,,Die Rente is’ sischä’’ beteuerte Norbert Blüm, ehemaliger Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, in der für Unionspolitiker so üblichen Placeborhetorik. Damit dürfte er vermutlich in erster Linie seine eigene Rente gemeint haben. Für einen Großteil der heutigen Rentner dürfte Blüms damaliges Versprechen fast schon zynisch wirken: Fast die Hälfte aller Rentner in Deutschland erhalten aktuell weniger als 800 Euro im Monat.
Daß keine Besserung in Sicht ist, liegt zum einen daran, daß das deutsche Rentensystem auf der Umlagefinanzierung basiert, zum anderen an der demographischen Entwicklung, die durch das umlagefinanzierte Rentensystem weiter verstärkt wird, da im bestehenden System Kinder teuer sind und der Anreiz, welche zu zeugen bzw. zu gebären, entsprechend abnimmt – ein Zusammenhang, auf den schon Wirtschaftsnobelpreisträger Gary Becker hingewiesen hat. Zusammenhänge, die die Alternative für Deutschland, die an diesem Wochenende ihr Rentenprogramm beschließt, berücksichtigen sollte.
Demographie spielt beim Umlageverfahren nicht mit
Das Problem eines auf dem Umlageverfahren basierenden Rentensystems ist, daß es nur dann funktionieren kann, wenn ausreichend Beitragszahler nachkommen. Dies war in Deutschland irgendwann nicht mehr der Fall: Mitte der 1960er Jahre gingen die Geburtenraten zurück und bereits 1972 sank die Geburtenzahl erstmals unter das Bestandserhaltungsniveau – ein Trend, der sich in den Folgejahrzehnten bis in die Gegenwart hinein dramatisch verschärfen sollte. In der Folge stiegen die Rentenzuschüsse in das Rentensystem durch den Bund.
Mittlerweile werden rund 30 % des gesamten Bundeshaushalts für die Renten aufgewendet. Die Beiträge der Beitragszahler allein reichen seit langem nicht aus, um die Renten zu finanzieren. Kamen 1962 auf einen Rentner noch sechs Beitragszahler, könnte in zehn Jahren bereits auf einen Beitragszahler ein Rentner kommen. Dem auf dem „Generationenvertrag’’ basierenden Rentensystem droht der Kollaps, der durch den demographischen Wandel beschleunigt wird, falls nicht entsprechend gegengesteuert wird.
Nur wagt sich kaum jemand an eine ehrliche Rentenreform. Eigentlich eine Chance für die Alternative für Deutschland. Im Zuge der demographischen Entwicklung wird die Bevölkerung – und somit das Elektorat – immer älter. Die jüngere Bevölkerung hingegen ist ohnehin politikverdrossen. Politiker wiederum neigen, wie der rechtslibertäre Ökonom Hans-Hermann Hoppe richtig feststellt, zu hoher Gegenwartspräferenz bei ihren politischen Entscheidungen, da sie wiedergewählt werden wollen.
Das schließt in der Regel vorausschauendes politisches Handeln aus und begünstigt eher Sozialdemagogie und das Verkünden üppiger Wahlversprechen, mit denen man in Sachen Rente vor allem die numerisch überlegenen Schon- und Bald-Rentner adressiert. Alles auf Kosten der numerisch unterlegenen jüngeren und arbeitenden Bevölkerung, aber die ist ja eh in der Minderheit. Auf kaum einem Feld wird diese unverantwortliche Politik so deutlich wie bei der Rente. Problem: Ohne Kurskorrektur durch entsprechende Reformen wird dieses marode umlagefinanzierte Rentensystem früher oder später zusammenbrechen.
Umlageverfahren gilt als Vorwand für multikulturelle Migrationspolitik
Deshalb ist eine Abkehr vom Umlagesystem geboten – auch, weil nur durch das Umlagesystem die Demographie zu einem Faktor bei der Rente wird, was wiederum linksgepolten Politikern als Vorwand für ihre multikulturelle Migrationspolitik dient. Denn während bei uns die Bevölkerung immer geringer wird – von aktuell 81 Millionen auf 63 Millionen im Jahr 2100, nimmt sie anderswo, vor allem in Afrika und im Nahen Osten, rapide zu. Die Prognosen sind da sehr eindeutig:
Die Bevölkerungszahl Nigerias steigt in nur 30 Jahren von 190 auf 411 Millionen, die des Kongo von 81 auf 216 Millionen, die von Tansania von 57 auf 138 Millionen usw. Wer glaubt, das Migrationschaos sei bereits gelöst, der irrt sich gewaltig: Der Migrationsdruck wird immer krasser werden, und die etablierte Politik plappert eine linke Lebenslüge nach der anderen nach und redet sich die Bevölkerungsexplosion in den unterentwickeltsten Regionen dieser Welt auch noch als Chance für die Rettung unserer Renten schön.
Daß diese Rechnung in der Realität nicht aufgeht, sagen renommierte Demographieforscher wie Herwig Birg schon seit langem: Das demographische Defizit lässt sich nicht durch Massenmigration korrigieren. Im Gegenteil: In Summe belasten Migranten, vor allem welche aus dem muslimisch geprägten und bevölkerungsexplosiven Raum, die Sozialsysteme zusätzlich. Empirisch betrachtet kann von einer Entlastung durch diese Art der Migration keine Rede sein.
Seit Jahrzehnten nicht. Das Umlageverfahren der Rente führt in Kombination mit dem Rückgang deutscher Geburten zu einer Umverteilung zulasten von autochthonen und zugunsten von allochthonen Bevölkerungsteilen. Kurzum: Deutsche zahlen für Zuwanderer. Besser wäre: Germans first!
Daher: Steuerfinanzierung statt Umlage
Daher bietet sich als Alternative zum Umlageverfahren eine steuerfinanzierte Grundrente an: Deutschland gehört zu den Ländern mit der höchsten Belastung von Arbeitslöhnen durch Sozialabgaben. Das ist einer der wesentlichen Gründe dafür, dass sich arbeitsintensive Unternehmungen nicht in Deutschland ansiedeln. Der Faktor Arbeit ist in Deutschland überproportional belastet.
Der Wegfall der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge für die gesetzliche Rentenversicherung würde dies korrigieren und hätte positive Effekte auf die Schaffung von Arbeitsplätzen am Wirtschaftsstandort Deutschland, da die Lohnkosten sinken und die in Deutschland produzierten und von Deutschland exportierten Güter günstiger würden. Dies hätte zur Konsequenz, dass Investitionen zunehmen und Arbeitsplätze nicht weiter ins Ausland verlagert werden, sondern im Land gehalten oder gar ausgebaut werden. Das Wirtschaftswachstum würde steigen.
Die Steuerfinanzierung scheint unter mehreren Gesichtspunkten die richtige Lösung zu sein. Im Steuersystem ist das Prinzip der Besteuerung nach Leistungsfähigkeit sowohl in der Literatur wie auch in der Steuerrechtspraxis verankert und durch vielfältige Urteile rechtlich abgesichert. Besteuerung nach Leistungsfähigkeit ermöglicht sozialen Ausgleich ebenso wie auch ein Höchstmaß an Flexibilität bei der Entscheidung, wie das benötigte Steueraufkommen generiert werden kann.
Als subsidiärer Helfer in der Not kann die staatlich finanzierte Altersvorsorge kein den Lebensstandard sicherndes Niveau erreichen. Das wäre erstens nicht finanzierbar und zweitens nicht gerecht. Es muss daher um eine Mindestabsicherung gehen, deren Niveau sich an dem jetzigen Existenzminimum orientiert – mit Zuschlägen für produktiveres Arbeitsleben. Diese Regelungen sollten auch für Politiker gelten, deren besondere Pensionssysteme gestrichen gehören.
Mehr Freiheiten bei individueller Altersvorsorge
Neben diese Mindestsicherung würde die individuelle Vorsorge treten. Diese würde ermöglicht und drastisch vereinfacht durch den Wegfall der Belastungen aus der Beitragsfinanzierung. Beispiel: Bei einem monatlichen Bruttolohn des Arbeitnehmers von 3.200 Euro hat der Arbeitnehmer derzeit einen Beitrag zur Rentenversicherung von rund 300 Euro zu zahlen. Dazu kommt der gleiche Beitrag des Arbeitgebers.
Im Zuge der Umstellung von einer Beitragsfinanzierung auf eine Steuerfinanzierung ließe sich gesetzlich festschreiben, dass der Nettolohn des Arbeitnehmers um die Beiträge von sowohl Arbeitgeber wie auch des Arbeitnehmers zu erhöhen ist. Im geschilderten Beispiel stiege der Nettolohn von knap
p 2300 auf rund 2900 Euro. Das verfügbare Einkommen erhöhte sich also um 600 Euro monatlich, also um mehr als 25 Prozent.
Auf diese Weise würden Freiräume geschaffen, die es ermöglichen würden, aus dem Lohn eine Altersvorsorge aufzubauen. Im gegenwärtigen Rentensystem wird dies vor allem jenen erschwert, die wenig verdienen, gezwungen sind verhältnismäßig viel in die Rente einzuzahlen und daher kein klassisches Vermögen aufbauen können. Anders als bei klassischen Vermögensformen kann man bei Rentenansprüchen nämlich nicht stets auf sein Vermögen zugreifen – das Vermögen ist in Form zukünftiger Zahlungsansprüche in der gesetzlichen Rentenversicherung gebunden. Es ist nicht fungibel.
Rentenansprüche können weder als Sicherheit für einen Kredit dienen, noch vererbt oder verschenkt werden. Sie können zudem nicht als finanzieller Puffer in schlechten Zeiten dienen. Sie können nicht zur Hilfe für Freunde und Verwandte eingesetzt werden. Sie können nicht den altersgerechten Umbau der Wohnung erleichtern oder die Gründung einer Unternehmung finanzieren. Sie sind keine klassischen Vermögen, weil man nicht individuell über sie verfügen kann oder darf. Genau das aber sollte man mündigen Bürgern ermöglichen.
Nicht der Staat sollten den Bürgern Vorgaben machen, auf welche Weise sie für ihr Alter vorsorgen sollen – entsprechend sollten auch staatliche Förderungen von Rürup- und Riesterrenten gestrichen werden. Jeder Bürger ist in der Lage die Entscheidungen zu treffen, die in seiner Situation am besten sind. Für den einen kann es sinnvoll sein, eine Immobilie zu erwerben, für den anderen sind klassische Sparprodukte am besten.
Ein Dritter mag in die Ausbildung seiner Kinder investieren, um später von diesen im Familienverbund Unterhalt zu bekommen, und ein Vierter eine Lebensversicherung abschließen. Wieder andere setzen auf betriebliche Altersvorsorge oder Mitarbeiterbeteiligung. Der Phantasie – und der bürgerlichen Freiheit – sollten keine Grenzen gesetzt sein.
Der Publizist Dimitrios Kisoudis merkt treffend an:
,,Der fiktive Generationenvertrag ist widerlegt, denn lebende Staatsbürger können mit ungeborenen Staatsbürgern keine Verträge schließen. Aber sie können mit Ihren Kindern Verträge schließen. Und deshalb ist eine private Rente auch eine Ethnorente, die Gleichmacherei auf niedrigem Niveau verhindert. Jeder bekommt ausgezahlt, was er für sich und seine Familie auch eingezahlt hat.‘‘
Umstellung wäre herausfordernd, aber machbar
Die Umstellung auf ein solches Rentensystem wäre langfristig und herausfordernd. Bestehende Rentenanwartschaften müssten bestehen bleiben. Da die Beitragsfinanzierung jedoch komplett abgeschafft werden würde, könnten die Anwartschaften nicht weiter vergrößert werden. Jedem Inhaber einer Anwartschaft sollte angeboten werden, die Anwartschaften zu kapitalisieren und ins neue System zu wechseln.
Wer ins neue System wechselt, erhielte fungible Staatsanleihen im Wert seiner Anwartschaft zur freien Verwendung (Buchanan-Bonds). Das käme einer Auszahlung des erworbenen Anspruchs gleich. Die durch die Rentenanwartschaften generierten impliziten und derzeit versteckten Staatsschulden würden zu transparenten expliziten Staatsschulden transformiert. Wer neu auf den Arbeitsmarkt käme, könnte dem alten System nicht mehr beitreten. Damit wäre gewährleistet, dass das alte Rentensystem dann erlischt, wenn der letzte noch in diesem System verbleibende Beitragszahler das Renteneintrittsalter erreicht.
Die Realisierung einer solchen Rentenreform würde die Anreize zum Sparen und zur privaten Vorsorge ausbauen, die Mündigkeit und Wahlfreiheit der Bürger stärken, jedem soziale Mindeststandards im Alter gewährleisten, den Faktor Arbeit entlasten und so den Wirtschaftsstandort Deutschland stärken, die Rentendebatte entpolitisieren, den Faktor der Demographie ausmerzen und so einer Politik der Massenzuwanderung, die häufig als Notwendigkeit zur Sicherung der Renten ins Spiel geführt wird, die Argumente nehmen und gegenwärtige und in der Zukunft in höherer Intensität bevorstehende Verteilungskonflikte zwischen älteren und jüngeren Generationen beenden.
Eine solche Rentenreform stünde für eine Wiederbelebung ordnungspolitischer Prinzipien, denen sich auch die AfD verschrieben hat. Das mag in Zeiten eines linkssozialistischen Zeitgeistes unbequem sein, ist aber richtig. Falsch ist es hingegen, einem Staat, der das Migrationschaos, das Eurodesaster und die Energiewende verursacht hat, auch noch die nahezu komplette Altersvorsorge seiner Bürger anzuvertrauen. Eine Partei, die sich den Mut zur Wahrheit auf die Fahnen geschrieben hat, sollte das beherzigen.