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Promiboxen – Voyeurismus oder politische Chance?

31. August 2022
in 2 min lesen

Ich war nie ein sonderlich großer Freund vom Boxen. Mit Kampfsport allgemein, vor allem MMA, kann ich schon etwas anfangen, aber das ganze Drumherum beim Boxen stieß mir in der Regel als etwas zu künstlich und aufgeblasen auf. Aber die Notwendigkeit verstehe ich schon: Man muss eine gewisse Geschichte um den Kampf und die Kontrahenten herum spinnen, damit die Leute überhaupt interessiert, wer dann gewinnt. Ansonsten wäre das Ganze ein wenig wie ein Hundekampf: Zwei aufs Kämpfen abgerichtete Leute schlagen sich die Fresse ein, und das wirklich Spannende daran sind eigentlich nur die Wetten, die man hoffentlich vorher darauf abgeschlossen hat.

Um den Leuten ein persönliches Interesse an einem Kampf einzuimpfen, gibt es, vom Wetten mal abgesehen, ja eigentlich nur zwei Wege: Entweder man baut die Kämpfer zu Persönlichkeiten auf, wie es im Boxen und MMA ja oftmals auf Krampf passiert und was im Wrestling in absurder Weise auf die absolute Spitze getrieben wurde, oder man lässt Leute kämpfen, die schon von abseits des Rings als Persönlichkeiten bekannt sind. Influencer zum Beispiel.

Ein gelungener Fall der ersten Kategorie dürfte wohl Conor McGregor sein; wohl auch, weil man sich seine Persönlichkeit nicht künstlich herbeikonstruieren musste. Ein charismatischer geborener Trashtalker und Paradiesvogel, der auf jedem Presseereignis die Show stahl. Durch sein Auftreten abseits des Oktagons sicherte er sich Einnahmen, von denen etwa ein Khabib trotz makelloser Kampfstatistik nur träumen konnte. Denn Kämpfen ist nicht alles beim Kämpfen, wenn du die Ausstrahlung von einem Sack Kartoffeln hast, hilft dir all dein Können nur bedingt.



Die zweite Kategorie, sogenannte Influencer-Kämpfe, scheinen gerade so richtig ins Rollen zu kommen. Der antiwoke Comedian Sam Hyde hat letzten Samstag einen Instagram- und TikTok-Influencer namens „Iamthmpsn“ in einem Schwergewichtsboxkampf durch technischen K. o. in der dritten Runde besiegt. Von diesem „Iamthmpsn“ hatte ich vorher noch nie etwas gehört, und er schien auch kein politisches Problem mit Sam Hyde zu haben, anders als derjenige, den sich Hyde wohl als nächsten Gegner wünscht: Mit den Worten „Hasan Piker, ich werde dich töten, in deinem Haus in Los Angeles“ forderte er humoristisch leicht überspitzt den Neffen von „Young Turks“-Gründer Cenk Uygur sowie wahrscheinlich erfolgreichsten linksextremen Streamer der Welt zu einem Boxkampf heraus.

Würde ein solcher zustande kommen, wäre es natürlich das Ereignis des Jahrzehnts. Es stünde einiges mehr als ein Preisgeld auf dem Spiel; das Bild des ausgeknockten Verlierers zu Füßen des triumphierenden Gewinners würde von dessen politischer Seite für Jahre durch die sozialen Medien gejagt und den Anhängern von Ersterem bei jeder Gelegenheit reingerieben. Wer den Kampf für sich entscheiden würde, wäre von gar nicht so geringer Bedeutung für das politische Geschäft, denn eine der wichtigsten Währungen sind dort nach wie vor Bilder. Auch und vor allem Bilder, die Dominanz über das andere Lager ausstrahlen, weshalb jedes Bild, auf dem ein beliebiger Rechter eine traurige Figur abgibt, seit Jahren durch die Presse geht.

Es wird jedoch bei dem natürlich kleineren Triumph von Pikers jämmerlicher Reaktion auf Hydes Herausforderung bleiben. Er schoss sich, wie von Hyde vermutlich vorhergesehen, auf die wörtliche Interpretation des von Hyde in der satirischen Rolle des wahnsinnigen irischen „Candyman“ Gesagten ein und sprach von einer „Morddrohung eines geisteskranken Nazis. Hyde hatte dieselbe Herausforderung zu einem Boxkampf schon mehrfach an den sich in den sozialen Medien auch beim Kampftraining präsentierenden Piker gestellt; ich vermute, die Überspitzung zu „ich töte dich in deinem Haus“ hatte den Zweck, Piker nun endlich aus der Reserve zu locken, so dass er mit seiner weinerlichen Reaktion das Angebot sowohl anerkennen als auch auf äußerst unsympathische Weise ablehnen würde, woraufhin er schwach und verlogen aussieht. Mehr war hier wahrscheinlich auch nicht rauszuholen. Kann also im Influencer-Boxen trotz einer gewissen RTL-2-Niveau-Außenwirkung politisches Kapital liegen? Wir sehen: Ja, wenn man es klug anstellt. Und natürlich gewinnt.

Shlomo Finkelstein

Shlomo Finkelstein wollte immer schon irgendwas mit Hass machen. Seit 2015 erstellt er als "Die vulgäre Analyse" Videos, und seit 2019 zusammen mit Idiotenwatch den Podcast "Honigwabe".

Belltower News schreibt über ihn: "Da er vorgibt, sein Hass sei rational begründet, sind besonders junge Menschen der Gefahr ausgesetzt, die Thesen für bare Münze zu nehmen und sich so zu radikalisieren."

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