Bevor ich beruflich vom rechten Weg abkam und mich entschied, die Musik in meinen Lebensmittelpunkt zu stellen, wollte ich immer Paläontologe werden. In die Wüste gehen, Knochen ausbuddeln, neue Arten entdecken: Das war der Traum schlechthin. Alleine war und bin ich damit nicht; viele Jungs hatten in ihrer Kindheit oder Adoleszenz ähnliche Vorstellungen.
Auslöser für den Dinosaurier-Hype (ich mag es übrigens gar nicht, wenn Leute, zumal Nicht-Kenner, das Wort „Dinos“ benutzen) war in der Populärkultur der Film „Jurassic Park“ von 1993, den ich das erste Mal mit sieben Jahren gesehen hatte, als ich bei meiner Tante im Urlaub war und einer meiner Cousins mir wohl einen Schrecken einjagen wollte.
Nun, der vermeintliche Plan des Vetters ging nicht auf, ich war vielmehr fasziniert von den dargestellten Kreaturen – wer wird nicht von den Brachiosauriern in den Sümpfen, dem brüllenden Tyrannosaurus und den gemeingefährlichen „Raptoren“ in den Bann gezogen? Doch „Jurassic Park“ ist selbstverständlich nur die Oberfläche, nichts weiter als Blockbuster-Hokuspokus (wobei der erste Film wirklich gut war): Tiefer in den Kaninchenbau ging es mit den populärwissenschaftlichen Dokumentarfilmen, die ab Anfang der 2000er-Jahre auf allen möglichen Reportage- und Doku-Sendern zu sehen waren. Von diesen hatte ich unzählige auf DVD!
Den Anfang machte eine britische Produktion: „Walking with Dinosaurs“ (oder „Dinosaurier – Im Reich der Giganten“ auf Deutsch) aus dem Jahre 1999 legte den Standard fest, mit welchem solche Produktionen gedreht werden sollten: Mithilfe von Modellen und Animationen erwachten die Tiere auf dem Bildschirm zum Leben, und in mehreren Episoden begleitet der Zuschauer in chronologischer Reihenfolge verschiedene Dinosaurier durch ihre erdgeschichtliche Blütezeit, das Mesozoikum, das vor 251 Millionen Jahren begann und mit dem berühmten Meteoriteneinschlag vor 66 Millionen Jahren endete. Angefangen wird üblicherweise mit den ersten Dinosauriern im Trias-Zeitalter (vor circa 230 Millionen Jahren), dann müssen die Giganten des späten Jura (vor circa 150 Millionen Jahren) mit Tieren wie Allosaurus, Brachiosaurus und Diplodocus betrachtet werden, und im letzten Teil dreht sich alles um den Tyrannosaurus und das Ende der Dinosaurier in der Kreidezeit vor rund 66 Millionen Jahren.
„Walking with Dinosaurs“ ist auch der Grund, warum ich mich in den letzten Tagen wieder ein wenig mit den Dinosauriern beschäftigt habe: Die Serie soll nämlich nach über 25 Jahren wieder neu aufgelegt werden – im Juni ist dann die Ausstrahlung.
Gewiss, sie ist ein Symptom unserer Zeit des Niedergangs, in der nichts Eigenes mehr erfunden werden kann, sondern immer wieder alte Sachen neu aufgewärmt werden müssen, aber mein Gott: Ich kann mich der Freude darüber nicht verwehren. Gerade weil in den letzten 25 Jahren so viel in der Paläontologie passiert ist und sich die Doku-Macher hoffentlich auf diese neuen Erkenntnisse beziehen werden, dürfte es einen interessanten Blick auf die Oberfläche der Paläontologie werfen.
Doch warum faszinieren einen Dinosaurier so sehr? Zwei Dinge liegen offensichtlich auf der Hand: ihre schiere Größe und ihre Artenvielfalt. Von kleinen, zweibeinigen Pflanzenfressern bis hin zu den größten Landlebewesen aller Zeiten oder Raubtieren so groß „wie ein Schulbus“ (um einen typischen Vergleich aus den populärwissenschaftlichen Dokus heranzuziehen) – kaum eine andere Tiergruppe kann da mithalten. Es hat schließlich seinen Grund, dass mit der Urzeit und der Paläontologie hauptsächlich Dinosaurier in Verbindung gebracht werden, obwohl diese Wissenschaft auch urzeitliche Säugetiere oder Reptilien umfasst, die vor den Dinosauriern lebten.
Man muss sich den Erfolg dieser Tiergruppe dabei noch einmal vergegenwärtigen: Für etwa 165 Millionen Jahre dominierte sie – von den Lüften mal abgesehen, denn die berühmten Pterosaurier („Flugsaurier“) waren keine (!) Dinosaurier – alle terrestrischen Lebensräume (noch mal zum Vergleich: das Aussterben des Tyrannosaurus ist gerade mal 66 Millionen Jahre her) und konnte bis heute überleben. Ja, das lernt jedes Kind, das sich näher mit der Thematik beschäftigt: Vögel sind nicht nur die Nachfahren der Dinosaurier, sie sind Dinosaurier – genauer gesagt Theropoden, also jene Gruppe, zu der auch Tyrannosaurus, Velociraptor und andere fleischfressende Dinosaurier zählen. Damit stellen die „Schreckensechsen“, wie ihre Bezeichnung übersetzt lautet, nach wie vor die mit über 10.000 Arten vielfältigste Gruppe der Landwirbeltiere. Wie kann man bei all diesen Gegebenheiten bitte nicht von diesen Kreaturen fasziniert sein? Wenn Sie, lieber Leser, mich nun entschuldigen: Ich widme mich wieder der Frage, ob die Megaraptora nun näher mit den Tyrannosauroidea oder den Charcharodontosauridae verwandt sind. Verständlich, oder?
An die legendäre Doku-Reihe erinnere ich mich auch noch gut. Bestimmt hundertmal angesehen.
Mittlerweile schaue ich mir immer mal wieder gerne die Videos des YouTube-Kanals ‚AusgestorbenerZoo‘ an.
PS: Macht doch mal eine Podcast-Folge zu dem Thema.