Seit über drei Jahren tobt mittlerweile der Krieg in der Ukraine, seit über drei Jahren konnte keine der beiden Seiten ihre Ziele erreichen, eher scheinen sie alle von ihren Zielen weit entfernt: Weder konnten die Angreifer die Ukraine vollständig besetzen oder zumindest einen Regierungswechsel erzwingen, noch konnten die Verteidiger die Russen aus ihrem Land vollständig vertreiben. Die deutsche Regierung unter Ex-Kanzler Scholz hat zwar ihre moralische Unterstützung für die ukrainische Sache stets betont, sich bei der Frage nach einer direkten Einmischung aber stets zurückgehalten.
Mit Merz und der CDU in der Regierung könnte sich das ändern – diese Vermutung gab es bereits lange vor der Wahl, sie scheint sich nun zu bestätigen. Bisher schickte die Bundesregierung nur Waffen an die Ukraine, die das russische Staatsgebiet nicht direkt erreichen können; Kanzler Merz nun sieht von dieser Politik ab: Er folgt dabei einem Beschluss der USA, Großbritanniens und Frankreichs aus dem Herbst 2024, der vorsieht, dass auch Waffensysteme in die Ukraine geliefert werden können, mit denen russisches Territorium direkt angegriffen werden kann. Ein fast radikaler Kurswechsel, den die SPD bisher vermieden hatte, um eine weitere Eskalation der Situation zu vermeiden – die Falken in der CDU hingegen dürften das grundlegend anders sehen; Putin selbst habe es ja allein in der Hand, den Krieg deeskalieren zu lassen.
Die SPD ziert sich noch, jedenfalls fällt die Reaktion der sozialdemokratischen Regierungsmitglieder auf die jüngsten Aussagen des Kanzlers, die neuen Waffensysteme an die Ukraine liefern zu wollen, sehr zurückhaltend aus. Von der linken Opposition gab es ebenfalls Kritik, die Partei Die Linke führt dabei ihre typisch pazifistische Rhetorik ins Feld: Abrüstung, Diplomatie, Verhandlungen. Und sie mögen begründet sein, die Bedenken: Russland könnte das als eine direkte Kriegshandlung betrachten, wenn deutsche Waffen in einem Offensivschlag jenseits des Flusses Don niederhageln.
Allerdings haben sie vorher jegliches deutsches Handeln als Provokation gedeutet und mit Drohungen beantwortet. Es wäre nicht das erste Mal, dass man im russischen Staatsfernsehen ein militärisches Vorgehen gegen Deutschland und andere europäische Mächte fordert – im schlimmsten Falle die Beschießung Berlins mit Atomraketen. Nach drei Jahren wirken diese Drohungen aber langsam leer und impotent, zumal die Konsequenzen eines solchen Vorgehens für Russland katastrophal wären – nicht nur wäre ein offizieller Verbündeter der USA angegriffen worden, sondern jegliche Rückendeckung aus China wäre ebenfalls verspielt.
Natürlich ist die Lieferung reichweitenstarker Waffen in die Ukraine ein Spiel mit dem Feuer, und so sehr ich den „Wertewesten“ auch nicht leiden kann und die Ukraine für ein korruptes Schlangenloch halte: Es waren immer noch die Russen, die das Feuer angezündet haben. Dass einem die momentane russlandpolitische Situation als Rechter nicht schmeckt, kann ich sehr gut nachvollziehen. Auch ich habe kein Interesse an einem Krieg im Osten, gerade weil wir im Inneren so viele Probleme haben – aber eine russische Dominanz an der Ostflanke kann auch keine begrüßenswerte Option sein.
Umso unverständlicher, dass einige „Rechte“ meinen, sie müssten aus Hass auf den linksliberalen Westen sich dem Russen unterwerfen. Der altbekannte Russenstuss hat im Zuge des Merz’schen Kurswechsels erneut unerträgliche Züge angenommen, bis hin zu hirnrissigen Vergleichen des momentanen Kanzlers mit einem gewissen historischen Kanzler – was nichts anderes ist, als sich der Feindrhetorik zu bedienen.
Zu einer Wende im Krieg dürfte die Belieferung der Ukraine mit neuen deutschen Waffen nicht führen. Nicht nur, weil ja ohnehin schon reichweitenstarke Waffen von anderen Ländern geliefert werden, sondern auch, weil die Ukraine alleine keine Kraft mehr hat, großartig offensiv Krieg zu führen. Die tödliche Pattsituation wird daher erst einmal anhalten, die Faustregel „Nothing (ever) happens“ greift einmal mehr. Zur Lieferung von Taurus-Raketen, die von der Ukraine aus zum Beispiel Moskau erreichen könnten, hat sich Merz nämlich nicht geäußert – wohl kaum, weil er etwas Geheimes im Schilde führt. Oder doch?
„nicht nur wäre ein offizieller Verbündeter der USA angegriffen“ – na und? Die USA wird sich da schön raushalten. Ist ja nicht deren Krieg in der EU. (siehe Artikel 5 des Nordatlantikvertrags)
Viele Grüße
Es ist wirklich erfrischend, auf einer rechten Plattform einmal keine Wiederholung russischer, antideutscher Propaganda lesen zu müssen.
Diese ständig ventilierten Vernichtungsfantasien gegen Deutschland von angeblichen Patrioten sind langsam wirklich ermüdend.
Und traurig ist es obendrein, denn es zeigt, dass selbst sogenannte Rechte nicht zwischen der verhassten Regierung und dem deutschen Volk zu unterscheiden vermögen – was nichts anderes ist als eine Übernahme linker Selbstverneinung.
Daher vielen Dank – weniger, weil der Text inhaltlich Neues bietet, sondern weil er zeigt, dass es tatsächlich noch Deutsche gibt.
Beste Grüße