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Studie belegt: Harte Lockdowns bringen nichts

15. März 2021
in 3 min lesen

Von Jens Noah

Manchmal ist es nicht einmal ein Wort, das Lüge ist, sondern der bloße Numerus eines Wortes. Vor kurzem kommentierten wir bei der Arbeit mal wieder die Corona-Statistiken, dieses Mal auch weltweit. „Ja, in Amerika machen sie ja auch gar nichts.“

Dieser Satz, fiel mir auf, ist so grob vereinfacht, dass er nicht nur faktisch falsch ist, sondern gleich eine ganz große, gerade in unserer Zeit immens wichtige Geschichte vollkommen unterschlägt: es gibt nicht nur ein Amerika.

So viel Zeit muss sein

So gibt es den Plural „Americas“ im Englischen, vornehmlich für den Doppelkontinent, aber auch wer wie hier mit „Amerika“ die USA meint, sollte lieber von den (Vereinigten) Staaten sprechen. Von den deutschen Landen spricht man heutzutage höchstens noch in Gedicht- oder Liedform, mit deren Wurzeln in Zeiten des mitteleuropäischen Flickenteppichs vor dem Kaiserreich oder gar vor Napoleon.

Immerhin die Niederlande, die Vereinigten Arabischen Emirate und einige Inselstaaten halten sonst noch die Flaggen des Plurals hoch. Doch zurück zu Amerika: die USA, die offensichtlich gemeint waren, bestehen aus 50 Staaten mit eigenen Verfassungen und weitreichenden Kompetenzen (plus Territorien plus D.C.).

Und wenn man sich die Verfassung der USA anschaut, hat der Bund in Gesundheitsfragen, wie in den meisten anderen Politikfeldern, überhaupt nichts zu sagen. Der Bund darf gemäß Verfassung nur das, was ihm explizit erlaubt ist und das Wort „health“ sucht man dort ebenso vergebens wie z.B. „democracy“. Ich möchte und kann hier nicht im Detail ausführen, warum z.B. Obamacare (oder die Einkommenssteuer) verfassungswidrig ist.

Worauf ich hinaus möchte, ist, dass man wissentlich oder unwissentlich, eine Fülle von wertvollen Datensätzen ignoriert – das wissenschaftliche Pendant zur Sünde – wenn man nur nationale Statistiken betrachtet. Die Wahrheit ist oft zu komplex oder auch zu wahr für manche Medienschaffende.

mrNPIs oder lrNPIs? Was zum Teufel?!

Nicht zu komplex, sondern geradezu erwünscht und benötigt, waren die subnationalen Daten für John P.A. Ioannidis, den meistzitierten Aluhutträger der Welt, einem griechischen Epidemiologen, welcher in Stanford, CA tätig ist. In seiner Veröffentlichung vom Dezember 2020 (siehe unten) geht er der Frage nach, wie hoch der zusätzliche Nutzen von harten Lockdowns, (genannt mrNPIs; more restrictive Non Pharmaceutical Interventions) gegenüber selektiveren Eingriffen (genannt lrNPIs; less restrictive Non Pharmaceutical Interventions), wie sie beispielsweise in Schweden und Südkorea durchgeführt wurden, tatsächlich ist.

Wohlgemerkt geht es nur um den Einfluss auf das Infektionsgeschehen. Sie ahnen bereits das Ergebnis: er findet keine starke Evidenz, dass mrNPIs einen höheren Effekt auf die epidemiologische Dynamik haben als die vergleichsweise milden lrNPIs der Schweden und Südkoreaner. Leute daheim und Läden dicht? Interessiert das Virus nicht!

Weiterhin wird sogar ein möglicher negativer Effekt auf die Virusausbreitung durch das vermehrte Eingepferchtsein daheim angedeutet, dieser Effekt ist allerdings nicht statistisch signifikant. Selbstverständlich weist der Artikel auch auf die zahlreichen Kollateralschäden durch die mrNPIs hin und benennt selbstkritisch die Limitationen der durchgeführten Studie.

Er zeichnet somit ein überaus differenziertes Bild der Lage, wie man es eigentlich von der Wissenschaft immer erwarten sollte. Der Artikel ist vergleichsweise gut lesbar und Interessierte finden ihn schnell: Bendavid E, Oh C, Bhattacharya J, Ioannidis JPA. Assessing mandatory stay-at-home und business closure effects on the spread of COVID-19. Eur J Clin Invest. 2020;00:e13484. https://doi.org/10.1111/eci.13484

PS: Früher tätig war Herr Prof. John P.A. Ioannidis witzigerweise in Ioannina – im Griechischen τα Ιωάννινα – das ist Plural!


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