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„Freie Demokratie“ – Ein Mythos für FDP- und CDU-Wähler

26. Juli 2023
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Kommt jetzt eine boomereske „Personalausweis – wir sind alle Personal!“- Schmähschrift, die ich von Jodel-Jochens Telegram abgeschrieben habe, auf dem er dem jüngst medial massiv mit Bekanntheit beschenkten „König von Deutschland“ huldigt? Nicht ganz. Lustigerweise geht dem Reichsbürger in extremer Weise der Zynismus ab, mit dem ich unsere Gesellschaft betrachte: Die oftmals juristischen Begründungen, warum unser derzeitiges System illegitim sei, sowie der unerschütterliche Glaube daran, Unterpunkte irgendwelcher Paragrafen auf staubigem Papier im Keller des Reichstags würden tatsächlich etwas bedeuten, deuten, selbst wenn die Behauptungen der Reichsbürger darüber technisch gesehen hundertprozentig wahr wären, auf eine grotesk romantisierte Vorstellung eines über den Dingen schwebenden transzendenten Rechts hin, welches irgendwann wieder hergestellt würde. Ich komme genau vom anderen Ende der Idealismuswiese.

Natürlich werden in Deutschland Wahlen abgehalten. Diese laufen, sofern man es belegen oder anfechten kann, nach demokratischen Standards fair und frei ab und werden, abgesehen von einigen Altenheimen, deren Wachkomapatienten dann magisch alle die Grünen wählen, sauber durchgeführt und ausgezählt. Ich sage aber: Das Volk als Souverän ist in unserer Gesellschaft trotzdem eine Fabel, und das würde sich wahrscheinlich immer wieder so einstellen.

Als die Linken den Marsch durch die Institutionen vollendet hatten und nun selbst langsam, aber sicher in den Machtpositionen Wurzeln schlugen, circa anno 2010, begannen sie selbstverständlich, ihr in dieser Praxis erlangtes Wissen über friedliche Kulturrevolutionen in der parlamentarischen Demokratie dahingehend zu recyceln, dass sie genau die Einfallstore, die sie genutzt hatten, also zunächst das Bildungssystem und davon ausgehend Medien, Unterhaltung, Stiftungen und Wissenschaft, für ihre politischen Feinde luftdicht verschlossen. Ein wichtiges Vehikel dazu war zunächst ein Totschlagnarrativ, das jegliche roten Linien beschützt, ab derer man ihrem Weltbild gefährlich werden konnte: Wer gegen Massenmigration ist, will sie alle ersaufen sehen, weil er ihre Hautfarbe hasst. Wer gerne eine positive deutsche Identität hätte, will Adolf ausbuddeln. Wer gegen Deindustrialisierung ist, sorgt buchstäblich für ein flammendes Armageddon.

Genau dort, wo ihre christlichen Widersacher mit ihrer Toleranz gegenüber (selbst Schmäh‑) Kritik weich waren und sie sich in und unter und hinter alles bohren konnten, was einst sakral war, erhärteten sie sich mit vorauseilenden Rechtfertigungen für soziale Ausgrenzung und letztlich Zensur. Sie bildeten einen Panzer um die von ihnen bestens erforschten Einfallstore der Macht in unserer Gesellschaft. Ebenso bauten sie ein Geflecht aus sich ideologisch selbst regulierenden und durch die Uni personell vorselektierten Medien, Stiftungen, Forschungseinrichtungen und Diensten auf, die sich gegenseitig im öffentlichen Auge Prestige und Legitimität zuschachern, während sie die jeglicher Widersacher mit allen Werkzeugen von intellektuell angehaucht bis hin zu vulgär-aggressiv attackieren. Diese Leute sind abgezockt und wissen genau, was sie tun: Auch sie glauben nicht an den Mythos der Herrschaft des Volkes. Sie glauben an ihre Herrschaft durch das Volk. Durch Kontrolle der Wahrnehmung. Der Einzige, der an Ersteres glaubt, ist die arme Seele, die immer noch CDU wählt.


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Hinzu kommt, dass ein Großteil der Menschen nicht wirklich in der Lage ist, sich in bedeutsamer Weise eigene Gedanken zu machen: Sie können es nicht nur nicht, sie können es nicht einmal wollen. Das heutige groteske Maß an Massenunmündigkeit ist sicherlich durch Jahrzehnte der Infantilisierung auch gezielt herbeigeführt worden, dockt jedoch leider an einer tieferen Wahrheit über die menschliche Verfassung an: Ein Steinzeitstamm aus 100 Leuten, die alle starke Meinungen darüber entwickeln, wie er weiter vorgehen sollte, funktioniert nicht. Er funktioniert, wenn das zehn Prozent von ihnen unter sich ausfechten und der Rest von ihnen nichts anderes will, als am Ende einem oder mehreren von ihnen zu folgen. Und das ändert sich auch nicht, wenn irgendwelche Sesselfurzer uns alle auf einmal zum großen Vernunftwesen ausrufen – es ist eine Lüge.

Die Entscheidung dieser breiten Schwungmasse an der Wahlurne ist letztlich nicht bedeutsamer als die, welche Waschmittelmarke sie sich im Supermarkt kauft: Sie hat sich berieseln lassen, und das nicht einmal mit Argumenten, sondern mit einem Grundgefühl. Und sie will es auch nicht anders, kann es nicht mal anders wollen.

Nun, warum, steht dann die Frage im Raum, kommt die AfD auf einmal in den Umfragen auf ein Fünftel bis ein Viertel der Wähler? Nun, es gibt dennoch Grenzen der Unerschütterlichkeit dieses Schlummers. Zwei, die mir einfallen: Zunächst darf der Anführer sich nicht vor seinem Steinzeitstamm eine Feder anstecken und anfangen, wie ein Huhn zu gackern: Die Regierung wirkt derangiert, irre. Ihre Entscheidungen und Positionen wie die, dass Frauen und Männer lose, definitionslose Kategorien sind, die aus nicht mehr als einem Zugehörigkeitsgefühl dazu bestehen, entspringen für den Großteil der Leute offensichtlich entweder geistiger Umnachtung oder absichtlicher Boshaftigkeit.

Die zweite Ausnahme ist: Das Fressen darf nicht knapp werden. Wenn es an die Substanz geht, sich der Lebensstandard mit einem wahrnehmbaren Tempo verschlechtert, schrecken die Leute ebenso aus ihrem Schlummer hoch. Das alles sehen wir gerade in Echtzeit; man nehme diesen Artikel also bitte nicht als eine Blackpill. Der Erdrutsch ist in Fahrt, denn sie wurden zu schnell zu gierig. Aber an die freie Demokratie glaubt original niemand außer dem CDU-FDP-Dullie. Am allerwenigsten die, die ihnen mit dieser hübschen Worthülse tagtäglich vor der Nase rumbaumeln.

Shlomo Finkelstein

Shlomo Finkelstein wollte immer schon irgendwas mit Hass machen. Seit 2015 erstellt er als "Die vulgäre Analyse" Videos, und seit 2019 zusammen mit Idiotenwatch den Podcast "Honigwabe".

Belltower News schreibt über ihn: "Da er vorgibt, sein Hass sei rational begründet, sind besonders junge Menschen der Gefahr ausgesetzt, die Thesen für bare Münze zu nehmen und sich so zu radikalisieren."

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