Himmelfahrtspredigt – Mehr als Bollerwagen und Bier

29. Mai 2025
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Heute ist Himmelfahrt! Wie bitte? Viele feiern den vierzigsten Tag nach Ostern eher als Vatertag. Mittlerweile etabliert sich gar die Bezeichnung Männertag. Dieser wird dann weniger mit einem Gottesdienst, sondern eher mit einem Kasten Gerstensaft und einem Bollerwagen begangen. Typisch männlich eben, oder?

So sehr ich selbst männliche Gemeinschaft bei einer Flasche Bier schätze, muss ich hier verneinen. Denn der Weg vom christlichen Feiertag zum säkularen Sauffest ist nicht nur für bekennende Christen eine Tragödie. Vielmehr spiegelt sich darin auch ein zivilisatorischer Niedergang. Aus dem Himmelfahrtsfest, das noch eine höhere geistliche Bedeutung hatte und ein wichtiges theologisches und kulturelles Narrativ vermittelt, wird zunächst das Feiern eines zwischenmenschlichen Wertes: Der Vaterschaft.

Diese wird allerdings nicht, wie etwa beim Muttertag, in Gemeinschaft der Kernfamlie gefeiert, sondern vielmehr in Flucht vor ebendieser. Der Vater wird gefeiert. Allerdings nicht der Vater, als Familienoberhaupt und Verantwortungsträger der inmitten seiner Lieben die Früchte seiner Erziehung und Ehepflege genießt, sondern der eigentliche Unmann und Unvater. Der Vater der entweder als Pantoffelheld einmal im Jahr der Knute seiner Regentin entfliehen darf, oder als Arbeitstier und Hedonist seine Familie mit Geld zufriedenstellt und mit dem restlichen von ebendiesem einen schönen Rausch genießt. Da weder Duckmäusertum noch die Flucht in Arbeit und Genuss mit dem Ehe- und Familienleben sonderlich gut vereinbar sind, wird das Thema Vaterschaft schließlich vollends vom freien Tag für Bollerwagenfahrten entkoppelt.

Dem entgegen steht die tiefe theologische und männliche Botschaft von Himmelfahrt. Sie wird nirgendwo schöner beschrieben als im sogenannten Philipperhymnus im Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Philippi:

Seid so unter euch gesinnt, wie es der Gemeinschaft in Christus Jesus entspricht: Er, der in göttlicher Gestalt war, hielt es nicht für einen Raub, Gott gleich zu sein, sondern entäußerte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an, ward den Menschen gleich und der Erscheinung nach als Mensch erkannt. Er erniedrigte sich selbst und ward gehorsam bis zum Tode, ja zum Tode am Kreuz. Darum hat ihn auch Gott erhöht und hat ihm den Namen gegeben, der über alle Namen ist, dass in dem Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind, und alle Zungen bekennen sollen, dass Jesus Christus der Herr ist, zur Ehre Gottes, des Vaters. (Philipper 2,5-11)

Hier finden wir ein ganz konservatives und doch völlig revolutionäres Bild von Vaterschaft und Männlichkeit. Gott der Vater, der mächtige Schöpfer des Universums gibt seinem Sohn eine wichtige Aufgabe. Er soll sich aus seinem Status der Göttlichkeit in die Tiefen der verdorbenen und gefallenen Schöpfung begeben und dort als Mensch unter Menschen leben. Er soll sogar das Gericht, die Strafe die diese Menschen durch ihre Abwendung von Gott und ihre bösen Taten auf sich geladen haben tragen.

Der Sohn macht dies. Freiwillig ordnet er sich dem Vater unter, verlässt seine Macht und Herrlichkeit und ist bereit Demütigung, Leiden und den Tod zu tragen. Wichtig hierbei ist die Freiwilligkeit. Hier wird nicht ein Schwächling das Opfer seiner Feinde, weil er zu feige ist sich zu wehren. Hier opfert ein Held sein eigenes Leben um die, die er liebt zu retten, auch wenn sie es keineswegs verdient haben. Die Antwort des Vaters auf diesen absoluten Akt der Demut, des Muts und der Hingabe ist der absolute Lohn.

Der Sohn gibt seine Ehre, seine Macht und sein Leben dahin, der Vater schenkt ihm das alles in noch größerem Maße. Gott hat ihn erhöht und ihm den Namen gegeben der über allen Namen ist. Seinen eigenen. Darum dürfen wir als Christen Jesus anbeten und ihn preisen. Er ist vom Schöpfer der Welt als König und Gott über alles eingesetzt. Zwar hatte Jesus diese Göttlichkeit schon von Anbeginn, jetzt erstrahlt sie aber auf wundervolle Weise in noch hellerem Licht.

Gleichzeitig ist Jesus das Eintrittstor in den Status des Gotteskindes. Wer das Opfer annimmt das der perfekte Sohn seinem Vater gebracht hat, darf selbst ein Kind Gottes werden.  Eines Tages wird jeder sein Knie vor Jesus beugen müssen. Wer es jetzt schon tut hat nicht nur das Privileg ihm jetzt schon dienen zu dürfen, sondern wird auch mit ihm herrschen. Himmelfahrt konfrontiert uns also gleichzeitig mit der größten Heldentat der Weltgeschichte und mit dem Herrschaftsanspruch und Adoptionsangebot Gottes.

En passant haben wir dabei im übrigen noch das perfekte Vorbild für Vaterschaft und Sohnschaft. Nämlich einen Vater der seinen Sohn über alles liebt, ihm aber auch eine große und schwere Aufgabe zutraut. Sein Ziel ist die Rettung der Menschheit, aber auch die letztendliche Erhöhung seines Sohnes. Der Sohn im Gegenzug ist bereit sich auf dieses hingebungsvolle Abenteuer einzulassen. Auch er sieht einen großen Sinn in der Rettung der Menschen und liebt sie. Sein Fokus ist aber den väterlichen Auftrag zu erfüllen und ihm damit Ehre zu machen.

Was könnte die unmännliche, verweichlichte und egozentrische Generation an Männern die wir heute vorfinden also nötiger haben als eine Rückbesinnung auf die Botschaft von Himmelfahrt? Als eine Rückbesinnung an die Tugenden der Hingabe, Verantwortung und Leidensbereitschaft und nicht zuletzt den Hinweis auf den einen der sich Männlichkeit und Vaterschaft überhaupt ausgedacht hat.

In diesem Sinne Prost und Amen.

Karl Napf

Karl Napf vereint etliche Widersprüche in sich. Er ist badischer Protestant, anarchistischer Demokrat und libertärer Antikapitalist. Er strebt dem Ende seines Theologiestudiums entgegen und hegt große Sympathien für Erweckungsprediger wie Spurgeon, Whitefield oder seinen badischen Landsmann Aloys Henhöfer.

2 Comments Schreibe einen Kommentar

  1. Freue mich immer über die Kolumnen von Karl Napf. Den Blick mal wegführen von der eigenen und allgemeinen Verbissenheit hin auf das erhaben Überzeitliche – und das in klaren kräftigen Worten – kann befreiende Wirkung haben.

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