Filmkritik: Nosferatu (1922/2024)

10. Februar 2025
in 2 min lesen

Von Lodewijk Hans

Auch hundert Jahre nach dem ursprünglichen Release des Stummfilmklassikers prägt dieser den Horrorfilm wie kein Anderer. Die Rede ist von Friedrich Wilhelm Murnaus „Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens“. Murnau machte es sich damals zur Aufgabe, Bram Stokers Dracula zu adaptieren und änderte einige Elemente wie den Schauplatz, den er in seine Heimat Deutschland verlegte.

Wer das Original sieht, dem werden das schaurige Spiel mit dem Schatten, die Kameraeinstellungen und die düstere Untermalung mit Hans Erdmans Musik bekannt vorkommen, weil die Verfilmung so prägend für den Horrorfilm war. Sogar so prägend, dass der Film nicht nur etliche Male in der Popkultur zitiert wurde, sondern auch schon zwei Remakes und einen charmanten Trashfilm, der den Mythos, dass der den Grafen spielende Max Schreck tatsächlich ein Vampir gewesen sei, nach sich zog.

Dass der Film aus den frühen 20er Jahren überliefert ist, grenzt an ein Wunder. Nicht nur sind die zwei vorherigen Filmadaptionen von Dracula aus der damaligen Zeit verschwunden, so wurde außerdem in einem von den Erben Bram Stokers geführten Gerichtsverfahren beschlossen, dass alle Kopien ausnahmslos zerstört werden müssen. Wären damals nicht schon einige Filmrollen ins Ausland geschafft worden, hätte er wahrscheinlich das gleiche Schicksal wie viele andere verschollene Giganten seiner Ära erlitten.

Im Film verlässt der frisch verheirate Immobilienmakler Thomas seine fiktive Heimatstadt Wisborg, um in den Karpaten den ominösen Graf Orlok, aufzusuchen. Orlok beabsichtigt  eine Ruine in Wisborg zu kaufen und gibt vor, sich dort zur Ruhe setzen zu wollen. Ein vielversprechender Verkauf entpuppt sich für Thomas als ein Albtraum, als sich herausstellt, dass der Graf ein Vampir ist. Währenddessen beginnen düstere Visionen seine in Wisborg verbliebene Ehefrau Ellen zu plagen.

1979 wagte sich niemand geringeres als Werner Herzog an Nosferatu. Er zauberte den Grafen in seinem „Nosferatu-Phantom der Nacht“ erneut auf die große Leinwand. Diesmal gab er dem Grafen, gespielt von Klaus Kinski, den Namen „Dracula“ zurück. Werner Herzog bezog sich in seiner Bildsprache stark auf das Original von 1922, in dem er in den Landschaftsaufnahmen die Romantik eines Caspar David Friedrichs aufgriff, während die Gruselszenen stark expressionistische Züge aufweisen.

Über hundert Jahre nachdem unsere Vorväter Nosferatu das erste Mal bestaunten, bringt Robert Eggers nun die Welt rund um den Grafen in seinem neusten Film „Nosferatu – Der Untote“, zurück. Als US-Amerikaner ist er der erste Nicht-Deutsche, der das Werk filmisch umsetzt. Für ihn ist es jedoch nicht das erste Mal, denn er entwickelte schon in seiner Highschool-Zeit eine stumme Theaterumsetzung des Originals.

Bekannt ist Eggers für seine hervorragende Filmografie, darunter der Horrorfilm „The Lighthouse“ oder der Wikinger-Thriller „The Northman“, den wir in Ausgabe 30 besprochen haben.  Für „The Lighthouse“ konnte Kameramann Jarin Blaschke 2020 sogar eine Oscarnominierung erhalten.

Eggers Remake „Nosferatu – der Untote“ dauert fast 40 Minuten länger als das Original. Jedoch fühlt sich die Dauer nie überstrapaziert an, denn Blaschke, der für diesen Film erneut hinter der Kamera stand, schafft es, die Zuschauer mit Einfallsreichtum in seinen Bann zu ziehen. Seine atemberaubenden, detailbesessenen und geschickt aneinander gereihten Bilder wirken geradezu hypnotisch. Besonders hervorzuheben sind auch die praktischen Effekte des Films. Neben gigantischen Sets wurden beispielsweise 5000 echte

Ratten eingesetzt. Eggers filmte auch mit echten Wölfen, die er auf den ängstlichen Nicholas Hoult, welcher Thomas verkörpert, losließ. Auch Bill Skarsgård, der jeden Drehtag für sechs Stunden in die Maske musste, um den Grafen zu verkörpern, spielt seine Rolle hervorragend und ist in seiner vollen Montur nicht wiederzuerkennen. Es ist jedem, der es atmosphärisch und schaurig mag, zu empfehlen, sowohl das Original auf YouTube als auch das Remake im Kino zu schauen. „Nosferatu – der Untote“, ist eine respektvolle und kreative Neuinterpretation, der zu jedem Augenblick die Leidenschaft an dem Original anzumerken ist. Die unvergesslichen Bilder des Films überschatten dabei das bisweilen etwas dick aufgetragene Pathos und erzählen mehr als tausend Worte.

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  1. Interessant, dass das Motiv des „Untoten“ bis heute neue Interpretationsanreize bietet – und danke für den Kinotipp. Davon gerne mehr! Eine ganz andere und ziemlich lustige Version des Vampirthemas gibt es übrigens derzeit bei Amazon: „What we do in the shadows“ zeigt die Alltagsprobleme einer Vampir-WG. Darauf eine Bloody Mary!

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