Dunkel
Hell
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Feministische Selbstinszenierung

24. August 2023
in 3 min lesen

Als feministischer Mann hat man es vermutlich nicht besonders leicht. Unter den Geschlechtsgenossen, die dem (modernen) Feminismus eher ablehnend gegenüberstehen, gilt man schnell als verweichlichter Schwächling, als schmieriger „Weißer Ritter“, der seine politischen Überzeugungen nur kundtut, um dem Höschen von Politikwissenschafts-Paula ein Stück näher zu kommen, während diejenigen, für die man sich opfert, einem schnell mal misstrauen und den Vorwurf vorbringen, sein Verhalten als weißer „Cis“-Mann nicht oft genug zu reflektieren. Man wird also von beiden Seiten nicht selten beschossen – entweder man ist zu revolutionär oder eben nicht revolutionär genug –, ein wirklich gemütliches und seelisch befriedigendes Leben kann das nicht sein.

Und das Höschen-Kalkül geht dann häufig auch nicht auf, da PoWi-Paula einen zwar „nett“ findet, aber, nun ja… der geneigte Leser vermag sich seinen Teil dazu zu denken. Die Konsequenz daraus: Aus Verzweiflung kann der „Ally“, der feministische Verbündete, auch mal übergriffig werden. Es gibt leider keine Statistiken oder Ähnliches zu sexuellen Übergriffen innerhalb der feministischen Szene, aber das Klischee des die Grenzen der Frau nicht achtenden Feministen kommt nicht von ungefähr, jedenfalls scheint diese Art von Mann keine Seltenheit innerhalb der linken Szene zu sein.

Einer dieser Männer, ein Täter, heißt Valentin Moritz. Er ist linker (Buch‑) Autor, und eines seiner Werke veröffentlichte er als einen Beitrag im Sammelband „Oh Boy: Männlichkeit*en heute“, das im Juli 2023 herauskam und dessen Herausgeber Moritz ist. Dort schildert er in seinem Text, wie er eine Frau sexuell belästigte – und wie er sich seine Täterschaft eingesteht. Oh Junge, wahrlich ein passender Titel für dieses Machwerk feministischer Hochkultur. Allein die Tatsache, dass er seine eigene Missetat so offen schildert, wirkt befremdlich. Und ohne den ganzen Text gelesen zu haben, sage ich voraus: Er ist mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit in einem weinerlich-narzisstischen, kriechend-unterwürfigen Ton geschrieben – vollgesogen von weibisch-giftiger Schwäche des modernen Mannes –, bei dem sich der Autor nur an Selbstmitleid und -beweihräucherung ergötzt.

Woher ich das weiß? Weil alle Beiträge dieser Art, alle „Selbsteingeständnisse“ und „Selbstreflexionen“ von feministischen Männern, egal ob geschrieben oder gesprochen, so verfasst sind. Hier der Beweis: „Ich will kein Täter sein, aber ich bin mindestens einmal einer geworden: Ich habe einen sexualisierten Übergriff begangen“, so lautet eine Passage, eine weitere geht wie folgt: „Ich rede noch immer um den heißen Brei herum. Dabei glüht der ganze Text längst vor Schamesröte. Wieso kann ich es nicht aussprechen, endlich dem monströsen Elefanten im Raum einen Namen geben?“ Ich habe nicht zu viel versprochen, oder?



Aber als wäre dieser Akt gottloser Selbsterniedrigung nicht schon unerträglich genug, kommt nun der eigentliche „Skandal“, der gerade diesen Text so besonders macht: Moritz hat den Text nämlich ohne Einverständnis des Opfers veröffentlicht. Der „Spiegel“ berichtet:

„Auf eine Instagram-Nachricht des Verlags, die die Veröffentlichung feierte, antwortete eine Person mit dem Nutzernamen y_walove, die darin schrieb, sie sei im Mai 2022 Betroffene eines sexuellen Übergriffs durch Valentin Moritz geworden. ‚Ich habe ihm ausdrücklich nach dem Übergriff gesagt, dass ich NICHT möchte, dass er seine gewaltvolle Aneignung meines Körpers als Gegenstand seines Textes im Buch verwendet‘, schrieb y_walove – und rief zum Boykott des Buches auf.“

Und dazu kam es auch: Moritz wird nun von der linken Blase als Ausgestoßener behandelt. Er wird in linken Medien wie der „taz“ angefeindet, er wird von Buchvorlesungen ausgeladen, und auch der Kanon Verlag, der den Sammelband veröffentlicht hatte, reagierte: „Oh Boy“ wird nun vorläufig nicht mehr ausgeliefert. So schnell kann es vorbei sein mit der Karriere als feministischer Buchautor.

Der Fall zeigt: Moritz hat sich jegliche Anfeindung redlich verdient. Nicht nur er, generell dieser besagte Typus Mann. Die wenigen hier zitierten Textzeilen versprühen den ekelerregenden Gestank, der sich aus Narzissmus und Selbsterniedrigung zusammensetzt, aus jeder Pore. Um jeden Preis will er sich und der Welt beweisen: „Ich bin ein guter Mensch!“ Auch wenn das heißt, sich mal eben über die Wünsche seiner Schützlinge hinwegzusetzen. Auf der anderen Seite: Wirklich viele Möglichkeiten hat er nicht. Wenn er nicht kriecht, ist er nicht reflektiert, wenn er kriecht, wird er nicht mehr respektiert. „Wie des als Mann machst, machstes verkehrt“, wie ein weiser Mann aus Hessen einst sagte. Nun gut, soll er kriechen. Solange wir es nicht tun.

Fridericus Vesargo

Aufgewachsen in der heilen Welt der ostdeutschen Provinz, studiert Vesargo jetzt irgendwas mit Musik in einer der schönsten und kulturträchtigsten Städte des zu Asche verfallenen Reiches. Da er als Bewahrer einer traditionsreichen, aber in der Moderne brotlos gewordenen Kunst am finanziellen Hungertuch nagen muss, sieht er sich gezwungen, jede Woche Texte für die Ausbeuter von der Krautzone zu schreiben. Immerhin bleiben ihm noch die Liebesgrüße linker Mitstudenten erspart…

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