme nur einen unglücklichen Ausschnitt davon zeige, wie er dem Publikum zujubelt. Einen Faktencheck des „Stern“ zum Gestikulieren von Gauland vor drei Jahren, als eine Linken-Abgeordnete mit Antifasticker die Bühne betrat, welches von den üblichen Verdächtigen ebenfalls als etwas holprige Variante eines Hitlergrußes gewertet wurde, fand ich bislang noch nicht. So wie übrigens auch nicht von „Correctiv“, „t-online“, der „Frankfurter Rundschau“ oder der „Süddeutschen Zeitung“, um mal ein paar der Medien zu benennen, die diese ehrenrührigen Behauptungen nicht einfach so auf Europas zertifiziert begabtesten Musikern sowie Helden der Freiheit und der Demokratie sitzen lassen konnten.

Überhaupt habe ich noch nie gesehen, wie unsere Presse so eifrig und lang anhaltend Nazivorwürfe „debunkt“. Gerade toben ja die Kämpfe um das Asow-Stahlwerk, und die heldenhaften Verteidiger, nahezu alle Mitglieder des Asow-Bataillons, werden in der „Tagesschau“ und vergleichbaren Formaten auf Händen getragen. Der eben angesprochene Faktencheck des „Stern“ kommt darauf zu sprechen und beschreibt das Asow-Bataillon am Ende seines Artikels als „wegen früher teilweise offen geäußerter rechtsextremer Positionen seiner Anführer durchaus umstritten“. Seit es Teil der ukrainischen Nationalgarde wurde, „sollen diese Strömungen überwunden sein“. Alter, deren Logo ist ‘ne Wolfsangel, bis 2015 noch vor ‘ner schwarzen Sonne. Es ist absolut surreal, von unserer Systempresse solche gnädigen Töne in diese Richtung zu hören. Es spricht Bände über die Ausmaße des momentanen „momentanen Dings“, dass sie die Nazipanik, in die man sich jahrzehntelang zum Dämonisieren der inländischen Opposition hineingequatscht hat, ihm zuliebe so mir nichts, dir nichts über Bord schmeißt. Und all die beschwichtigenden Aussagen über Asow, die sie jetzt vom Stapel lassen, sollten fein säuberlich archiviert und aufbewahrt werden – sie könnten noch einmal sehr nützlich werden, um ihre Glaubwürdigkeit zu untergraben, sobald das nächste momentane Ding den Mittelpunkt einnimmt und der Regen den gelb-blauen Anstrich von der Regenbogenfassade wäscht.

Shlomo Finkelstein

Shlomo Finkelstein wollte immer schon irgendwas mit Hass machen. Seit 2015 erstellt er als "Die vulgäre Analyse" Videos, und seit 2019 zusammen mit Idiotenwatch den Podcast "Honigwabe".

Belltower News schreibt über ihn: "Da er vorgibt, sein Hass sei rational begründet, sind besonders junge Menschen der Gefahr ausgesetzt, die Thesen für bare Münze zu nehmen und sich so zu radikalisieren."

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