Dunkel
Hell
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Die Revolution beginnt im Gewürzregal

19. Januar 2022
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Meine Chilisoße ist hart nach links abgerutscht. Das hab‘ ich nun davon, beim Kochen mögliches Material für das nächste Antwortvideo laufen zu lassen. Das Zeug ist noch drei rührselige ARD-Beiträge vom Teddybär-Werfen entfernt, wenn‘s hoch kommt. Nichtsahnend griff ich nach der Flasche, um den Fertigramen, die mich am Leben halten, den üblichen kleinen Kick mitzugeben, als mein argloser Blick sich in einem Wortsalat auf der Verpackung verlor:

„Wir finden Vielfalt prima. Denn ohne Vielfalt wäre nichts bunt und hörte sich alles gleich an. Wir mögen das Spektrum der Farben, die Höhe der unterschiedlichen Töne und die Schärfe der verschiedenen Chilifrüchte. Unsere Saucen machen es uns jeden Tag vor. Mit ihren unterschiedlichen Farben und Geschmacksrichtungen finden sie überall auf der Welt ein Zuhause. Hab großen Dank für deine Offenheit und Toleranz.“

Äh – hat meine Hot Sauce mich gerade einen Nazi genannt? „(…) finden sie überall auf der Welt ein Zuhause“, ach du Scheiße. Ihr hättet es doch wenigstens ein klein bisschen zwiespältig lassen können, wie bewusst ihr mit diesen geflügelten Worten um euch werft! Derart desillusioniert von der weltanschaulichen Integrität des Scharfe-Soßen-Gewerbes entdeckte ich selber den Kommie in mir und ermächtigte mich der nötigen Produktionsmittel für meine Gewürz-Emanzipation.

Und so stellte sich dieser Affront meiner Lebensmittel gegen mich im Nachhinein als Glücksfall heraus: Nicht nur war es für mich als Gelegenheitskoch einfacher als gedacht, ähnliche Resultate zu erzielen, wie ich sie von kommerziellen Produkten kannte, es machte auch Spaß, und man spart auf die Dauer einiges an Geld. Es stellt sich nämlich heraus: Hot-Sauce-Hersteller haben eine saftige Gewinnspanne.

Für denselben Preis, den ich für ein kleines 100-Milliliter-Fläschchen zahle, kriege ich die Zutaten für gut einen Liter von dem Zeug. Die Basiszutat, Apfelessig, schmeißen sie praktisch im Laden nach mir, wenn ich meine Maske runterziehe. Dann noch Möhren für die Konsistenz, Zwiebel, Knoblauch, Paprika, Zitrone, etwas Honig und für meinen Geschmack ein bisschen Sternanis – fertig. Kostet alles vergleichsweise gar nichts. Die Chilis sind das Einzige, das sich preislich bemerkbar macht, denn man braucht eine ziemliche Menge. Aber man landet immer noch meilenweit unter dem, was sie einem für ähnliche Mengen kommerzieller Chilisoße aus der Tasche ziehen würden; und jeder Tropfen schmeckt nach Unabhängigkeitserklärung an die Gesinnungstyrannei des Capsaicin-Kartells.

Manchmal kann die Bevormundung der Firmen, auf die man im Alltag zurückgreift, einem also den nötigen Schubser geben, um etwas selbstständiger zu werden. Jetzt muss ich nur noch herausfinden, wie ich meinen eigenen Strom produziere, meine eigene Bank eröffne und meine restliche Nahrung selbst anbaue und verarbeite. Aber der erste und wichtigste Schritt zum selbstbestimmten Leben ist vollbracht. Als Nächstes visiere ich ein weltanschaulich gefestigtes Roboterkampf-Turnier an. Die Revolution hat begonnen.

Shlomo Finkelstein

Shlomo Finkelstein wollte immer schon irgendwas mit Hass machen. Seit 2015 erstellt er als "Die vulgäre Analyse" Videos, und seit 2019 zusammen mit Idiotenwatch den Podcast "Honigwabe".

Belltower News schreibt über ihn: "Da er vorgibt, sein Hass sei rational begründet, sind besonders junge Menschen der Gefahr ausgesetzt, die Thesen für bare Münze zu nehmen und sich so zu radikalisieren."

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