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William Morgan, der gescheiterte Revolutionsheld

7. April 2021
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William Alexander Morgan Ruderth, „el Comandante Yankee“, der als Amerikaner dem kubanischen Revolutionär Fidel Castro (1926-2016) zur Macht verholfen hatte, endete am 11. März 1961 auf Befehl derer, die er einst unterstützt hatte, vor einem Erschießungskommando.

Am 19. April 1928 in Cleveland als Sohn von Alexander und Loretta Morgan geboren, wuchs er in einem wohlhabenden Viertel im nahe gelegenen Toledo auf. Trotzdem riss er wiederholt von zu Hause aus, trat oft mit dem Gesetz in Konflikt und brach letztlich die High School ab.

Ein unbeständiger Typ

Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg beschloss Morgan im Alter von 18 Jahren der US- Armee beizutreten und wurde zum 35. Infanterieregiment im besetzten Japan abkommandiert. Vor seiner Abreise nach Fernost heiratete Morgan noch spontan Darlene Edgerton, die er erst einen Tag zuvor in einem Zug kennengelernt hatte, doch die Ehe wurde nach anderthalb Jahren annulliert.

In Asien verlor Morgan ebenfalls keine Zeit und zeugte mit einer Hostess namens Setsuko Takeda ein Kind. Beide ließ er nach seiner erzwungenen Rückkehr in die USA sitzen. Da er bei der Geburt seines Sohnes 1947 nicht anwesend sein durfte, entfernte er sich unerlaubt von der Truppe, wurde verhaftet und entkam der Verwahrung, indem er die Wache überwältigte und deren Waffe stahl.

Wieder eingefangen, wurde Morgan 1948 vor ein Kriegsgericht gestellt, zu fünf Jahren Haft verurteilt und unehrenhaft entlassen. Schon nach zwei Jahren aus einem Bundesgefängnis in Michigan wegen guter Führung entlassen, ließ er sich in Florida nieder.

Dort schloss sich Morgan einer Varietétruppe an und lernte die Schlangenbeschwörerin Ellen Theresa May Bethel kennen. Sie heirateten im Mai 1954 in Miami und hatten zwei Kinder, Anne Marie (geb. 1955) und William A. Morgan Jr. (geb. 1957).

Da Morgan keine andere stabile Beschäftigung finden konnte, erledigte er Besorgungen und andere kleine Arbeiten für die Mafia, die zwar gute Geschäftsbeziehungen zu Kubas Präsident Fulgencio Batista (1901-1973) unterhielt, aber seit 1955 ebenfalls Waffenverkäufe an dessen Gegner organisierte, darunter Castros Rebellen.

Instabil, unruhig und draufgängerisch, verließ Morgan 1957 auch seine zweite Frau samt Nachwuchs. Er ging nach Kuba, um sich in den zentral gelegenen Escambray-Bergen einer Guerillaeinheit anzuschließen.

Eine neue Berufung

Nachdem Morgan sich in mehreren Gefechten ausgezeichnet hatte, wurde er  von Eloy Gutiérrez Menoyo (1934-2012), der sich später ebenfalls gegen Castro wenden sollte, zum Comandante befördert und durfte seine eigene Kolonne führen.

Die New York Times veröffentlichte eine blumige Erklärung von Morgan, „Warum ich hier bin“, in der er seine Teilnahme an Castros Aktivitäten mit dem Glauben an die Freiheit und nicht nur mit Abenteuerlust erklärte.

Im Dezember 1958 schlossen sich der argentinische Berufsrevolutionär Ernesto „Che“ Guevara (1928-1967) und seine Mitstreiter Morgan an, um prompt den entscheidenden militärischen Sieg zu erzielen.

Kriegsheld

Zusammen nahmen sie am 31. Dezember Santa Clara ein, die Hauptstadt der Provinz Villa Clara. Damit war die Insel effektiv in zwei Hälften geteilt worden. Batista floh sofort in die Dominikanische Republik, wo er den Schutz von Präsident Rafael Trujillo (1891-1961) genoss.

Während Morgan und seine Männer am 1. Januar 1959 die 250 Kilometer südlich von Havanna gelegene Stadt Cienfuegos besetzten, tat Che das gleiche mit der kubanischen Hauptstadt. Castro traf erst fast eine Woche später dort ein.

Kurz darauf äußerte Morgan Besorgnis darüber, wie die US-Behörden auf sein Engagement in Kuba reagieren würden und diese war durchaus berechtigt. Denn im März 1959 warnte die amerikanische Botschaft davor, dass der Dienst in ausländischen Streitkräften zum Verlust der Staatsbürgerschaft führen könnte.

Auf Betreiben von Mitgliedern des US-Kongresses, die Trujillo nahestanden, entzogen man ihm diese im September 1959 tatsächlich. Morgan protestierte zunächst gegen die Aktion, um sie Ende des Monats während einer Radiosendung zu akzeptieren.

Als Doppelagent half Morgan im August 1959 dabei, einen von Trujillo inszenierten Putschversuch gegen Castro zu vereiteln, der ihm dafür im Fernsehen persönlich dankte. Wieder geschieden, heiratete Morgan im November 1958 erneut, diesmal die kubanische Kämpferin Olga María Rodríguez Farinas, die ihm zwei Töchter gebar, Loretta und Olga.

Castro ist doch nicht der Heilsbringer

Enttäuscht von Castros sozialistischen Neigungen gründete Morgan ein landwirtschaftliches Unternehmen, das rund 600 Arbeiter beschäftigte und jeden Monat durchschnittlich 50.000 Pfund gefrorene Froschschenkel in die USA verschiffte.

Am 6. März 1960 töteten bei der Entladung von 76 Tonnen belgischer Munition zwei Explosionen auf dem französischen Frachter La Coubre etwa 100 Menschen im Hafen von Havanna. Morgan, der von einer Zeitung in Miami beschuldigt worden war, an der Sabotage des Schiffes beteiligt gewesen zu sein, wurde einige Tage später bei einem Gedenkmarsch für die Opfer Arm und Arm mit prominenten Mitgliedern der neuen Regierung gesichtet, darunter Castro und Che.

Zu dieser Zeit war es aber bereits offensichtlich, dass Castro weder eine parlamentarische Demokratie noch die Marktwirtschaft im Sinne hatte, wie es Morgan der Presse mehrfach versichert hatte, und in Wirklichkeit ein Kommunist war. Mitte Juni 1960 trafen sich Morgan und einige ehemalige Mitkämpfer, um Castros Hinwendung zum Sozialismus und die Verteidigung ihrer eigenen revolutionären Ideale zu erörtern.

Als die Inhaftierungen seiner alten Kameraden zunahmen, begann er Waffen zu schmuggeln an diejenigen, die sich erneut dort erhoben, wo er selbst einst den Kampf gegen Batista aufgenommen hatte. Am 21. Oktober 1960 kündigte die kubanische Armee schließlich Morgans Verhaftung an wegen des Verdachts der Unterstützung Aufständischer im Auftrag fremder Mächte.

Morgans Ende

Offiziell beschuldigt, zur Führungsriege der Regimegegner in Escambray zu gehören, bestritt Morgan jedoch mit Hilfe eines Dolmetschers alle Anschuldigungen. Nach dem Prozess in La Cabaña, einer zum Gefängnis umgebauten alten Festung, wurde Morgan von einem militärischen Exekutionskommando in Anwesenheit der Castro-Brüder erschossen.

Auch den anderen Angeklagten, Comandante Jesús Carreras (geb. 1933), richtete man hin. Seine Ehefrau Olga María wurde der Mitverschwörung für schuldig befunden und zu 30 Jahren Zuchthaus verurteilt. Nach 10 Jahren wieder in Freiheit, durfte sie 1980 in die USA ausreisen, wo sie nach über zwei Jahrzehnten die Beteiligung von beiden an einem Putschversuch zugab.

Morgans US-Staatsbürgerschaft wurde im April 2007 wiederhergestellt. Doch trotz aller Bemühungen der Witwe sind seine sterblichen Überreste noch immer nicht in die Heimat überführt worden.

Angeblich hatte Castro im April 2002 zugestimmt, diese freizugeben. Vor seinem eigenen Tod hielt er sein Wort jedoch nicht. Wahrscheinlich war der Hass auf einen glühenden amerikanischen Anhänger, der sich schnell von ihm abwandte, nie erloschen.

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