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Antoine de Saint-Exupéry – Träumer in den Wolken

30. August 2019
in 4 min lesen

„Der Kleine Prinz“ gilt als eines der bekanntesten Bücher aller Zeiten. Warum wir den Autoren dieses weltberühmten Werkes guten Gewissens für unsere Reihe Reihe „Konservative Hipster“ vereinnahmen, erklärt euch Florian Müller im folgenden Artikel.

Antoine de Saint-Exupéry wurde 1900 in Lyon geboren. Das macht ihn zu einem waschechten Franzosen. Dem zweiten nach Montherlant in dieser Reihe. Wir bitten um Entschuldigung und geloben Besserung. Trotzdem wollen wir dir diesen herausstehenden Mann vorstellen.

Der adlige Saint-Exupéry verbringt seine Kindheit und Jugend in diversen Schulen und Internaten. 1917 geht er in eine Vorbereitungsklasse nach Paris – fällt aber wegen mangelnder Disziplin und schlechter Noten auf. Was machen schlechte Schüler? Sie wollen zum Militär! Auch das ist nicht von Erfolg gekrönt. Angeblich rasselt er zweimal durch die Aufnahmeprüfung der Marineoffiziersschule – weil er im Fach Literatur nicht besteht. Der anschließende Versuch eines Architekturstudiums scheitert nach einigen Semestern. „Er  hungert sich durchs Leben“, so die spätere Einschätzung, hangelt sich von schlecht bezahltem Job zu schlecht bezahltem Job. Irgendwann schmeißt er das Studium hin. 1921 ist es dann endlich soweit: Saint-Exupéry findet seinen Weg in den Himmel. Naja, fast. Zuerst muss er als Flugzeugmechaniker in Straßburg sein Geld verdienen und nimmt von seinem Ersparten private Flugstunden.

Nachdem er den zivilen Luftführerschein besteht, wird Saint-Exupéry in der Offiziersschule angenommen und zum Flieger ausgebildet. Dort entstehen auch seine ersten Aufzeichnungen des Essaybandes „Wind, Sand und Sterne“ über Kameradschaft, mystische Erlebnisse und den Kampf, oder besser gesagt den Tanz mit der Natur. Einige Abenteuer und Abstürze später, gerade das Kurierfliegen war damals sehr unsicher, versucht sich Saint-Exupéry auf Drängen seiner Verlobten am Schreibtisch und als Lastwagenfahrer. Das normale Leben hält er nicht lange aus – 1926 beginnt er wieder für eine Flugschule zu arbeiten – kämpft sich nach oben, bis er 1929 Betriebsdirektor der Fluggesellschaft „Aéropostale“ wird.

Bis zum Krieg betätigt er sich weiter als Flieger oder arbeitet auf Vortragsreisen und intensiviert sein Schreiben nach Abstürzen in den 30er Jahren, die er zumeist unbeschadet übersteht. Sein regulärer Einsatz im zweiten Krieg ist so kurz wie der gesamte französische. Er muss mit seinem Fliegerbataillon nach Algier, die Truppe wird aufgelöst, er geht ins amerikanische Exil und lässt seine Frau im besetzten Frankreich. 1944 kehrt Exupéry wieder nach Algerien zurück und fliegt, obwohl sein zu hohes Alter einen Einsatz eigentlich verbietet, für die Alliierten als Aufklärungsflieger.

Immer seltener werden Flüge des damals bereits weltberühmten Autors genehmigt. Doch der alternde Sturkopf setzt sich oft durch. So auch am 31. Juli 1944, zum letzten Flug seines Lebens. Exupérys Maschine verschwindet, löst sich schlichtweg in Luft auf. Für möglich hielt man den Selbstmord Saint-Exupérys. Starke Depressionen quälten den Autor, der sich nicht mit dem Ende als Pilot abfinden konnte. Fragen wir doch Saint-Exupéry selbst, was er vom Freitod hält: „Ich habe einen Fall von Selbstmord erlebt. Irgend ein Liebeskummer trieb den jungen Menschen dazu, sich mit der größten Genauigkeit die Kugel mitten ins Herz zu jagen. Gegenüber diesem kläglichen Schicksal erinnere ich mich eines wirklichen Männertodes, des Sterbens eines Gärtners, der mir sagte: ,Wissen Sie, manchmal habe ich beim Graben wirklich geschwitzt und das Reißen im Bein war kaum auszuhalten. Und heute, da möchte ich graben; nichts kommt mir schöner vor, als das Land umgraben.´ „

Man mag anführen, dass sich Meinungen ändern, Literaten auch nur Literaten sind oder ein depressiver Mittvierziger nicht mehr viel mit einem energischen Mittzwanziger zu tun hat. Die Spekulationen nahmen kein Ende: Emigration, Absturz, Abschuss und nicht wenige Leser, Freunde und Angehörige beendeten die Diskussion mit dem Verweis, Saint-Exupéry lebe in den Sternen bei seinem kleinen Prinzen. 1998 dann die Wende: Ein Fischer in Marseille entdeckt ein Silberarmband in seinen Netzen: Das Armband des Fliegers. Nach jahrzehntelanger, erfolgloser Suche im falschen Gebiet vermutet man nun die Flugroute mit einer möglichen Absturzstelle vor der französischen Hafenstadt. Wrackteile werden schließlich geborgen und eindeutig der Maschine des Franzosen zugeordnet. Ein Abschuss wird immer wahrscheinlicher, da deutsche Fliegerverbände Ende Juli 1944 noch im Süden Frankreichs stationiert waren.

Mit den neuen Koordinaten suchen Historiker die Überlebenden der deutschen Jagdfliegerstaffel auf und werden schließlich fündig: Horst Rippert, Mitglied der „Jagdgruppe 200“, bekam am 31. Juli 1944 einen Aufklärungsauftrag mit seiner Messerschmitt 109, entdeckte in deutschem Luftgebiet eine allein fliegende Lockhead-Lightning und schoss den Flieger ab. Einige Tage später erfuhr Rippert vom Verschwinden Saint-Exupérys, wenn auch in deutlicher Entfernung zu seinem Luftkampf. Er quält sich über sechzig Jahre mit dem ungewissen Verdacht, sein Idol abgeschossen zu haben. Exupérys Essays und Erzählungen über Fliegen, Kameradschaft und Männlichkeit waren zu diesem Zeitpunkt schon weltweit bekannt und begeisterten eine ganze Generation junger Piloten – über alle Grenzen hinweg.

In einer Dokumentation aus dem Jahr 2008, als sich der letzte Nebelschleier lichtete, sagt der greise Rippert den Tränen nahe: „Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich bestimmt nicht geschossen. Auf diesen Mann nicht.“ Warum zählen wir Saint-Exupéry zu den Konservativen? Er stellte sich gegen den rechten Staatschef Frankreichs, Marshall Pétain, kämpfte für Menschlichkeit und Miteinander, bewunderte Berber und Muslime. Er liebte den Fortschritt und die Technik und stürzte sich als Todesmutiger in die Erschließung und Entdeckung der Welt. Im tiefen Wortsinn kommt man der Verbindung näher – Saint-Exupéry konserviert den Menschen.

Er zeigt, wie wir sind, wer wir sind, wer wir immer waren. Noch bis vor wenigen Jahrzehnten hätte man solche Charakterzüge keinem konservativen Denken zugeordnet. Doch der Mensch hat sich entfremdet. Glaube, Spiritualität, Bruderschaft, Pflichterfüllung – aber auch Eigenschaften wie das Gute, das Rechte, Traum und Zauber finden immer weniger Platz in der modernen Welt. Der Welt, in der wir unsere „Erfindungen immer weiter vervollkommnen“, wie der Franzose schon in den dreißiger Jahren vorhersagte. Bisher liegt der Autor richtig, aber während wir auf die Perfektion warten, haben wir all die Werte und Gedanken verlernt, die Saint-Exupéry hochhielt, den Sinn verloren, an der Grenze zum Phantastischen in die Zauber und Gefahren der Welt zu blicken. Das alles findet man nur noch mit dem Blick zurück – bewahrt durch die Augen eines brillanten Autors.

Wer noch immer nicht von unserer Kategorisierung Saint-Exupérys als Konservativem überzeugt ist, für den lassen wir den Autoren selbst sprechen: „Ich hasse den Wechsel“ – „Ich erschrecke, wenn Gott sich bewegt“ – „Ich habe mein Volk eingeschlossen in meiner Liebe“ – „Ich schütze den, der von seinen Ahnen das Gedicht ererbt“. Diese Sätze entstammen EINER willkürlich aufgeschlagenen Seite des Epos „Die Stadt in der Wüste“. Jetzt stellt euch bitte auf eine Veranstaltung der Linken, der Grünen, der CDU oder SPD und verlest diese Worte. Wenn ihr anschließend als rechte Spinner beschimpft werdet, wisst ihr, auf welcher Seite der Autor heute steht. Anders ausgedrückt: Wenn die Hippies ihn nicht wollen – wir nehmen ihn!

Florian Müller

Der Sklaventreiber-Chef hat diverse Geschwätzwissenschaften studiert und nach eigenen Angaben sogar abgeschlossen. Als geborener Eifeler und gelernter „Jungliberaler“ freundete er sich schnell mit konservativen Werten an – konnte aber mit Christentum und Merkel wenig anfangen. Nach ersten peinlichen Ergüssen entdeckte er das therapeutische Schreiben in der linksradikalen Studentenstadt Marburg, wurde Autor für die „Blaue Narzisse“ und „eigentümlich frei“. Ende 2017 gründete er mit Hannes die Krautzone.

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