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Pyrrhussieg des Systems

26. September 2024
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Es ist doch immer wieder erstaunlich. Wen oder was wählen die Leute eigentlich? Die Programmatik von Parteien oder doch eher Gesichter? Nach den drei Ostwahlen kann konstatiert werden – es sind die Gesichter. Nun gut, dem Bodo in Thüringen hat es nichts genützt aber immerhin ist seine Partei dort nicht völlig abgestürzt. Den anderen beiden, Kretschmer in Sachsen und Woidke in Brandenburg hat ihr sogenannter Amtsbonus gerade noch über die Ziellinie geholfen.

Auf die Spitze getrieben wurde es in Brandenburg, hat doch der Ministerpräsident sein eigenes politisches Schicksal mit dem unbedingten Sieg seiner Partei verknüpft. Kann man machen, der persönliche Mut ist erst einmal zu loben. Aber nun? Was ist damit gewonnen? Die Leichen von Parteien pflastern seinen Weg. Als hinge das Schicksal der Nation davon ab, wurde ein medialer Zirkus veranstaltet, der der SPD zwar einen knappen Sieg beschert hat, die Regierungsbildung aber nicht einfacher gemacht hat. Grüne, Linke und Freie Wähler sind raus – dies ist grundsätzlich zu begrüßen, war aber vermutlich nicht der Plan. Ein paar mehr Koalitionsoptionen hätte sich Herr Woidke wohl doch gewünscht. Nun reicht es nicht mit der CDU allein, er ist zumindest auf Hilfsstimmen des BSW angewiesen.

Die Wählerwanderungen zeigen es. Ganz kurz zusammengefasst: das grüne Klientel wollte die Republik retten und hat sich dabei selbst enthauptet – knapp 3 Prozentpunkte hat die Abwanderung von Grün zu Rot gekostet. Die Linken sind vom BSW kannibalisiert worden.

Hätte es für Grün und Knallrot knapp gereicht und die SPD wäre wenige Prozentpunkte hinter der AfD gelandet, die Koalitionsoptionen für die SPD wären unvergleichlich komfortabler gewesen. Nun muss sich, auch aufgrund der schwachen CDU, die SPD mit dem BSW herumschlagen. Herzlichen Glückwunsch. Das jetzige Ergebnis ist für die AfD sehr vorteilhaft. Sperrminorität erreicht und nun kann sie sich das Regierungshandeln bequem von der Seitenlinie ansehen. Sie werden es niemals zugeben aber ich bin mir sicher, so richtig zufrieden sind die Genossen in Potsdam mit dem Ergebnis nicht. Im Kampf um den unbedingten SPD-Sieg sind Linke und insbesondere Grüne mal eben als Kollateralschaden auf der Strecke geblieben.

Was die Wundertüte BSW – oder sollte ich besser Mogelpackung sagen – beinhaltet, weiß im Moment noch niemand. Vielleicht in Bälde in irgendeiner Weise an den Regierungsbildungen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg beteiligt, wird sich die Vollmundigkeit ihrer Parteichefin bis zur Bundestagswahl zur Kenntlichkeit entstellen. Eine Partei mit etwa 150 Mitgliedern in allen drei Landesverbänden, die ganz ausschließlich vom Charisma ihrer Gründerin lebt und die die Anmutung hat, nach einer Art Führerprinzip organisiert zu sein – Frau Wagenknecht hat bereits angekündigt, auf die Koalitionsverhandlungen in den Ländern ein besonderes Auge zu haben – will also ernsthaft Minister – und Staatssekretärsstellen besetzen. Ich bin gespannt. Es ist hohe Zeit für allerlei Karrieristen und Trittbrettfahrer. Man wird sehen, wohin die Angst vor der AfD unser Land noch führt.

Hoffnung gibt es, in der Alterskohorte der jungen Menschen ist die AfD stärkste Partei. In diesem Zusammenhang könnte man auch die Frage stellen, was machen eigentlich die Soziologen und Gesellschaftsforscher den ganzen Tag? Haben sie die Zeichen an der Wand nicht erkannt oder ist dort regelmäßig der Wunsch der Vater der Gedanken? Die Zukunft dieses Landes ist am Zustand in den Kindergärten, Vorschulen und Schulen ablesbar. Die jungen Menschen sind die unmittelbar Leidtragenden einer Politik, die ihnen die Heimat und die Zukunft raubt.

Was fällt den Gesellschaftsingenieuren dazu ein? Zuerst die Beruhigungspille, dass junge Menschen noch nicht in ihrem Weltbild gefestigt sind und heute so und morgen anders entscheiden. Dies zur Grundlage genommen gipfelt in Denkmodellen, wie sie nur aus autoritären, lernunwilligen Systemen bekannt sind. Die politische Bildung muss verstärkt werden und „unsere Demokratie“ muss besser erklärt werden.

Viel Erfolg damit, kann ich nur sagen. Der Verfasser dieser Zeilen war auch einmal jung und weiß aus eigener Erfahrung, wie Indoktrination auf junge Menschen wirkt. Welche Erfolgsgeschichte wollen sie denn erzählen? Wenn Erzählung und eigenes Erfahren, in einem im Niedergang befindlichen Land, erkennbar im Widerspruch sind, wird der Widerspruchsgeist erst recht herausgefordert. Montag früh Zeitungsschau in den Betrieben, FDJ-Versammlungen und Staatsbürgerkundeunterricht in den Schulen, am Ende hat es alles nichts genutzt. Will man jetzt wirklich diese unsäglichen Erinnerungen aus einem untergegangenen Land in neuen Anstrich zum Leben erwecken? Sie werden das genaue Gegenteil davon erreichen.

Und hier schließt sich der Kreis. Sie tun alles, wirklich alles, ihre Pfründe zu wahren. Egal, was sie erzählen, es geht ihnen nicht um das Land, nur um ihre Macht und Deutungshoheit. Wenn sie dabei ihr eigenes Lager schwächen und sei es auch nur aufgrund von persönlichen „Männchengehabe“, wie in Brandenburg geschehen – gut so.

Udo Holm

Glücklicher Privatier und Hobbyschreiber mit grimmigem Humor und zunehmender Altersmilde. Geboren im grünen Herzen Deutschlands als Grün noch die Farbe der Blätter und nicht die Beschreibung eines Geisteszustandes war. Als guter Beobachter erkennt er seine Schweine am Gang und lässt sich nichts mehr vom Pferd erzählen. Lebt in Berlin und schreibt im "Spiegelsaal".

1 Comment

  1. Den Gelüsten nach schulischer Indoktrinationsdruckbefüllung kann man gelassen entgegensehen, denn jedes noch so blumige Buntismuspropagandabild wird noch am selben Tage am wahren Leben in der migrantisch dominierten Mitschülerschar samt deren Umfeld zerschellen.

    Kann am Ende zwar sein daß dann auch Michael und Monika den Muezzin viel stabiler finden als die wertloswestliche Wünschdirwaswunderwelt, aber selbst das wäre ja noch ein Gewinn gegenüber der vielgepriesenen Scheinwelt in der man nichts mehr hat, sich aber dafür jeden Tag neu definieren darf.

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