Als Kind habe ich es geliebt, heute geht es mir gehörig auf den Geist: das Silvesterfeuerwerk. Seien es die Raketen, die Batterien oder – die schlimmsten von allen – die Böller aller Art, viel kann ich dem nicht mehr abgewinnen. Mag es daran liegen, dass die kindliche Faszination für bunte Farben in Kombination mit lauten Geräuschen seit Langem verflogen ist oder dass der ganze Lärm für meine Ohren durch ihre Neigung zu schöner Musik nicht mehr bekömmlich ist, mein Verlangen danach ist quasi nicht mehr existent. Eher das Gegenteil ist der Fall: Die ganze Böllerei geht mir ziemlich auf den Geist. Dabei müsste dem nicht so sein!
Ich will hier weniger auf den offensichtlichsten Grund eingehen, der für die ganzen Krawalle verantwortlich ist. Wir wissen es, und die meisten Menschen da draußen wissen (oder ahnen es zumindest) ebenfalls. Der Fall der Berliner Silvesternacht zeigt es deutlich: Dort wurden circa 40 Prozent der erfassten Straftaten von Tatverdächtigen ohne deutschen Pass begangen.
Wie sich die restlichen 60 Prozent deutscher Staatsbürger aufschlüsseln, konnte sich zwar ohnehin jeder denken, wurde aber in einem Artikel von „NIUS“ noch mal deutlich dargelegt. Vielmehr geht es mir darum, dass es in den Gebieten und Regionen, in denen keine Talahons leben, zwar zu weitaus weniger Sachschäden oder bürgerkriegsähnlichen Zuständen kommt, die vormitternächtliche Lärmmacherei aber dennoch immer weiter zunimmt. Kurz gesagt: Auch die Deutschen haben jegliche Disziplin bezüglich dieses Festes verloren. Das ist es, was mich am meisten stört, diese immer mehr raumgreifende Maßlosigkeit und Disziplinlosigkeit meiner eigenen Landsleute. Dass sich die Ausländer zu Silvester nicht benehmen können, ist eine Sache, die schlimm genug ist, bei den eigenen Landsleuten jedoch den Zerfall zu betrachten, ist nicht weniger schmerzvoll.
Dabei mag ich das Prinzip der Silvesterfeier durchaus sehr. Das Alte zu verabschieden, um das Neue zu begrüßen und dabei gleichzeitig das unausweichlich Zyklische zu billigen – das ist ein Ritus, der mir durchaus zusagt. Man blickt auf das Geschehene zurück und versucht, hoffnungsvoll in den neu angebrochenen Kreislauf zu blicken. Auch wenn ich gestehen muss, dass mir die Wahl des 1. Januar als Datum des Neujahrstages eher missfällt. Die Römer der alten Republik zum Beispiel hatten ein Datum, das mir weitaus mehr einleuchtet als das unsrige: den 1. März.
Bereits im Jahre 153 vor Christus jedoch wurde der Amtsantritt der römischen Konsuln – und dadurch der damit verbundene Beginn des neuen Jahres – auf den 1. Januar verlegt. Mit der julianischen Kalenderreform Cäsars (45 vor Christus) wurde dieser Jahresbeginn endgültig für das gesamte Römische Reich übernommen und blieb es in weiten Teilen des Abendlandes. Eigentlich schade, denn wie gesagt ergibt meines Erachtens der 1. März (oder sogar der Frühlingsanfang Ende März) viel mehr Sinn: Im März beginnt der Frühling, da erwacht das Leben in unseren Breiten aufs Neue, erreicht im Sommer seine Blüte, nur um dann im Herbst langsam wieder einzugehen und im Winter wieder seine Ruhe zu finden.
Auch den Lärm und das Licht halte ich für ein gutes Ritual, wenn es denn richtig angegangen wird. Das heißt: Wenn wirklich die Mitternachtsstunde die einzige Zeit wäre, die in dieser Nacht von Lärm und Licht erfüllt wird, hätten wir einen mystischen Ritus, der der Begrüßung eines neuen Zyklus würdig wäre. Aber mittlerweile ist Silvester ähnlich verkommen wie die Weihnachtszeit, die immer mehr kommerzialisiert, entseelt und mit dem Advent verschmolzen wird, so dass allein der sinnlose Konsum im Vordergrund steht, anstatt sich über die zyklische Natur unserer Welt bewusst zu werden.
Deutsche, die sich vermutlich zu Recht über die Teuerung so gut wie aller Lebensbereiche beschweren, kaufen wie wild Unmengen an Feuerwerkskörpern und haben dann nicht einmal die Disziplin, die Selbstkontrolle, mit dem Abbrennen derselben bis zur ersten Stunde des neuen Jahres zu warten. Stattdessen wird man bereits Stunden, teilweise schon mehrere Tage davor mit gezündeten Raketen oder Böllern belästigt – in diesem Jahr war es bei mir so, dass der Unterschied zwischen Mitternacht und den Minuten vor Mitternacht zumindest akustisch kaum wahrnehmbar war.
Will ich jetzt ein „Chud“ sein und den Leuten das Feuerwerk grundsätzlich verbieten? Nein, aber eigentlich ja. Das mangelnde Bewusstsein für alles Rituelle ermüdet mich, und so ruinieren nicht nur die üblichen Verdächtigen wie Talahons das Silvesterfest, sondern auch der gebrochene Deutsche. Dem gilt es irgendwann irgendetwas entgegenzusetzen. Inwiefern sich das durch „Verbote“ korrigieren lässt, kann ich nicht sagen – ich bezweifle es eher, sind doch China- und Polenböller ja eigentlich auch verboten. Der Luft-, Lärm- und restlichen Umweltverschmutzung wäre zwar immerhin deutlich Einhalt geboten, aber leider ersetzen Verbote keinen fehlenden Geist.
Nicht allein zum Jahreswechsel, das gesamte Jahr über giert die Masse nur noch nach lauter Dauerbespassung auf billigstem Niveau.
Wo einst gewachsene Kultur gepflegt wurde dröhnt heute mittlerweile teils mehrmals wöchentlich allerorten der elektrisch verstärkte RockPopBallermanneinheitsbrei der jegliche normale Unterhaltung unmöglich macht. Selbst am Kinderkarussell ballert der Apresskischlager, im Norden des Landes wird Bier mit einer grotesken Karikatur bergländischer Trachten gebechert, und auf süddeutschen Erntedankfesten zeigen brasilianische „Schönheiten“ was sie drauf bzw. nicht an haben.
Derweil man auf Weihnachtsmärkten klassisches Liedgut selbst aus der Konserve kaum noch hört, so diese Verunstaltungen nicht gleich durch ein religionsneutrales „Winter-Wuhu-Wunderland“ ersetzt worden sind.
Es gibt durchaus noch kleine Veranstaltungen die mit Herz & Heimat eine gemütliche Gemeinschaft mit Sinn & Verstand bieten, aber die Mehrheit läßt sich, angeleitet von Macht & Medien, lieber von Krach & Kommerz bespaßen und in ihrer geistigen Leere betäuben.
Viele Exzesse zu Silvester können durch Remigration vermieden werden, ebenso wie der Bedarf für Messerverbote, Waffenverbote etc. Doch davon abgesehen konnte ich auch die „deutsche“ Knallerei noch nie leiden: bei meiner Mutter triggerte das Geballer ein altes Kriegstrauma, und für unsere Tiere ist es eine Qual. Die verkriechen sich in die hinterste Ecke und liegen da zitternd, bis der Krach vorüber ist.
Nun das ist eine mögliche Sicht der Dinge, die ich selbst allerdings kaum nachvollziehen kann.
Daß man den Jahreswechsel vielleicht lieber zum Frühlingsanfang feiern möchte, nun gut.
Natürlich wurden oft vor sehr langer Zeit einige Feiertage irgendwann einmal aus verschiedenen Gründen auf ein bestimmtes Datum festgelegt, die mit ihrem historischen Ursprung nicht mehr übereinstimmen. Für mich gehört der Jahreswechsel in die kalte Winternacht des 31.12. Und gehört ein Tannenbaum überhaupt zu Weihnachten? Ja, sicher bei uns schon – eine schöne Tradition, die für die rechte Stimmung sorgt. Aber verbreitet eben erst grob seit Ende des vorletzten Jahrhunderts. Eine Tradition, die ich nicht missen möchte, weil ich damit aufgewachsen bin. Ein weiteres „Ritual“ mit dem ich aufgewachsen bin war Silvester. Als ich Kind war in den frühen 80ern gingen wir am Silvesterabend mit drei Familien zu Fuß ein paar km durch eine Gartengegend zu einem Restaurant. Auf dem Hin- und Rückweg hatten wir Jungs eine Menge Spaß, weil wir unsere Knaller gezündet haben. Für das „große“ Feuerwerk um 12 hatten wir dann kaum noch was übrig. Wir hatten diesen Spaß – einmal im Jahr! Ich wohnte am Stadtrand und man hatte den ganzen Tag immer mal wieder einen Knall gehört und auch am Folgetag den 1. Januar krachte es immer mal wieder. Na und? Das gab es aus der Sicht meines kurzen Lebens also „schon immer“. Niemand hat darüber größeres Aufhebens gemacht. Die ewigen Nörgler zum Feuerwerksbrauch gab es auch schon immer sowie Organisationen wie „Brot statt Böller“, was ja ein durchaus berechtigtes Anliegen sein mag, solange das jedem selbst überlassen bleibt.
Das Leute „wie wild Unmengen“ an Feuerwerkskörpern kaufen und sich gleichzeitig über die Lebenshaltungskosten beschweren ist schon eine seltsame Bemerkung, die hämisch auch gerne von denen gemacht wird, die das Feuerwerk, wie so vieles andere wie z.B. Autofahren am liebsten ganz verbieten würden.
Gerade wenn es schwerer wird, ist es doch verständlich und aus meiner Sicht auch schön zu sehen, daß die Leute es sich trotzdem noch leisten sich etwas Spaß zu gönnen. Es soll Leute geben, die trotz der hohen Lebenshaltungskosten immer noch Konzertkarten für 100 Euro für irgendwelche Popmusik kaufen. Ja, lasst ihnen doch ihren Spaß. Einmal im Jahr 100 Euro für eine Konzertkarte oder 200 Euro für Feuerwerksspaß konterkarieren doch nicht die Kritik an politisch hochgetriebenen Lebenshaltungskosten, die über das Jahr deutlich teurer zu Buche schlagen als die 3 Packungen Raketen.
Ich habe die „Belästigung“ von zu früh gezündeten Böllern oder Raketen nicht so wahrgenommen. Ich wohne allerdings auch eher ländlich. Aber auch als ich später bei meiner Freundin war (Arbeitersiedlung in einer deutschen Großstadt) fiel mir kein übermäßige Knallen über das übliche Maß hinaus auf. Meine perönliche Wahrnehmnug ist natürlich nicht repräsentativ.
Und das Hauptfeuerwerk ist meiner Wahrnehmung nach immer noch ab 12 für etwa 20 Minuten – und das ist doch schön so.
Nein, ich sehe den Untergang des Abendlandes in anderen Dingen aber ganz und gar nicht darin, daß auch die Deutschen angeblich Ritual- und Traditionsvergessen werden, indem sie ein paar Knaller schon vor 12 Uhr zünden.
Wie trefflich geschrieben. Es ficht einen nur noch an dass diesem Nihilismus immer mehr Raum gegeben wird. Obwohl es in unserer Region (Südthüringen) glücklicherweise immer weniger wird mit der Böllerei. (Gefühlt) Es ist durchaus bezeichnent wie so viele Teile der Gesellschaft dem kollektiven Wahnsinn verfallen.