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Filmkritik: Miss Merkel

23. März 2023
in 3 min lesen

Angela Merkel: Jahrelang war sie die Rabenmutti des deutschen Volkes, die langweiligste Reiterin der Apokalypse und Inspiration für die großartigsten Eruptionen des Furor teutonicus („Weil sie eine Volksverräterin ist!“). Nun ist sie seit fast eineinhalb Jahren nicht mehr Teil der Politikbühne, und wirklich vermissen wird man sie erst, wenn man in einem Jahrzehnt – in seiner gammelnden Plattenbauwohnung bei einer Tüte gerösteter Heuschrecken mit den queer-feminisierten Kindern sitzend, während draußen Abdul den Michael unter der Regenbogenfahne abmessert – der „guten alten Zeit“ der 2010er-Jahre gedenkt: Damals, als unter Merkel nur die Homo-Ehe durchgeboxt wurde und nur 20 Prozent der Menschen im Land Migranten waren, was für Zeiten!

Jedenfalls stellt sich mancher die Frage: Was tut die Altkanzlerin jetzt, wo sie ihre rhetorischen Ergüsse nicht mehr in die Fernsehkameras stammeln kann? Diese Frage stellte sich auch David Safier, seinerseits Drehbuch- und Romanautor, und beantwortete sie in einem 2021 erschienenen Krimi: Als „Miss Merkel“ löst sie Kriminalfälle in der Uckermark. Ja, das klingt absurd, aber längst nicht so absurd wie manch andere Nachrichten in diesen Zeiten. Von daher: eigentlich fast normal, oder?

Nun wurde der Merkel-Krimi verfilmt und am Dienstag beim Privatsender RTL ausgestrahlt. Nun schaue ich aus guten Gründen seit Ewigkeiten kein Fernsehen mehr (ich hätte diese Verfilmung auch nie mitbekommen, hätte mein Vater sie nicht beim Abendessen erwähnt), doch dieses Mal konnte ich nicht widerstehen. Ich musste mir diese Peinlichkeit in HD unbedingt anschauen. Und was soll ich sagen: Ich wurde nicht enttäuscht!

Oje, mein Körper musste sich streckenweise vor Fremdscham krümmen. Die erste Szene gleich erweckte dieses Gefühl: Man sah, wie die Altkanzlerin mit ihrem Ehemann die neu gewonnene Freiheit genoss und hockend in den uckermärkischen Kiefernwald pinkelte. Ja, Ihr lest richtig, das ist die Eröffnungsszene. Da stellte sich mir die Frage: Soll dieser Film die Merkel nicht gut aussehen lassen? Ich meine, nicht mal Kaiser Wilhelm wurde von seinen Gegnern derart verspottet, und auch Charlie Chaplin hatte den Anstand, in seinem Film „Der große Diktator“ von 1940 den drittletzten Reichskanzler aus Braunau nicht beim Urinieren im Wald zu zeigen.

Offenbar zeigt sich fehlender Respekt vor der Würde eines Amtes auch dann, wenn man den Amtsträger zu rühmen oder ihm zumindest zu schmeicheln gedenkt; aber gut, es zeigt sich ohnehin als Symptom für den Verfall in diesen Zeiten, nicht wahr? Neben der älteren, sympathischen Dame, die Merkel sagt, sie habe sie ja „immer gewählt“, gab es in den ersten fünf Minuten eine weitere Szene, die mir Übelkeit brachte: Man war sich tatsächlich nicht zu schade, zwei arabischstämmige Migranten (natürlich Männer) zu zeigen, die Merkel voller Stolz und lächelnd um ein Selfie baten. Fehlte nur noch, dass sie sie „Mama Merkel“ nennen. An der Stelle hätte ich am liebsten abgebrochen.


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Ein Grund, warum ich es nicht tat – neben dem Drang, zu wissen, wer am Ende der Täter war –, war die Schauspielerin Katharina Thalbach. Sie versteht ihr Handwerk sehr gut, so dass es mich fast traurig machte, dass sie sich zu so einem blöden Machwerk herabließ. Aber kurz zur Handlung: Merkel wird auf eine Feier des Schlossbesitzers von Baugenwitz eingeladen, der nach einem Theaterstück über die Familiengeschichte tot aufgefunden wird. Der Wein war vergiftet. Zunächst gehen alle, auch der unsympathische Kommissar (der Merkel übrigens nie gewählt hat, der Drecksack!), von Suizid aus, nur Merkel ist davon überzeugt, dass es Mord gewesen sein muss.

Nachdem auch die zweite Ehefrau des Schlossherrn stirbt, kann Merkel die Stieftochter als Täterin ausfindig machen. Der Grund: Rache aufgrund wiederholter Ehebrüche des Herrn von Baugenwitz. Ein bisschen klischeebehaftet vielleicht, die Handlung, aber im Grunde genommen nicht langweilig. Nur leider vom Film unglaublich langweilig erzählt. Und dann die Flachwitze dazu, wirklich übel.

Warum also wollte ich unbedingt diesen Film sehen? Vor allem, um mir selbst das zu bestätigen, was ich ohnehin vermutet hatte: Man kann in dieser Zeit, in diesem System, keine einigermaßen würdige Geschichte über einen Amtsträger mehr erzählen. Man stelle sich vor, in den 30er-Jahren hätte die UFA verfilmt, wie Ex-Kaiser Wilhelm zwo ein Verbrechen in Doorn aufklärt: Beim Holzhacken hätte man ihn gezeigt, aber nicht beim Pinkeln oder Hundekotaufsammeln (ja, auch das kam im Film vor…).

Das Phänomen liegt aber auch daran, dass die Amtsträger – sie alle, auch die Steinmeiers, Baerbocks, Söders und so weiter – an sich keine Würde im Sinne des Amtes mehr ausstrahlen können. Und das liegt einerseits am Verfall des Systems selbst, andererseits daran, dass seit Jahren keine guten Leute mehr nach oben kommen. Die Stimmung in der BRD ist mittlerweile so infantilisiert, dass die Filmemacher heutzutage kaum mehr in der Lage sind, tatsächlich ernsthafte Filme jenseits von Weltkriegsgeschichten zu produzieren. Was für eine Farce das alles doch geworden ist! Übrigens: Kaiser Wilhelm als Detektiv im niederländischen Exil: Wäre doch ‘ne schicke Idee für eine KRAUTZONE-Krimireihe? Auch nur mit guten Witzen und ohne Fäkalhumor – versprochen!

Fridericus Vesargo

Aufgewachsen in der heilen Welt der ostdeutschen Provinz, studiert Vesargo jetzt irgendwas mit Musik in einer der schönsten und kulturträchtigsten Städte des zu Asche verfallenen Reiches. Da er als Bewahrer einer traditionsreichen, aber in der Moderne brotlos gewordenen Kunst am finanziellen Hungertuch nagen muss, sieht er sich gezwungen, jede Woche Texte für die Ausbeuter von der Krautzone zu schreiben. Immerhin bleiben ihm noch die Liebesgrüße linker Mitstudenten erspart…

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