Der Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD läßt keinen Zweifel: Friedrich Merz hat seine CDU endgültig ins rot-grüne Lager geführt und damit entbehrlich gemacht. Noch am 21. Februar, zwei Tage vor der Bundestagswahl, hatte die von Merz geführte Parlamentsfraktion eine Kleine Anfrage an die längst gescheiterte Ampel-Regierung zur Finanzierung von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) gestellt. Von denen hätten mehrere Anfang Februar zu Demonstrationen „nicht einfach nur ´gegen rechtsË‹ aufgerufen“, sondern „ganz dezidiert“ gegen die CDU. Diese Proteste waren die Folge einer gemeinsamen Abstimmung der Union mit der AfD.
Unter dem Titel „Politische Neutralität staatlich geförderter Organisationen“ stellte die Union 551 Fragen zu Vereinen wie Greenpeace, BUND und Omas gegen Rechts – so unter anderem:
„Wie groß ist der Anteil der finanziellen Mittel, der aus staatlichen Förderprogrammen stammt? Gibt es direkte Verbindungen zwischen dem Verein und bestimmten Parteien oder politischen Akteuren?“
Linke und Grüne kritisierten die Anfragen sofort als „Frontalangriff auf die demokratische Zivilgesellschaft“. Das Netzwerk Attac erklärte: „Der zu befürchtende Großangriff auf die emanzipatorische Zivilgesellschaft unter einer Regierung Merz hat begonnen.“ Der Einsatz für soziale Gerechtigkeit und der Kampf gegen Rechts seien der Union offensichtlich „ein Dorn im Auge“. Amnesty International warf der Unionsfraktion vor, sie unterstelle den Nichtregierungsorgnisationen, „eine Schattenstruktur zu sein, die mit staatlichen Geldern indirekt Politik betreibt“.
Damals beantwortete das noch amtierende Finanzministerium auf 83 Seiten die 551 Fragen der Union – allerdings zumeist ohne konkrete Angaben. In einer Vorbemerkung stellte die Ampel-Regierung jedoch fest:
„Der freiheitliche demokratische Verfassungsstaat lebt von zivilgesellschaftlichem Engagement für ein friedliches und respektvolles Zusammenleben und dem Einsatz gegen menschen- und demokratiefeindliche Phänomene.“
Es liege in der Verantwortung des Staates, im Rahmen einer wehrhaften Demokratie für den Erhalt der freiheitlichen demokratischen Grundordnung einzutreten. „Hierzu zählt auch die aktive und passive Förderung bürgerschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Engagements.“ Das könne durch Zuwendungen oder eine Steuerbegünstigung geschehen.
Na also, läßt sich konstatieren, die „Schattenstruktur“ oder, wie es in den USA heißt, der „tiefe Staat“ gegen Rechts ist keine Erfindung hypersensibler Konservativer, sondern alltägliche Realität. „Unsere Demokratie“, wie Linke, Grüne und Liberale die bundesdeutsche Staats- und Regierungsform nennen, hat sich längst zu einer ideologischen Demokratur entwickelt. Auch Merz und seiner CDU ist das alles natürlich bekannt, sonst hätten sie damals nicht die Kleine Anfrage gestellt. Doch im Koalitionsvertrag mit den Sozialdemokraten spielen die 551 Fragen keine Rolle mehr. Jetzt gehören die Trabanten der Union ja wie selbstverständlich zu jener Schattenstruktur gegen die widerborstigen Rechten. Wörtlich heißt es in der schwarz-roten Vereinbarung:
„Wir sind überzeugt, dass wir verstärkt in die Wehrhaftigkeit unserer Demokratie investieren müssen. Wir unterstreichen die Bedeutung der gemeinnützigen Organisationen, engagierter Vereine und zivilgesellschaftlicher Akteure als zentrale Säulen unserer Gesellschaft. Die Unterstützung von Projekten zur demokratischen Teilhabe durch das Bundesprogramm ´Demokratie leben!´ setzen wir fort.“
Im Wahlkampf hatte Merz eine radikale Wende auch in der Asylpolitik versprochen, und zwar von Tag eins seiner Kanzlerschaft an. Daß diese Ankündigung ebenfalls nur heiße Luft war, dürfte jedem klar gewesen sein. Schließlich rechnete niemand mit einer absoluten Mehrheit der CDU, und da Merz eine Koalition mit der AfD ausschloß, blieb nur ein Zusammengehen mit der SPD oder den Grünen. Im Koalitionsvertrag, der unter dem Motto „Verantwortung für Deutschland“ steht, heißt es unmißverständlich: „Deutschland ist ein weltoffenes Land und wird es auch bleiben. Das Grundrecht auf Asyl bleibt unangetastet.“ Das bedeutet, daß die Zuwanderung im wesentlichen weitergehen wird wie bisher. Unter diesen Auspizien dürfte die Wahrscheinlichkeit, daß die CDU stärkste Partei und Friedrich Merz bis 2029 Kanzler bleibt, äußerst gering sein.
Für alle Kritiker dürften gleichwohl ungemütliche Zeiten anbrechen, denn das schwarz-rote Bündnis hat im Koalitionsvertrag sein Waffenarsenal verschärft:
„Wir werden durchsetzen, dass Online-Plattformen ihren Pflichten hinsichtlich Transparenz und Mitwirkung gegenüber der Aufsicht nachkommen sowie eine verschärfte Haftung für Inhalte prüfen…. Gezielte Einflussnahmen auf Wahlen sowie inzwischen alltägliche Desinformation und Falschmeldungen sind ernsthafte Bedrohungen für unsere Demokratie, ihre Institutionen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Die bewusste Verbreitung falscher Tatsachenbehauptungen ist durch die Meinungsfreiheit nicht gedeckt. Deshalb muss die staatsferne Medienaufsicht unter Wahrung der Meinungsfreiheit auf der Basis klarer gesetzlicher Vorgaben gegen Informationsmanipulation sowie Hass und Hetze vorgehen können.“
Wer zwischen den Zeilen zu lesen vermag und sich mit der Doppeldeutigkeit der Wörter auseinandergesetzt hat, weiß, was da im Rahmen der Demokratur auf ihn zukommt, sollte er sich mißliebig zu den Werten „unserer Demokratie“ und deren Repräsentanten äußern.