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Zero Covid in China

2. Dezember 2022
in 3 min lesen

Was ist denn gerade in China los? Dass die Volksrepublik nicht unser Freund ist, ist hoffentlich jedem in der oppositionellen Rechten bewusst (auch wenn einige SolPats vom „chinesischen Modell“ schwärmen beziehungsweise geschwärmt haben); spätestens die jüngsten Ereignisse sollten die letzten Schwärmer für die Volksrepublik der Mitte aus ihren chinesischen Träumen reißen. Die Regierung in Peking setzt nämlich mit aller Gewalt eine Zero-Covid-Politik durch: Man darf seine Wohnung nicht verlassen (bei Zuwiderhandlung wird man verhaftet), Roboter und Drohnen kontrollieren die Straßen, und bei einer (vermeintlichen) Infektion wird man in ein Isolationscamp geschickt. Die Polizei läuft derweil in weißen Schutzanzügen durch die Gegend. Ein wahrhaft dystopisches Szenario, welches sich dort abspielt. Nicht einmal die sonst eher hörigen Chinesen lassen sich das mehr gefallen: Im ganzen Land gibt es massenhaft Proteste gegen die Zero-Covid-Maßnahmen der Regierung, gegen die die staatliche Gewalt mit allen Mitteln vorzugehen versucht. Manche Medien sprechen von den größten Unruhen seit den Protesten von 1989, die im berühmten Tian’anmen-Massaker vom 4. Juni endeten. So wie man die chinesische Regierung kennt, dürfte sie im Falle der heutigen Proteste kaum zimperlicher handeln.

So weit die Lage in Fernost, wo der Große Bruder jeden einzelnen Bürger genauestens im Blick hat; doch auch an der Schönen Neuen Welt, in der wir leben müssen und in der bekannterweise dystopische Zustände herrschen, möchte ich kein gutes Haar lassen. Dass Regierungen im Westen in der Corona-Geschichte großen Mist gebaut haben, ist klar. Dass sie sinnfreie Maßnahmen getroffen haben, ist klar. Auch dass sie die Leute gedrängt haben, einen experimentellen Impfstoff zu nehmen (und das bis zu vier bis fünf Mal), ist ebenfalls klar. Die Verlogenheit der herrschenden Elite wird aber im Zusammenhang mit der Berichterstattung über China erneut auf die Spitze getrieben: Die Berichte über die Demonstranten und deren Unruhen in so gut wie allen westlichen Medien sind durchweg regierungskritisch und pro Protestler, auch westliche Politiker äußern ihren Unmut über die Situation in der Volksrepublik und kritisieren die Zero-Covid-Politik Pekings. Schon merkwürdig, nicht? Waren viele der jetzigen Kritiker in den letzten zwei Jahren nicht allzu häufig Befürworter scharfer Maßnahmen? Vergisst man nicht, dass manche Staaten der westlichen Hemisphäre wie Australien noch weit mehr übertrieben als unsereins und ebenfalls Isolationslager aufbauten? Gab es nicht auch hier teils gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Polizisten und Demonstranten? Und haben westliche Regierungen die Proteste nicht ebenfalls von Anfang an diffamiert?



Natürlich, es ist der tausendste Doppelstandard, den die Elite macht. Das ist nun wirklich kein neues Lied, und sich darüber aufzuregen bringt weder uns weiter noch sie zu Fall. Zumindest fürs Erste. Die interessante Sache hierbei ist doch: Warum berichtet man so intensiv über China? Es muss doch hierfür einen Grund geben, und ich denke, es sind vielleicht sogar zwei:

1.) Man kann leicht mit dem Finger auf die Chinesen zeigen: „Seht her, so sieht eine wahre Corona-Diktatur aus, ihr Spinner!“, wird es heißen. Ja, die chinesische Regierung geht mit brutalsten Mitteln gegen die Zivilbevölkerung vor und isoliert zum Beispiel ganz bewusst Kinder von Eltern. Die Gewalt bei den Chinesen ist offensichtlich, dort gibt es klare Freunde und Feinde: Die chinesische Staatspolizei haut deinen Mitstreitern die Nase ein, sie ist ergo der Gegner. Im Westen wird bekanntlich anders vorgegangen; hier muss man höchstens im äußersten Notfall jemandem die Nase brechen. Die Unterjochung funktioniert nicht über direkte Gewalt, sondern über Propaganda und Psychoterror, quasi über weiche, „weibische“ Maßnahmen. Die Berichterstattung über China ist ein Teil dieser Strategie: Die Gewalt dort scheint die Maßnahmen hier zu relativieren, dabei ist ohnehin von Anfang an eine andere Methode zur Machtausübung vorgenommen worden. Die sanfte Dekonstruktion ist bei uns an der Tagesordnung; in China wird mit Knüppel und Gewehr die Opposition unterdrückt, im Westen mit dem Therapiestuhl. Und um das zu verschleiern, kommen die Proteste der Elite gerade recht.

2.) Möglicherweise steckt auch eine geopolitische Komponente dahinter. In letzter Zeit ging die Volksrepublik sehr harsch gegen Taiwan vor, welches sie als legitimen Teil ihres Staatsgebietes betrachtet. Noch steht Taiwan unter der Protektion der Amerikaner, aber die Schwäche der USA zeichnet sich ab. Bald könnte es zum offenen Konflikt kommen, ähnlich wie in der Ukraine. Daher wäre eine Stimmungsmache gegen die Volksrepublik geeignet, die kriegsskeptische Bevölkerung im Westen auf einen neuen Konflikt vorzubereiten. Gleichzeitig kann man die Proteste, ähnlich wie im Iran, als Fünfte Kolonne zur Unterhöhlung der Machthaber nutzen, um das Land zum Teil von GloboHomo, Inc. zu machen und gleichzeitig als Konkurrenten loszuwerden.

Vielleicht ist das Ganze aber auch nur eine große Ablenkung, um wirklich vom eigenen Versagen im Westen das Augenmerk zu nehmen. Wer weiß. Schließlich darf man Chinas Macht auch nicht überschätzen; so werden die Chinesen in den nächsten Jahren die Folgen ihrer katastrophalen Ein-Kind-Politik, die einen gefährlichen Männerüberschuss in der jüngeren Generation hervorbrachte, zu spüren bekommen. Von daher heißt‘s: Abwarten – was bleibt uns in Bezug auf China auch sonst viel übrig? –, Tee trinken und unserem Staat misstrauen.

Fridericus Vesargo

Aufgewachsen in der heilen Welt der ostdeutschen Provinz, studiert Vesargo jetzt irgendwas mit Musik in einer der schönsten und kulturträchtigsten Städte des zu Asche verfallenen Reiches. Da er als Bewahrer einer traditionsreichen, aber in der Moderne brotlos gewordenen Kunst am finanziellen Hungertuch nagen muss, sieht er sich gezwungen, jede Woche Texte für die Ausbeuter von der Krautzone zu schreiben. Immerhin bleiben ihm noch die Liebesgrüße linker Mitstudenten erspart…

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