Es ist mal wieder so weit. Dieter Hallervorden hat das gewagt, beziehungsweise gesagt, was sonst keiner sagt oder tut, und die Mainstreammedien, insbesondere die besonders couragierten Nutzer in den sozialen Netzwerken, sind vollends empört und rasten aus, wie es auf Neudeutsch heißt.
Am Wochenende feierte die ARD ihr Jubiläum in der Primetime. „75 Jahre ARD – Die große Jubiläumsshow“, hieß die besagte Sendung, welche von Fernsehmoderator Kai Pflaume inszeniert und moderiert wurde. Neben ihm waren auch einige weitere bekannte Größen des deutschen Fernsehens, wie zum Beispiel Barbara Schöneberger, Günther Jauch, Iris Berben und eben Dieter Hallervorden zu sehen. Der 89-jährige Schauspieler und Komödiant hat den Anlass gekonnt genutzt, um seinen alten Sketch „Palim, Palim“ hervorzukramen und in neuartiger Version aufzuführen.
Für den Sketch stellten er und sein Schauspielkollege Harald Effenberg seine berühmte Gefängnisszene auf der Bühne nach. Im gestreiften Pyjama unterhielten sich die beiden eingangs auf Stockbetten sitzend kurz darüber, warum sie nun ausgerechnet hier im Gefängnis gelandet sind. Und da erzählte Hallervorden doch tatsächlich:
„Wenn ich das gewusst hätte, dass man das nie wieder sagt, hier: Zigeunerschnitzel und so und Negerkuss und so. Indianer und Cowboy darf man auch nicht mehr spielen. Ich wusste das doch nicht.“
Ja, er hat es doch wirklich gewagt, all diese sensiblen, umstrittenen, gar verbotenen Worte, „Negerkuss“, „Zigeunerschnitzel“, „Cowboys“ und „Indianer“, in einem Atemzug zu nennen. Wahrhaftig ein Fall für die Sprachpolizei, würde ich sagen.
Nicht nur, dass er die Worte auf offener Bühne in der ARD aussprach, sondern sich mit dieser Gefängnisoptik im gestreiften Pyjama auch noch darüber lustig machte, welchen Effekt das Gesprochene heutzutage bei einigen woken Denkern am Zeitgeist hervorrufen kann. Ja, das schmeckte der bundesdeutschen Schickeria so gar nicht. „Rassismus und Diskriminierung“ hieß es hier und dort. Etliche Pressevertreter forderten eine Stellungnahme. Die lieferte Hallervorden auch prompt:
„In Ermangelung von Mut, sich über die wirklichen Missstände zu erregen, weil diese anzuprangern grade nicht in Mode ist, ereifert man sich über einen Komiker, der auf einem Knastbett sitzt und einen berühmten Sketch mit neuem Text beginnt“, so äußerte sich Didi Hallervorden zu seinem Auftritt in der ARD auf seiner offiziellen Facebook-Seite.
Es ist schon beachtlich, dass es heutzutage ausreicht, Nahrungsmittel bei ihrem ursprünglichen Namen zu nennen, um einen regelrechten Politskandal auszulösen. Dazu wieder Didi:
„Woke Menschen von heute versuchen ängstlich, nicht aus der Reihe zu tanzen, befolgen akribisch alle SocialMedia Gebote, um keine Likes aufs Spiel zu setzen und verstehen keine Satire mehr, weil Satire aus Angst vor Missverständnissen nicht mehr vorkommt. Bei Pressevertretern scheint das Satire Gen auch schon ausge-Merz-t zu sein.“
Bedauerlich wie wenig es schon bedarf um in der hypersensiblen Pseudogesellschaft alle roten Knöpfe auf einmal zu drücken.
Hallervordens Ungehörigkeit hat was von harmlosen Anarchismus, ähnlich wie Klingelputzen im Kindesalter. Schön daß es wenigstens das noch gibt.
Based Didi