Vorgestern, am 6. Oktober 2021, durchsuchte die für Wirtschaftskriminalität zuständige Staatsanwaltschaft die Büros des österreichischen Kanzleramts und der Kanzler-Partei ÖVP. Kurz gesagt (haha): Der Regierungschef steht im Verdacht, sich mit Staatsgeldern geschönte Umfragen und tendenziöse Artikel in manchen Medienhäusern erkauft zu haben; noch ist unklar, ob dies stimmt, und, falls sich der Verdacht erhärten sollte, welche Medien mit im Spiel waren.
Die Schadenfreude seitens des aufgrund eines von linken Journalisten initiierten Presseputsches verstoßenen Vizekanzlers Strache ließ nicht lange auf sich warten:
Wenn man an der Messlatte seiner eigenen Zitate scheitert und zerbricht! pic.twitter.com/BbHZ38Rzml
— HC Strache (@HCStrache1) October 6, 2021
Auch die linken Kräfte in der Alpenrepublik warten einer Meute Hyänen gleich darauf, den verhassten Kanzler endlich stürzen zu können.
So weit, so gut. Natürlich, ich könnte mich hier jetzt gekünstelt aufregen: Wie kann das sein, wie kann er nur?! Aber seien wir ehrlich: Wen von uns überrascht das denn noch? Es gehört ja quasi zum Wesen der Demokratie, dass „ein Mann des Volkes“ umso korrumpierbarer wird, je höher innerhalb der Politikerkaste er hinaufsteigt bzw. hinaufsteigen möchte. Gibt es überhaupt einen Politiker in der westlichen Welt, der es in ein hohes Amt gebracht hat und dabei sauber blieb?
Mir ist keiner bekannt. Spätestens seit der Präsidentschaft Franklin D. Roosevelts in den USA und der Kanzlerschaft Willy Brandts (bezeichnenderweise beides Sozialdemokraten) kann man sich sicher sein, dass die Politikerkaste moralisch verkommen ist, dass die Minister und Regierungschefs in irgendeiner Art und Weise Dreck am Stecken haben. Das kommt eben davon, wenn man ein System etabliert, in dem jeder dahergelaufene Emporkömmling zu den höchsten Ämtern gelangen kann – vorausgesetzt, er ist skrupellos genug, um die Regeln für seine Zwecke gnadenlos auszunutzen –; in dem Glauben, ein angeblich vernunftbegabtes und aufgeklärtes Wahlvolk werde im Wettbewerb der Ideen und Argumente schon den Richtigen wählen. Das funktioniert ja super.
Aber immerhin – Hauptsache, wir haben statt seit ihrer Geburt für ihren Regierungsauftrag ausgebildeter Monarchen mit goldenen Kronen und prachtvollen Schlössern in Nachkriegsbauten aus Beton und Glas wohnende, schmierige und glattgeleckte Politikertypen mit grauen Anzügen. Gott sei Dank und Vive la démocratie!