Letztes Jahr bin ich (mehr oder weniger) gezwungener Maßen, umgezogen. Raus, aus meinem geliebten Dorf, rein, in die große Stadt. Der Umzug war auch gleichzeitig mein Auszug. Denn bis dato lebte ich friedlich bei meiner Familie. Dort war Platz ohne Ende.
Nun aber der Wechsel in die Großstadt.
Zugegeben, ich habe wirklich eine wunderschöne Wohnung, in ruhiger Lage und kann mich darüber als solches absolut nicht beklagen. Aber mit dem Wechsel vom Land in die Stadt fiel schlagartig der Keller weg. Hier gibt es keine Scheune, in der Autos und Mopeds Unterschlupf finden. Hier kann ich keine laute Musik laufen lassen, während ich meine Einkäufe aus dem Auto räume oder den Müll hinausbringe. Ich kann mich hier überhaupt nicht so entfalten und bewegen, wie ich es von zu Hause aus gewöhnt war. Und das nervt.
Man muss sich mal versuchen vorzustellen, wie das ist, wenn man bis vor kurzem alle Freiheiten hatte, die man braucht, um ein glückliches und unbeschwertes Leben als Provinzprinzessin zu führen. Und auf einmal ändert sich eine Sache (oder wird einfach geändert) und alles ist anders. Aber ach – das wissen wir alle.
In die Stadt zu ziehen bedeutete für mich, sich flächentechnisch extrem zu verkleinern. Wenn ich die Haustür verlasse, bin ich zwar draußen, aber eben in der Stadt. Wenn ich auf dem Dorf aus der Tür trete, dann bin stehe ich noch immer auf unserem Grundstück und das ändert sich auch nicht, wenn ich zehn Minuten gen Osten gehe.
Und anstatt einem Schuppen voller Werkzeug, habe ich hier nur eine Schublade voll mit lebensnotwendigen Utensilien. Auf der anderen Seite kommt hier auch niemand und fragt, ob man mal einen 28er-Schlüssel oder Kompressor parat hat. Leider. Mittlerweile freue ich mich, wenn sich Wäsche angesammelt hat und ich für ein paar Stunden damit beschäftigt bin. Denn die Hausarbeit ist das Einzige, was mich an zu Hause erinnert. Viel mehr Parallelen lassen sich hier leider nicht ziehen.
Es fehlt einfach so viel. Die Gartenbank auf dem Hof, auf der ich sonst immer saß und mir die Sonne ins Gesicht scheinen ließ. Diese innere Ruhe, die man verspürte, sobald man das eigene Dorf betrat. Meine Hühner und Schafe. Die gibt es in der großen Stadt auch nicht. Einfach rauszugehen und mitten im Grünen zu sein – Fehlanzeige. Und jeder Städter, der mir sagt, dass er nur fünf Minuten bis in die Natur braucht, soll sich doch bitte nicht selbst belügen. Erstens ist seine Natur nicht die, die ich vermisse, und zweitens ist sein Weg raus aus der Stadt und rein die Natur immer eine Flucht.
Mann, du Alles auf Erden…
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Ich vermisse auch den Geruch von frisch geschlagenem Holz. Jedes Mal, wenn ich an unserem schier endlos langen Holzschuppen vorbeispazierte, hatte ich für einen Augenblick den Gedanken, was wohl wäre, wenn ich mich hier einfach auf die Gartenliege setzen und erst wieder aufstehen würde, wenn die Welt eine bessere wäre. Währenddessen zogen die Wildgänse über das Land. Ich komme einfach nicht von der Überzeugung ab, dass das Gras hier grüner und schöner ist. Auch deshalb, weil in der Stadt kaum welches wächst.
Mich tröstet allein der Fakt, dass ich immer wieder an diesen schönen Ort zurückkommen kann – mein Zuhause. Ohne mir Gedanken machen zu müssen, ob meine Schaukel noch im Obstgarten hängt oder mein Kinderzimmer noch da ist. (Es ist tatsächlich noch da, es wurde kein sinnloses Gästezimmer daraus gemacht.) Und die Schaukel bleibt auch hängen, denn wer sollte sich schon an ihr stören. Das sind vielleicht nur kleine Konstanten, doch auf diese ist Verlass. Meine Mopeds werden auch weiterhin in der Scheune stehen und im Frühjahr wieder rausgeholt. Wenn ich Kirschkompott essen will, dann brauche ich mir einfach nur ein Glas aus dem Keller zu holen.
So fahre ich jedes Wochenende zurück, an den Ort, an dem sich die Dinge nicht ändern. Zumindest nicht so signifikant und schnell, wie es anderswo vonstattengeht.