Liebe Kraz-Gemeinde,
es ist Weihnachten und das bedeutet: Es ist Festzeit! In den letzten Wochen wiesen uns die Supermarktregale, Hausdekorationen und medialen Angebote auf diese besondere Zeit im Jahr hin. Weihnachten ist die Zeit von Familienfeiern, leckerem Braten, Plätzchen (im schwäbischen auch gern „Gutsle“ genannt) und jeder Menge Geschenke. Mit zweieinhalb Feiertagen schützt sogar der Staat dieses wichtige Fest. Das ist auch wichtig, denn eine Kultur und eine Gesellschaft braucht gemeinsame Festzeiten. Man findet sie in den unterschiedlichsten Kulturen und sie zeigen an, was diesen wichtig ist. Oftmals werden die zentralen Narrative einer Kultur an den Festtagen erzählt, dargestellt und gefeiert. Genau hier möchte ich heute ansetzen. Was ist eigentlich unser Weihnachtsnarrativ? Was ist unser Kulturnarrativ? Ist Weihnachten das Fest des Konsums? Ist es das Fest der Liebe oder des Friedens? Der Familie?
Aber was ist, wenn meine Familie in Trümmern liegt? Was ist, wenn ich mich in einem Scheidungsprozess befinde oder in meiner Familie niemand mehr mit dem anderen spricht? Was ist, wenn mir die ganzen Umstände und die politischen Entwicklungen keine Ruhe lassen? Wenn ich voller Sorge auf das nächste Jahr schaue und wachsende Kriminalität oder eine schrumpfende Wirtschaft auf mich zukommen sehe? Habe ich dann wirklich Frieden? Ist Weihnachten da nicht einfach ein dünner und durchsichtiger Lack über dem kaputten und desolaten Zustand unseres Landes, unserer Welt, unserer Familien und unserer Seelen?
Ja – gegen echte Verzweiflung und echten Unfrieden helfen keine billigen Spekulatiuspackungen und bunten Lichterketten. Es gibt aber eine weihnachtliche Antwort, die mehr bietet, als ein bisschen Konsum und seltsame Weihnachtspullies. In der ersten Strophe des Weihnachtsliedes „O du fröhliche“ heißt es
„Welt ging verloren, Christ ist geboren – freue dich O Christenheit“.
Die Bibel ist kein harmloses Märchenbuch. Sie sieht dem Zustand unserer Gesellschaft und der ganzen Menschheit direkt ins Gesicht. Nach der Sintflut sagt Gott „das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend auf“ (Gen 8,21) und im Neuen Testament fasst Paulus den Befund des Alten Testaments zusammen wenn er schreibt:
„Da ist kein Gerechter, auch nicht einer; da ist keiner, der verständig ist; da ist keiner, der Gott sucht. Alle sind abgewichen, sie sind allesamt untauglich geworden; da ist keiner, der Gutes tut, da ist auch nicht einer. Ihr Schlund ist ein offenes Grab; mit ihren Zungen handelten sie trügerisch. Viperngift ist unter ihren Lippen. Ihr Mund ist voll Fluchens und Bitterkeit. Ihre Füße sind schnell, Blut zu vergießen; Verwüstung und Elend ist auf ihren Wegen, und den Weg des Friedens haben sie nicht erkannt. Es ist keine Furcht Gottes vor ihren Augen.“
Römer 3,10-18
Klingt aktuell oder? Die Bibel leugnet nicht den Zustand dieser Welt, aber in der Weihnachtsgeschichte hat sie dem etwas entgegenzusetzen. Bei der Ankündigung von Jesu Geburt sagt der Engel zu Josef:
„Sie (Maria) wird einen Sohn gebären, und du sollst seinen Namen Jesus nennen, denn er wird sein Volk retten von seinen Sünden.“
Matthäus 1,21
Oder wieder mit der nächsten Strophe von „O du Fröhliche“:
„Christ ist erschienen, uns zu versühnen. Freue dich o Christenheit.“
Die Weihnachtsgeschichte der Bibel ist die Geschichte unseres Schöpfers, der uns geschaffen hat und besser kennt als jeder andere. Er hat die Menschheit mit all ihren Völkern und Kulturen geschaffen und liebt sie. Er sieht aber auch ihren kranken und kaputten Zustand. Ihre Zerrissenheit, ihren Streit und ihre Sünde. Auch sieht er ihre Gottlosigkeit und ihren Götzendienst. Er begnügt sich aber nicht mit Zuschauen oder dem Vernichten der gescheiterten Menschheit, sondern sendet seinen Sohn um uns zu erlösen.
Für Gott sind wir so kostbar, dass er das, was er am meisten liebt, in unsere Welt sendet. Er sendet Jesus um sich selbst hinzugeben. In Jesus nimmt er unsere Bosheit und Schuld auf sich, damit wir Frieden mit ihm haben dürfen. Diese Weihnachtsbotschaft wird seit 2000 Jahren geglaubt. Sie wird aber auch seit 2000 Jahren verfolgt, missbraucht und entstellt. Sie gibt dem, der sie aufnimmt und glaubt, Ewiges Leben, Hoffnung und Frieden mit Gott. Sie verändert aber auch Menschen und ganze Gesellschaften.
Vielleicht ist es Zeit für unsere Gesellschaft und jeden Einzelnen die Götzen von Konsum, Kitsch und sentimentalen aber inhaltsleeren Weihnachtsfilmen aus dem Zentrum dieses Festes zu stoßen und der originalen Weihnachtsgeschichte, dem bewussten Singen von Weihnachtsliedern und einem christlichen Gottesdienst wieder Raum zu geben. Vielleicht ist es Zeit, die Adventszeit nicht in Litern von Glühwein zu ertränken, sondern die Stille und Besinnung zu suchen, den Frieden mit Gott in Gebet und Schuldbekenntnis und den Frieden mit den Mitmenschen im Gespräch. Vielleicht ist es Zeit, denjenigen aufzunehmen und zu suchen um dessen Geburtstag es eigentlich geht.
In diesem Sinne wünsche euch alle ein fröhliches und besinnliches Weihnachtsfest.
Amen.