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Einstellungsvoraussetzung: Inkompetenz

8. Juni 2020
in 5 min lesen

von Henry Volt

Postenschacher

In regelmäßigen Abständen werden in der Bundesrepublik politische Posten neu vergeben. Während in der freien Wirtschaft eine neu zu besetzende Stelle die bestmögliche fachliche Expertise und Vorerfahrung voraussetzt, scheint im politischen Berlin eher die größtmögliche fachliche und persönliche Inkompetenz alleinige Einstellungsvoraussetzung zu sein.

Als jüngstes Beispiel soll hier zunächst die Besetzung für das Amt des Wehrbeauftragten mit der SPD-Frau Eva Högl dienen. Durch reichlich charakterliche Inkompetenz bereits mehrfach in Erscheinung getreten, darf sie nun als neue Wehrbeauftragte glänzen. Militärische Vorkenntnisse in ihrer Vita: Null. Noch nicht einmal ein Schnupperpraktikum bei der Truppe wurde abgeleistet. Abgesägt wurde dafür, der sich in dieser Funktion langjährig verdient gemachte, Parteigenosse Hans-Peter Bartels.
Von dem sagte selbst die Oppositionspartei AfD, dass der Mann unabhängig von seinem Parteibuch einen guten Job gemacht habe. Als ginge es der Truppe nicht schon schlecht genug: Nun also Högl. Sie soll´s richten – oder eben nicht.

Dass die Genossin sich vor Abeitseifer kaum retten kann, gab sie unmittelbar nach Ablegung ihres Amtseides zu Protokoll. So wolle sie „ganz gründlich, ganz grundsätzlich und ganz generell über das Thema Rechtsextremismus in der Bundeswehr diskutieren“. Problem erkannt, Problem gebannt. Der weitergehende, immense Schaden für die Bundeswehr durch diese mangelhafte Personalie ist dabei ganz ohne Glaskugel vorherzusehen.

Wenige Tage nach dem Vorschlag zur neuen Wehrbeauftragten wird die Linken-Politikerin Barbara Borchard mit den Stimmen der CDU ins höchste Gericht des Landes Mecklenburg-Vorpommern gewählt. Neben dem Umstand, dass die Altkommunistin Mitglied der vom Bundesverfassungsschutz beobachteten linksextremistischen Vereinigung „Antikapitalistische Linke“ ist und dies auch bleiben möchte, kommt hier mal wieder auch die mangelnde fachliche Kompetenz zum Vorschein:
Ein Fernstudium der DDR wurde mit dem Titel „Diplom-Jurist“ abgeschlossen. Ganz grob vergleichbar ist das mit dem ersten juristischen Staatsexamen der BRD. Weitergehende juristische Bildung existiert nicht. Nach einer Zeitspanne der Arbeitslosigkeit in der BRD und dem stetigen Verhöhnen der Maueropfer nun also: Verfassungsrichterin eines deutschen Bundeslandes.

Neben der CDU sticht auch immer wieder die SPD als parteipolitisches Jobcenter hervor. So soll die mittlerweile arbeitslose Nahles den Präsidentenposten der Bundesanstalt für Post und Telekommunikation übernehmen. In der Nachbarrepublik Österreich existiert hierfür das besonders treffende Wort „Postenschacher“. Ergänzend dazu, dreht sich auch das Minister-Roullette immer weiter.

Der Bundesjustizminister wird plötzlich Außenminister, die Ex-Familienministerin wird Verteidigungsministerin. Und immer wieder die selbe Konstante: Expertise gleich Null.

Maßgebend für diese Postenschiebereien sind verkrustete Parteistrukturen – Machterhalt um jeden Preis durch Absprachen im Hinterzimmer ohne Beteiligung des Volkssouveräns. Um die Inkompetenz und die Ferne zu den Staatsbürgern zu verschleiern, werden folglich Millionen für Verträge mit externen Beratern ausgegeben.

Mehr Technokratie wagen!

Doch bekanntermaßen findet dieses Postenschacher auch in anderen westlichen Demokratien statt. Wären beispielsweise Expertenkabinette eine Option?
Reine Expertenregierungen waren in jüngster europäischer Geschichte meist Übergangsregierungen, welche vermehrt aus leitenden Beamten mit entsprechenden Vorkenntnissen bestanden. Diese Expertenkabinette hatten aber eher eine verwaltende, als eine gestaltende Funktion und waren als Improvisation nach politischen Zwischenfällen gedacht.

Jüngstes Beispiel ist hier Österreich: Nach der „Ibiza-Affäre“ um den Politiker Strache und der Regierungsauflösung wurde bis zu den Neuwahlen ebenfalls eine Expertenregierung eingesetzt. Das Kabinett Bierlein war 6 Monate im Amt.
Diese Regierungen waren historisch betrachtet allgemein beliebt und regierten weitestgehend frei von Skandalen. Expertenkabinette konnten sich in Europa jedoch nie als Alternative etablieren.
So gab es in der Zeitspanne zwischen 1994 und 2010 keine Expertenregierung, die länger als zwei Jahre Bestand hatte. Am längsten hielt sich ein solches Kabinett 1994 in Bulgarien, für genau 611 Tage.

Zu groß die Sehnsucht der politischen Parteien nach staatslenkender Macht. Aber eben auch die Sehnsucht nach Gestaltung – und nicht bloß nach stiller Verwaltung. Somit schieden technokratische Herrschaftselemente letztlich auch wegen mangelnder demokratischer Legitimität aus dem gesellschaftlichen Diskurs aus, auch wenn sie jüngst während der Corona-Pandemie ungewollt wieder eine Blütezeit erlebten.

Während rein technokratische Regierungen also ausscheiden, gilt es, mögliche Optionen in den Blick zu nehmen. Wie würde ein mögliches Idealmodell aussehen?

Überlegenswert sind hier solche, die nicht eine grundsätzliche Systemüberwindung zum Ziel haben. So klingen beispielsweise radikal libertäre Forderungen, wie die nach einer Privatrechtsordnung, vielleicht auf dem Papier vermittelbar – in der Realität sind sie es aber meist nicht. Oftmals lassen sich zu theoretische Überlegungen erst gar nicht umsetzen oder bewirken in einer praktischen Umsetzung in der Realität dann sogar gegenteiliges – zu beobachten bei allen derzeit existierenden sozialistischen Systemen bei Betrachtung der Armutsentwicklung.

Grundsätzlich gilt es, den Staat möglichst zu minimalisieren und dabei grundsätzlich notwendige staatliche Strukturen zu verbesseren – durch möglichst direktdemokratische Einbindung des Volkssouveräns. Denn eines darf nicht vergessen werden: Der Staat ist letztlich auch „nur“ das Volk. Beide Elemente können miteinander harmonieren. Doch dazu bedarf es mehr demokratischer Teilhabe.

Plädoyer für die Miliz

Bei dem Thema Demokratie lohnt sich wie so oft auch ein Blick in die benachbarte Alpenrepublik. Postenschieberei findet natürlich auch in der Schweiz statt. Doch können hier grundsätzliche fachliche und charakterliche Kompetenzen von Politikern als deutlich höherwertiger angesehen werden.
Grundsätzlich ist dies durch einen wichtigen Faktor bedingt: Das Milizsystem. Es ist neben der direkten Demokratie, dem Föderalismus und der Konkordanzdemokratie eine zentrale Säule im schweizerischen Staatswesen. Das „Milizprinzip“ bezeichnet die ehrenamtliche oder teilzeitliche Ausübung von Ämtern öffentlichen Aufgaben.

So funktionieren nicht nur die Armee, Feuerwehr und einige Behörden nach diesem Prinzip, sondern auch das politische System.
Schweizerische Parlamente sind im Gegensatz zu Deutschland keine Berufsparlamente, sondern eben Milizparlamente. Die Parlamentarier gehen neben den politischen Tätigkeiten ganz normalen zivilen Berufen nach.
Erreicht wird hier die oben verlangte Einheit von Bürger und Staat. Staat und Volk sind eins. Dies hat den weiteren Vorteil, dass die Politiker ihre beruflichen Erfahrungen und entsprechendes Wissen mit in die politische Arbeit einbringen können. Durch fortlaufende Überschneidungen wird zudem die weitestgehende Verankerung innerhalb der schweizerischen Bevölkerung gesichert.

Zur Wahrheit muss aber auch gesagt werden: Auch wenn die Schweiz durch direktdemokratische Einbindung weniger Probleme mit Politikverdrossenheit hat, gibt es sie auch hier. Die Milizarbeit muss zunehmend ins Gedächtnis der Schweizer Bürger gerufen werden, da mit der Miliz entsprechender Zeitaufwand bei eher geringer Bezahlung verbunden ist – ähnlich dem Ehrenamt hierzulande. So sollen bundesweite Aktionen wie 2019 das ausgerufene „Jahr der Milizarbeit“ den Fortbestand des historisch gewachsenen und bewährten Systems sichern. Auch ist das Verhältnis der Bundesparlamentarier zwischen Beruf und politischer Milizarbeit in der Schweiz oft nicht mehr ausgeglichen, da zunehmend mehr Zeit in die politische Arbeit investiert werden muss. Doch auch 2020 gehen immer noch weit mehr als 80% der Parlamentarier einer beruflichen Tätigkeit nach.

Der Kontrast zur BRD wirkt hier erschreckend, da hierzulande teilweise die hoch alimentierten Politiker ohne Ausbildung oder abgeschlossenem Studium seit Jahren Parlamentstätigkeite
n nachgehen, ohne auch nur je einem ordentlichen Beruf gearbeitet zu haben.

Ein vollständiger Wechsel zum Milizsystem in der BRD ist unrealistisch. Auch wenn hierzulande das Ehrenamt eine der tragenden Säulen der Zivilgesellschaft ist, ist es grade im Bezug auf Behörden und politische Ämter auf Bundes- und Landesebene bei weitem nicht so ausgeprägt. Der Vergleich soll aber aufzeigen, welche Modelle man vielleicht zumindest teilweise übernehmen könnte. Gepaart mit technokratischen und direktdemokratischen Elementen könnte so ein perfektes System entstehen, welches Volkssouverän und Parteipolitik besser in Einklang bringt.

Denn Kritik an der Eignung von Politkern für ihr Amt gab und gibt es immer wieder. So schlug 2014 die Ernennung der extrem übergewichtigen Maggie De Block zur belgischen Gesundheitsministerin starke Wellen. Darf eine Ministerin für Gesundheit übergewichtig sein? Fairerweise muss hier erwähnt werden: Sie hat als Hausärztin zumindest fachliche Vorerfahrung, auch wenn ihr die persönliche Umsetzung vielleicht nicht so geglückt ist.

Ein Anfang in Deutschland könnte einfach sein:
Warum den rechtlichen Rahmen nicht so abändern, dass ein Wehrbeauftragter direkt durch die Truppe gewählt werden kann – ähnlich dem Vorgehen bei einer Betriebsrats – bzw. Personalratswahl?
Vermutlich wäre hier aber die Angst der Kartellparteien vor der Wahl eines Kandidaten des jüngsten politischen Mitbewerbers zu hoch…

Gastautor

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