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Vom moralischen Universalismus des Abendlandes

15. März 2022
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Ist Ihnen, lieber Leser des Krautzone-Onlineblogs, schon mal die Frage gekommen, was das eigentlich soll? Warum wir uns um die Ukraine scheren? Nun gut, zugebenermaßen ist das eine berechtigte Frage, ist Lemberg doch ungefähr genauso weit von Berlin entfernt wie Paris. Aber was ist die Sache mit Afghanistan oder dem Irak? Was interessiert es denn bitte schön den Westler, was irgendwelche afghanischen Ziegenhirten von der Demokratie halten? Klar, einige von Ihnen werden mir jetzt vorhalten, dass die eigentlichen Ziele des Westens geopolitische Fragen waren, um den Einfluss der Russen oder der Chinesen oder von sonst wem zurückzudrängen, aber das ist nur eine Seite der Medaille. Die Kriege der USA haben auch immer einen moralischen Aspekt; den Leuten hier wird immer eine Art heilige Mission für die Demokratie verkauft, den Menschen dort versucht man die Überlegenheit des amerikanisch-westlichen Way of Life zu oktroyieren. Im Grunde genommen ist der heutige US-Imperialismus nicht wesentlich anders als der der Römer oder der europäischen Mächte im 19. Jahrhundert, nur dass er jetzt eben „bunt“ ist.

Das Abendland hat seine Wurzeln in zwei doch sehr unterschiedlichen Moralvorstellungen: Einerseits in der germanisch-römisch-antiken Moral, welche partikularistisch geprägt war und sich häufig nur auf den Stamm konzentrierte. Wenn sie sich ausbreitete, wie im Falle der Römer und Griechen, dann gab es stets eine Art „Einverleibung“ der fremden Kulte in die eigene Religion, ohne dass die fremden Kulte zerstört wurden; deshalb haben auch die Römer fast nur griechische Götter mit anderen Namen, und darum erscheint uns die Antike in religiösen Fragen auch so „tolerant“. Dem gegenüber liegt eine christlich-universalistische Moral, die ihren Ursprung im Orient hat. Dort war es schon zu Alexanders Zeiten üblich, dass sich die Untergebenen ihren Herren vollständig und sich in den Staub werfend unterwarfen. Mit dem allmächtigen Gott der Christenheit ist das nicht anders: Entweder man unterwirft sich ihm, oder man fährt zur Hölle – das jedenfalls wäre die logische Konsequenz aus der Christenlehre, auch wenn Ihnen linke Wohlfühlchristen gern was anderes verkaufen würden. Der christliche Universalismus ging rigoros gegen seine Konkurrenten vor, als Beispiel seien nur die Sachsenkriege Karls des Großen genannt.

Und so wohnen, ach, zwei Seelen in des Abendländers Brust. Auch mir geht es nicht anders: Einerseits denke ich mir, was es mich denn angehe, wenn auf Neuguinea sich zwei Eingeborenenstämme gegenseitig aufessen. Auf der anderen Seite kann ich die „Hottentotten“ nicht als vollwertige Menschen ansehen, solange sie nicht im Stechschritt eine Militärparade abhalten können. Den meisten Europäern ergeht es ähnlich. Das Problem der heutigen Situation ist nur: Der Westen will nicht Ruhe geben, ehe nicht jeder Hinterwäldler in der syrischen Wüste demokratische Werte lebt, wenn dann aber die Moral des Westens erst mal etabliert ist, kommt jene leicht antik angehauchte Laissez-faire-Haltung zum Vorschein, frei nach dem Motto: „Ist doch egal, wenn der Junge Liberale von nebenan seine Schwester vögelt, das stört dich doch nicht?!“

Auch wenn mir Neurechte jetzt vorwerfen werden, dass dies doch eine Unart des Liberalismus sei und ganz und gar nichts mit den alten Germanen zu tun habe: Klar, nicht direkt, aber diese Laissez-faire-Haltung war schon vorher im abendländischen Denken drin, der Liberalismus ist durchaus daraus entstanden und hat sie pervertiert. Der bessere Weg, und ich nehme an, darin sind sich alle Rechten einig, wäre: Wir übernehmen die Laissez-faire-Haltung in außereuropäischen Fragen und lassen die Syrer Syrer sein, völlig egal, ob sie sich gegenseitig totschlagen oder nicht; innerhalb des Abendlandes aber leben wir unseren christlichen Universalismus und hauen denjenigen auf die Finger, die irgendwelche linken und gesellschaftlich-liberalen Projekte umzusetzen versuchen. Das wäre doch eine weitaus schönere Welt…

Fridericus Vesargo

Aufgewachsen in der heilen Welt der ostdeutschen Provinz, studiert Vesargo jetzt irgendwas mit Musik in einer der schönsten und kulturträchtigsten Städte des zu Asche verfallenen Reiches. Da er als Bewahrer einer traditionsreichen, aber in der Moderne brotlos gewordenen Kunst am finanziellen Hungertuch nagen muss, sieht er sich gezwungen, jede Woche Texte für die Ausbeuter von der Krautzone zu schreiben. Immerhin bleiben ihm noch die Liebesgrüße linker Mitstudenten erspart…

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