Wege aus der „Wohlstandsfalle“

10. Juni 2025
in 3 min lesen

Von Tom Kaiser

In den westlichen Staaten glauben die Bürger, Prediger wie im Mittelalter oder ideologische Dogmatiker wie in der Sowjetunion seien ein überwundenes Problem der Vergangenheit. Das stimmt nicht – historische Verrücktheiten wie der christliche Ablaßhandel tauchen in neuem Gewand wie der Klimahysterie wieder auf. Das Problem ist ausgerechnet eine Folge des modernen Massenwohlstandes.

Politische Programme wie Coronamaßnahmen oder Klimarettung werden in den westlichen Staaten gern mit Wissenschaft begründet – „follow the science!“. Die „Wissenschaftlichkeit“ von Politik ist ein recht neues Phänomen – erst seit Ende der 1960er werden zahlreiche Umwelt- und Gesundheitskatastrophen von Aktivisten und Medien penetrant propagiert.

Zahlreiche Internet-Memes listen mittlerweile amüsiert die absurden Weltuntergangs-Erzählungen der letzten Jahrzehnte auf, die zu ihrer Zeit aber von der Mehrheit der Bürger mit bitterem Ernst geglaubt wurden. In einem knackigen Video aus den USA erzählt ein älterer Herr:

„Es ist keine Wissenschaft, es ist Politik!

In den 1960ern hieß es, daß das Erdöl in zehn Jahren verschwunden sein wird.

In den 70ern kam es innerhalb von zehn Jahren zu einer neuen Eiszeit.

In den 80ern gab es den Sauren Regen, der in zehn Jahren alle Ernten vernichten würde.

In den 90ern hieß es, die Ozonschicht würde in zehn Jahren zerstört

In den 2.000ern hieß es, daß alle Gletscher in zehn Jahren schmelzen würden.

In den 2010er Jahren hieß es, daß die Ost- und die Westküste aufgrund des steigenden Meeresspiegels unter Wasser stehen würden.

Nichts von diesem angstmachenden Unsinn hat sich bewahrheitet, aber er führte jedes Mal zu höheren Steuern.“

Dabei sind Untergangs-Erzählungen ein altbekannter Trick von Wissenschaftlern, um Aufmerksamkeit und Förderung zu erhalten. So wurde schon um 1890 vom „Ende des Öls“ fabuliert, oder 1948 in einem Buch vor einer zu großen Weltbevölkerung gewarnt.

Ob Erdöl- oder Bevölkerungspanikmache – vor Mitte der 60er interessierten sich weder Medien noch Bürger sonderlich für die Phantasien von Apokalypse-Autoren. Warum auch? Die Menschen hatten Bombardierung, KZ, Hunger, Krieg, Besatzung, Naziterror und vieles andere erlebt. Sensations-Schlagzeilen wirkten daher nicht besonders. Aber in den 1960ern keimte das Interesse aber schließlich doch auf – was war passiert?

Nach 1950 erlebte vor allem die westliche Welt einen historisch einzigartigen Massenwohlstand. Daß dieser eigentlich begrüßenswerte Umstand auch negative Folgen haben könnte, bemerkten nur wenige. Einer dieser Propheten ist der Soziologe Helmut Schelsky, der als Chronist der westdeutschen Nachkriegsgesellschaft gilt. Als Mitte der 1960er trotz eines historisch einmalig gut funktionierenden und wohlhabenden Gemeinwesens in Westdeutschland immer mehr privilegierte junge Leute den Staat in Frage stellten, klingelten bei Schelsky die Alarmglocken.

Als Soziologe wußte er, daß gesellschaftliche Interessensgruppen immer schon versuchten, sich ein möglichst großes Stück vom gemeinsamen wirtschaftlichen Kuchen zu sichern. So war ihm klar, daß viele Privilegierte den neuen gesellschaftlichen Wohlstand nutzen wollten, um ohne Anstrengung und Arbeit an hohe Posten und Geld zu kommen – wozu sie als „Sozialpriester“ diverse Probleme erfanden, die sie zu lösen versprachen. Schelskys Fazit und passender Buchtitel: „Die Arbeit tun die anderen.“

In einem wenig beachteten Kapitel seines „1984“ erklärt ein Propheten-Kollege Schelskys, George Orwell, wie es zu den diktatorischen Verhältnissen in seiner dystopischen Staatsvision gekommen ist – analog zu Schelsky durch Wohlstand! Der moderne kapitalistische Wohlstand hatte die noch aus dem Mittelalter überkommene 2%-Gesellschaft mit rund 2% reichen Adeligen, ein paar Funktionseliten wie Priester, Händler oder Gelehrte, und etwa 90 % teils darbenden Bauern und Handwerkern war auf den Kopf gestellt.

Mehr als genug zu essen, Häuser mit Bad und WC, Automobile, Urlaubsreisen – alles, was (wenn überhaupt) früher nur den Reichen zur Verfügung stand, konnten sich nun die meisten Bürger leisten. Stellen Sie sich zur Veranschaulichung nur einen modernen Flughafen vor, in dem Tausende Fluggäste, ob Millionär oder Klempner, alle dasselbe tun: in den Urlaub fliegen – sogar in ein und derselben Maschine. Man muß nicht George Orwell heißen, um sich vorstellen zu können, daß einigen Privilegierten das gar nicht gefällt und sie daher politische Maßnahmen wie „Klimaschutz“ unterstützen, die für etliche Mitbürger Urlaubsflüge zunehmend unerschwinglich machen.

Ob Krieg, Corona oder Klimawandel – die Mechanismen der Rück-Umwandlung eines Gemeinwesens mit Massenwohlstand in eine 2%-Gesellschaft sind unabhängig von der jeweils propagierten Ideologie. Es braucht nur überzeugend dargestellte Krisen, damit die Mehrheit der Bevölkerung es glaubt.

Dazu ist keine elitäre Verschwörung nötig, die oft behauptet wird – Menschen mit ähnlichen Interessen handeln schlicht ähnlich. Es ist ein sich selbst organisierendes System von Profiteuren, die nach Schelskys Modell dazu tendieren, eine immer totalitärer werdende Propaganda für diverse Profitmodelle zu betreiben.

Paradoxerweise scheint dieser Effekt dem Industrie-Massenwohlstand inhärent zu sein – der Erfolg trägt wie so häufig den Keim seiner Zerstörung in sich. Eine freiheitlich-kapitalistische Demokratie, die eine Zukunft haben will, braucht neuartige Sicherheitsmechanismen, die verhindern, daß elitäre Interessensgruppen mit Katastrophen-Propaganda mit Erfolg Profite machen können.

Gastautor

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2 Comments Schreibe einen Kommentar

  1. Es ist eine interessante Theorie, dass es Interessengruppen gibt, die den Pöbel von Urlaub, Reisen und Wohlstand fernhaben möchten, um selbst wieder Snob sein zu können.
    Sicherlich mag es solche Menschen geben, wobei ich es für wahrscheinlicher halte, dass die eigentlichen Interessen wie gehabt monetärer Natur sind und/oder machtpolitisch geleitet werden.

    Man kann recht gut auskommen, wenn man für sich und seine Klientelgruppen Posten/Arbeit beschafft und das warme Gefühl im Bäuchlein, zu den Guten zu gehören, ist da ein schöner Bonus.

    Ich will aber auch noch den Fokus auf einen Punkt lenken, den ich persönlich erlebt habe: den sauren Regen.
    Vor meiner Zeit waren die Leinen zum Aufhängen von Wäsche schwarz von Rus, dann kamen Filter und zogen den Rus aus den Schloten.
    Da dieser basisch war, Gase wie Schwefelverbindungen jedoch sauer, wurde die Pufferwirkung unterbunden und was übrig blieb, war sauer.
    So die Theorie, wie das ganze funktioniert.

    Ich komme aus der Landwirtschaft, habe das ganze auch noch weitergehend „gelernt“, die Theorie wird dadurch gestützt, dass zu der Zeit keine Schwefeldüngung nötig war, es nun aber ist, wo die sauren Gase ebenfalls herausgefiltert werden.
    Gleichzeitig rosten Weidezäune nicht mehr durch und ich denke, die Materialeigenschaften des Drahtes werden sich nicht signifikant verbessert haben.
    Kurz: ich kann das sehen.

    Die Warnung vor Hungersnöten sind sicherlich übertrieben gewesen und waren politisch/weltanschaulich getrieben, aber das Phänomen existierte… und wurde technisch gelöst.

    Man muss sicherlich nicht über jedes Stöckchen springen, das einem hingehalten wird, gleichsam sagt das aber nichts über die Echtheit über so manches Stöckchen aus.

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