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„Mitten in Fluten und Flammen“ – Carla Hinrichs von rechts

19. Mai 2023
in 3 min lesen

Öffentliche Auseinandersetzungen sind in der späten Berliner Republik nicht nur deswegen so langweilig und vorhersehbar, weil die Darsteller entlang der immer gleichen Eigenschaften ausgewählt werden – jung, weiblich, optional migrantisch gegen alt, männlich und deutsch –, sondern auch, weil die Auseinandersetzungen selbst einer theatralischen Programmierung folgen, oder salopp gesagt: Jeder Diskutant spult genau das Skript ab, das man von ihm erwartet. Wer glaubt, dass erst durch Netflix alles zu einer grauen, homogenen, langweiligen Pampe verkommen ist, der blendet aus, was sich Tag für Tag in deutschen Talkshows oder auf der Straße abspielt.

Nehmen wir etwa das Theaterstück namens „Klimakrise“: Was uns als erschütternder Kriegsfilm verkauft wird, ist ja nichts weiter als bundesrepublikanische Dialektik, deren Zweck allein in der Fundierung der angestrebten Transformationsbestrebung liegt. Auf der einen Seite also junge, enthusiastische, vor allem feminine oder feminisierte Darsteller, auf der anderen Seite das alte Arbeiterdeutschland: mittelalte und alte Autofahrer, Wut, Gehupe, Geschimpfe. Männliche Aggressivität, berechtigt, ehrlich, aber eben doch ganz im Sinne derjenigen, die uns diese Szenen als flotte Nachrichtenbeiträge servieren. Denn was sehen wir? Der massenmotorisierte Basilisk kommt keinen Zentimeter weiter, weil junge Menschen in Warnwesten auf der Straße sitzen. Einhunderttausend Pferdestärken stehen still, weil man sie dazu zwingt. Beeindruckend! Jede Seite kommt zu Wort: Einer der „Klimakleber“ folgt seiner Programmierung und stimmt mit zitternder Stimme seinen Sermon von der drohenden Apokalypse an. Dann kommen zwei, drei Autofahrer zu Wort, auch hier alles Programmierung. Es fällt schließlich die Bemerkung: „Natürlich muss man was machen, aber…“, und es folgt eine völlig austauschbare Vernunftsfloskel. Aber allein diese eine Bemerkung ist der Sieg, auf den man es abgesehen hat, denn damit steht das Narrativ. „Wir müssen was machen.“

Na bitte, um diesen Satz, um diese eine Unterwerfungsfloskel geht es, aus diesem Grund terrorisieren die Grüngardisten die deutsche Bevölkerung und nicht etwa die Elite. Es ist ja der Autofahrer im Stau, der kapieren soll, dass er demnächst sein Auto und anschließend sein Eigenheim verlieren wird, während er sich in der goldenen Früh – seiner Konditionierung als Deutscher sei Dank – auch weiterhin zur Arbeit schleppt.

Für den grün-marxistischen Machtkomplex ist hingegen die Terrorisierung der trägen Mehrheit – „Nudging“ im Plastiksprech – der Mittel zum Zweck. Auch hier ist man ideologisiert, keine Frage. Aber wenn die Affäre Graichen eines zeigt, dann, dass sich mithilfe dieser schmonzettenhaften Aufführung viel Geld verdienen lässt.


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In diesem Zusammenhang hat mir ein Tweet zu denken gegeben. Er stammt von Carla Hinrichs – neben Luisa Neubauer ist das eine weitere aufgebaute Galionsfigur, die dem oben beschriebenen Muster folgt –, und der Beitrag ist in mehrfacher Hinsicht interessant.

Nehmen wir mal einen Moment Abstand von der boomeresken Zuschreibung, dass es sich bei Leuten wie Hinrichs durchweg um „Klimaspastis“ handeln würde, und gehen wir einen Moment davon aus, dass Hinrichs wirklich an das glaubt, wovor sie warnt. Was wir dann haben, ist plötzlich keine Person mehr, sondern ein Mensch. Jemand, dem eben nicht alles scheißegal ist, sondern der an etwas leidet und bereit ist, sich für eine Sache wirklich einzusetzen. Überhaupt: So unsymphatisch und verstrahlt die Grüne Khmer auch ist – sich auf eine belebte Straße zu kleben und das mit der festen Gewissheit, dass mir irgendein wütender Autofahrer über die Hand fahren oder ins Gesicht treten könnte – dazu gehört schon etwas. Die Wut der Autofahrer, der Arbeiter, der Mehrheitsgesellschaft verflüchtigt sich stattdessen so rasch wie die Abgase der laufenden Motoren.

Man stelle sich jetzt mal einen Moment vor, dass sich junge Deutsche mit derselben Inbrunst wie Hinrichs und ihre Leute gegen Überfremdung, gegen migrantische Gewalt, gegen muslimischen Terror, gegen Enteignung oder kulturmarxistische Ideologisierung einsetzen würden. Durchaus auch auf der Straße, durchaus auch festgeklebt, durchaus auch gegen Otto Normalmichel gerichtet – was wäre das für eine Aufführung!

„Macht Platz, ich will zur Arbeit!“

„Nein, Sie wollen nicht, Sie müssen! Weil der Staat sie ausquetscht und mit Ihren Steuergeldern Millionen von Migranten subventioniert.“

„Verpisst euch von der Straße, ihr Spinner!“

„Wir sitzen heute hier, weil der libanesische Remmo-Clan unsere deutschen Kunstschätze plündert! Wir fordern die sofortige Abschiebung!“

„Scheiß-Nazis!“

„Wir fordern außerdem, dass unsere Kultur- und Bildungsinstitutionen die deutsche Geschichte in ihrer Gesamtheit und Vielfalt und mit dem gebotenen Respekt behandeln!“

„Die Jungs und Mädels hamm ja recht, aber ich muss jetzt echt weiter hier…“

Zack, ausgedribbelt. So müsste es laufen. Tut es aber nicht. Bis dahin bleibt nur eines: Bloß nicht in der vorgegebenen Rolle mitspielen, allenfalls trollen, aber niemals die Hoffnung verlieren.

Friedrich Fechter

Nachdem sich Fechter von den beiden Chefs die Leitung der Netzredaktion hat aufquatschen lassen, musste er mit Enttäuschung feststellen, dass die Zeiten von Olymp-Schreibmaschinen und reizenden Vorzimmerdamen vorbei sind. Eine Schreibmaschine hat er sich vom hart erarbeiteten Gehalt trotzdem gekauft. Und einen antiken Schreibtisch. Auf irgendwas muss man im Hausbüro schließlich einprügeln können, wenn die faulen Kolumnisten wieder ihre Abgabefristen versemmeln…

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