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„Star Wars“ – Die Zerstörung eines Universums

5. Mai 2023
in 3 min lesen

Gestern war, so verkündete es der Plastikmensch auf allen Netzkanälen, „Star Wars“-Tag. 4. Mai. May, 4th. May the Force be wiz you. Wann hat eigentlich diese popkulturelle Wende stattgefunden? Wann wurden all diese Geschichten und Universen, in denen sich eigentlich nur kleine Jungs heimisch fühlen, kulturelle Referenzen für die Allgemeinheit? Welches Mädchen oder gar welche Frau hat denn um das Jahr 2000 ein T-Hemd mit „Krieg der Sterne“-Aufdruck getragen? Welcher erwachsene Mann hat zur selben Zeit in der Öffentlichkeit damit hausiert, dass er Hunderte Mark für ein Lego-Raumschiff ausgibt?

Bis auf Chef Müller kenne ich keinen, der „Krieg der Sterne“ wirklich ablehnt. Für mich sind die Filme ein fester Bestandteil meiner Kindheit. Ich würde sogar ohne zu zögern so weit gehen und behaupten, dass die Geschichte, die George Lucas mit „Krieg der Sterne“ erzählt, wesentlich mehr ist als popkultureller Ami-Klamauk. Es ist eine Neuinterpretation der klassischen Heldensage: Gute gegen Böse, dazwischen eben kein unüberbrückbarer Abgrund, sondern ein Nebel, in dem sich Helden wie Luke Skywalker orientieren müssen. Die Alten, ob verkörpert durch Obi-Wan Kenobi oder Yoda, geben ihr Wissen an den jungen Skywalker weiter, den entscheidenden Kampf muss er allerdings alleine bestehen. Darth Vader, der gefallene Engel und finstere Bösewicht, besinnt sich im entscheidenden Moment. Er stellt sich gegen seinen dunklen Meister und opfert sich für seinen Sohn.

Diese ganz und gar klassische Erzählung wird seit nunmehr zehn Jahren, seit der Übernahme der Marke „Star Wars“ durch den Disney-Konzern, unter einem Berg von ideologisiertem Müll beerdigt. Eine neue Trilogie, ein paar weitere Kinofilme und unzählige Serien-Spin-offs wurden wie am Fließband produziert und über die Menschheit ausgeschüttet. Nur mal zum Vergleich: 1983 kam „Die Rückkehr der Jedi-Ritter“ in die Kinos, 1999 – also 16 Jahre später – folgte erst „Die dunkle Bedrohung“. In der Zwischenzeit gab es ein paar Romane, ein paar Comics und vielleicht das eine oder andere Videospiel. Das war‘s. Vor allem: Es gab kein YouTube (darauf kommen wir später noch zurück). Sicher, „Krieg der Sterne“ war von Beginn an eine Marke, mit der das Geld regelrecht gedruckt werden konnte. Für die Kinder der 80er und 90er mussten es die schnweineteuren „Krieg der Sterne“-Actionfiguren sein.


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Sicherlich schlugen die Eltern zur selben Zeit bei der bloßen Nennung von „Krieg der Sterne“ genervt die Hände über dem Kopf zusammen, aber immerhin hatten ihre Kinder diese eine stimmige, auf drei Filme aufgeteilte Erzählung. Sie hatten eine in sich geschlossene Geschichte, die essenzielle Werte vermittelte. Darauf konnten sie sich konzentrieren. Heute ist das anders. Und hier kommt YouTube ins Spiel: Dort hat sich unter dem Schlagwort „Fandom“ ein regelrechter Dienstleistungssektor entwickelt. In Aberhunderten Videos erörtern hier völlig im popkulturellen Konsumkosmos aufgegangene Plastikmenschdozenten jedes Detail, jede Sekunde, jede Facette des neuesten „Krieg der Sterne“-Produkts. Jede Banalität wird analyisert, kommentiert und schließlich sublimiert, nur um wenige Tage später im Strudel der „Fankultur“ unterzugehen. Nichts bleibt mehr für sich selbst bestehen, alles muss angegriffelt werden. Auch deswegen sind Lego-Metaphern so passend: Hier wird nichts Neues mehr erschaffen, hier wird höchstens nach Anleitung gebaut. Dann stellt man es ins Regal. Dort verstaubt es, gemeinsam mit dem ganzen anderen Zeug aus der Werbung.

In Tausenden Videos streiten sich Plastikmenschen darüber, ob die neueste Filmtrilogie einfach nur billiger, ideologisierter Ramsch ist oder ob es sich hierbei nicht doch um unterschätzte Meisterwerke handelt. Während sich Reaktionsvideos mit Auspackvideos abwechseln, kündigt Disney die nächste Serie über Nebencharakter 1138 an, und im popkulturellen Schmelzofen erhöht sich die Temperatur. Von außen betrachtet ist das so viel „nerdiger“, also für normale Menschen so viel abschreckender, als alles, was sich zwischen dem Erscheinen von Episode IV (1977) und Episode III (2005) abgespielt hat.

Aber Nerdismus ist ja so etwas wie der kleinste gemeinsame Nenner der westlichen Kulturen. Seit „Big Bang Theory“ ist der Lauch mit Hornbrille und Klugscheißerattitüde ein erstrebenswertes Rollenbild und das hat auch „Krieg der Sterne“ geadelt. Da leuchten die Augen von Soyence-Sören: Raumschiffe und Roboter, das gab es zuvor doch nur bei Harald Lesch.

Folgerichtig muss dieses Universum auch von der Politik bewirtschaftet werden, denn wo zeigt sich die Nähe zum Wähler der Plastikpartei besser, als auf Twitter…

Dass der werte Herr Buschmann hier Grogu fälschlicherweise für Yoda hält, tut in Zeiten des von ihm initiierten Selbstbestimmungsgesetzes nichts zur Sache. Du kannst sein, wer du willst. Außer es gibt Krieg, dann müssen alle Männer zu den Sturmtruppen. Auch T. Ganserer? Egal!

Auch der kanadische Möchtegernimperator hat eine wichtige Nachricht für seine Landsleute. Ganz ehrlich, was kommt als nächstes? Ein #MayThe4thBeWithYou-Tweet des iranischen Ayatollahs?

„Krieg der Sterne“ war mal eine tolle Sache. Vielleicht ist das auch immer noch so, wenn man sich einschließt und den VHS-Rekorder anmacht. Der Zirkus rund um „Star Wars“ hingegen ist nur noch peinlich.

Friedrich Fechter

Nachdem sich Fechter von den beiden Chefs die Leitung der Netzredaktion hat aufquatschen lassen, musste er mit Enttäuschung feststellen, dass die Zeiten von Olymp-Schreibmaschinen und reizenden Vorzimmerdamen vorbei sind. Eine Schreibmaschine hat er sich vom hart erarbeiteten Gehalt trotzdem gekauft. Und einen antiken Schreibtisch. Auf irgendwas muss man im Hausbüro schließlich einprügeln können, wenn die faulen Kolumnisten wieder ihre Abgabefristen versemmeln…

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