Von Dan Eriksson
Vorrede der Redaktion: Die Schwedendemokraten (SD) wurden bei der schwedischen Parlamentswahl 2022 mit 20,5 Prozent zweistärkste Kraft. Sie konnten mit dem starken Ergebnis ein Fortführen der linken Politik vorerst stoppen und eine Regierungsbildung der Altparteien verhindern. Nach zähen Verhandlungen bildete sich eine bürgerliche Minderheitsregierung aus drei Parteien – die SD duldet die Regierung aus der Opposition heraus. Von Seiten der Schwedendemokraten wollte man hauptsächlich Einfluss auf die Bereiche Migration und Sicherheit ausüben und die Bürgerlich-Konservativen besser kontrollieren.
Seit über zwei Jahrzehnten haben sich die SD von einer nationalistischen Randbewegung zu einer bedeutenden politischen Kraft entwickelt. Mit einer festen Haltung zu Einwanderung, Kriminalität und nationaler Souveränität positionierten sich die SD als letzte echte Opposition zum schwedischen Establishment. Doch heute steht die Partei vor ihrer größten Krise – nicht durch äußere Feinde, sondern aus den eigenen Reihen.
Es braut sich eine Rebellion zusammen. Die jüngste Kontroverse über die eine Verschärfung des Waffengesetzes hat tiefe Risse innerhalb der SD offenbart und eine offene Revolte gegen die Parteiführung ausgelöst. Als die SD das von der Regierung vorgeschlagene Verbot von Gewehren des Typs „AR-15“ (halbautomatisches Gewehr) unterstützten, ging ein Ruck durch die Partei. Die wütenden Mitglieder sahen darin einen direkten Verrat, einen Beweis dafür, dass die SD die Prinzipien, die sie einst auszeichneten, aufgibt.
Die Reaktion kam unmittelbar. Richard Jomshof, der Vorsitzende des Justizausschusses, trat aus Protest zurück. Tobias Andersson und Adam Marttinen verurteilten öffentlich die Parteiführung. In ganz Schweden scherte die SD-Basis aus – 24 von 27 Bezirken unterzeichneten einen Protestbrief gegen die Parteiführung, in dem eine Kurskorrektur gefordert wurde. Hinter verschlossenen Türen wird bereits über einen Führungswechsel diskutiert. Auch mehren sich die Gerüchte über einen internen Putsch gegen Åkesson. Ein sofortiger Sturz scheint zwar unwahrscheinlich, aber der Druck auf die Führung wächst. Die Partei, die einst für ihre eiserne Disziplin bekannt war, steht nun vor einem offenen Krieg zwischen ihren Fraktionen. Jimmie Åkesson wurde einst als Architekt des Erfolgs der SD gefeiert, doch nach Jahren des Pragmatismus und der Kompromisse sehen viele ihn jetzt als Belastung an. Die SD stehen an einem Scheideweg.
Der tragische Massenmord in Örebro hat die Debatten über Kriminalität und öffentliche Sicherheit aktuell neu entfacht. Der Angreifer – psychisch labil und in psychiatrischer Behandlung – benutzte legale Schusswaffen. Doch anstatt die wirklichen Probleme anzugehen – Schwedens kaputtes psychiatrisches Gesundheitssystem und die versagende Strafverfolgung zu reformieren – tat die Regierung, was sie am besten kann: ablenken und gesetzestreue Bürger entwaffnen. Und die SD spielten mit.
Mit der Unterstützung des Verbots von Gewehren des Typs AR-15 reihte sich der SD in die symbolische Politik des Establishments ein. Das Verbot hilft nicht, die tatsächlichen Kriminellen zu stoppen, die sich ihre Waffen illegal beschaffen. Der Schütze von Örebro hat nicht einmal ein AR-15 benutzt, was die Haltung des SD noch verwirrender macht. Beim Vorstoß der Minderheitsregierung ging es nie um die öffentliche Sicherheit, sondern nur um Symbolpolitik.
Jahrelang haben sich die SD für die Rechte gesetzestreuer Waffenbesitzer eingesetzt und sich als Verteidiger der ländlichen Traditionen Schwedens präsentiert. Noch im Jahr 2022 versprachen die SD, die Waffenrechte zu schützen. Sie versprachen, gegen unnötige Vorschriften zu kämpfen, die sich gegen gesetzestreue Bürger richten. Das Verbot von diversen halbautomatischen Gewehren ist deshalb nicht nur ein politischer Fehltritt – es ist ein regelrechter Verrat an der Wählerschaft der SD. Doch in dem Moment, als das Establishment die Verschärfung der Vorschriften forderte, gaben die SD nach. Das Verbot wird weder die Bandengewalt eindämmen noch die Flut illegaler Waffen, die nach Schweden strömt, stoppen. Es wird auch nicht die Netzwerke zerschlagen, die Schusswaffen über die Grenzen schmuggeln. Vielmehr werden verantwortungsbewusste Bürger entwaffnet, während Kriminelle ungeschoren aufrüsten können.
Beim aktuellen Streit geht es nicht nur um Waffengesetze. Die jüngsten Schritte der SD deuten auf eine umfassendere Veränderung hin: Eine Partei, die sich einst damit brüstete, eine kompromisslose Alternative zu sein, ist nun auf der Jagd nach der Zustimmung des Mainstreams. Wenn die SD den Weg der Anbiederung weiterverfolgen, werden sie nicht nur ihre Wähler verprellen, sondern auch von den traditionell konservativen Parteien, die sie einst bekämpften, nicht mehr zu unterscheiden sein. Die Hinwendung der SD zum politischen Mainstream hat viele ihrer ursprünglichen Unterstützer vor den Kopf gestoßen. NATO-Mitgliedschaft? Einst undenkbar für die SD – jetzt Realität unter einer DS-Regierung (Anm. d. Red.: Schweden trat im März 2024 der NATO bei). Zusammenarbeit mit der EU? Die SD folgen zunehmend der Linie Brüssels. Rückführungspolitik? Es wurden Versprechungen gemacht, aber die Zahlen sprechen eine andere Sprache.
Denn trotz all ihrer Rhetorik ist es der SD auch nicht gelungen, Schwedens Bevölkerungsaustausch aufzuhalten. Ja, die Zuwanderung von Asylbewerbern ist zurückgegangen, aber die Gesamtzuwanderung bleibt auf einem historisch hohen Niveau. Der einzige Unterschied? Jetzt geht es hauptsächlich um Familienzusammenführungen und Arbeitsmigration. Die schwedische Staatsbürgerschaft – einst ein Privileg – wird wie Spielzeug in einer Müslischachtel verteilt. Die Einbürgerungsgesetze sind nach wie vor schockierend lax und beschleunigen das, was viele als unumkehrbare demografische Verschiebung betrachten. Der große Austausch verlangsamt sich nicht – er findet in Echtzeit statt.
Åkesson hat die SD zwar in ein politisches Kraftzentrum verwandelt, aber damit auch möglicherweise ihre Identität zerstört. Ähnlich wie Marine Le Pens Nationale Sammlungsbewegung in Frankreich spielt die SD das Spiel des Establishments mit – sie versucht, respektabel zu erscheinen, anstatt für echte Veränderungen zu kämpfen. Aber die Wähler der SD wollen keine „respektable“ Opposition. Sie wollen Ergebnisse und eine Partei, die sich weigert, sich den wechselnden politischen Winden zu beugen. Doch stattdessen verwandeln sich die SD in eine gemäßigte Mitte-Rechts-Partei – ein weiteres Rädchen im Getriebe des Establishments. Schweden braucht keine weitere gemäßigte konservative Partei. Es braucht keine weitere Establishment-freundliche Opposition. Es braucht eine Bewegung, die sich weigert, Kompromisse einzugehen. Die SD muss sich entscheiden: Sich auf ihre nationalen Wurzeln besinnen und für das schwedische Volk kämpfen? Oder ihren Abstieg in die Mainstream-Politik fortsetzen und ihre Basis für immer verlieren. Die Uhr tickt.
Der Originalartikel erschien hier: https://english.daneriksson.com/p/the-crisis-in-the-sweden-democrats
„Halbautomatische Waffe“ Ja natürlich, wie jede zivile Waffe und eben nicht vollautomatisch wie bei Kriegswaffen. Klingt aber natürlich reißerisch und gefährlich. Bedeutet aber eben eine Einschränkung und macht die Waffe damit weniger gefährlich.
Interessanter Artikel. Von den inner-politischen Verhältnissen welche nicht gerade in Deutschland oder den USA herrschen, kriegt man oft nicht sooo viel mit (selbst bei den USA hält es sich in Grenzen) und das macht solche Artikel die parteipolitische Aspekte in anderen Ländern beleuchten, umso interessanter. Gerne mehr davon!