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Ein (weiteres) Jahr Nahost-Krieg

9. Oktober 2024
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Am Montag jährte sich der bis heute andauernde Gaza-Krieg zum ersten Mal: Am 7. Oktober 2023 führten Hamas-Kämpfer einen Terroranschlag auf israelische Zivilisten durch, nahmen 250 Menschen als Geiseln und verletzten mehrere Tausend weitere; infolgedessen reagierten die Israelis mit Vergeltungsmaßnahmen in Form der Verschärfung der Blockade des Gazastreifens und dem Start einer Bodenoffensive am 23. Oktober. Seitdem wurden dort fast 40.000 Menschen getötet und der Krieg auch auf die Nachbarstaaten ausgeweitet: Syrien, und erst in den letzten Tagen ebenfalls der Libanon, wurden Ziele von Luftangriffen, der Iran führte mehrere Raketen- und Drohnenangriffe auf Israel durch, die aber aufgrund des „Iron Domes“ und anderer israelischer Luftabwehrsysteme weitestgehend erfolglos blieben.

Nun ja, wir haben also einen weiteren der bisher unzähligen Konflikte zwischen Israelis und Arabern, und wie immer hält Israel militärisch die Oberhand, und im Grunde genommen könnte das einem als Deutschem der dissidenten Rechten ziemlich egal sein – wenn er nicht so eine übergreifende, geradezu nervige Rolle in der deutschen Innenpolitik spielte.

Die Nachkriegsdeutschen haben einen Knacks weg, das ist eine Binsenweisheit. Infolge von Reeducation und 68er-Bewegung hat man eine regelrechte Hitlerpsychose entwickelt – und damit auch eine Form der Selbsterniedrigung und des Masochismus, der die katastrophalen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte erst möglich machte und dazu führt, dass eine große Anzahl der Deutschen ihren eigenen Niedergang einfach hinnimmt oder gar beklatscht. Ein Teil der Psychose ist auch der Wille der „unendlichen Wiedergutmachung“ und eine Art Erhöhung des Judentums: Aus dem Hass auf alles Jüdische durch die nationalsozialistische Elterngeneration wurde eine groteske Form des Philosemitismus seitens der Jahrgänge ab circa 1940 und ihrer Nachfolger – einer „nationalen Selbstverleugnung“ folgt schließlich eine sehr merkwürdige Nibelungentreue gegenüber „den Juden“, die im Staat Israel ihre Heimat wiedererlangt haben.

Man findet diese Leute heute vor allem im „konservativ“-liberalen Lager von CDU und FDP sowie im medialen Bereich bei der Springer-Presse – Mathias Döpfner etwa, der Vorstandsvorsitzende der Axel Springer SE, bezeichnet sich selbst als „nichtjüdischen Zionisten“, und der ehemalige „Bild“-Chef Julian Reichelt macht aus seiner bedingungslos proisraelischen Haltung keinen Hehl: Für sie alle gilt die Parole „Israels Sicherheit ist deutsche Staatsräson“.

Ihnen gemeinsam ist eine westdeutsche Biografie, eine transatlantische Treue, ein neokonservatives Weltbild und eine strikte Ablehnung prodeutscher Positionen, wie sie die AfD vertritt – sie wurden erfolgreich „reeducated“. Ihr Pflichtgefühl Israel gegenüber führt schließlich zu Forderungen wie der Abschiebung aller „Judenhasser“ – also aller propalästinensischen Migranten. Ein gutes Beispiel für die selbsterniedrigende Selbstverleugnung dieser Leute: Jahrelang waren besagte Migranten ein Problem für Deutsche, aber kaum äußern sie sich falsch zu Israel, ist der Bogen überspannt. Ebenfalls in dieses Lager lassen sich die transatlantischen Teile der Grünen einordnen, die Israel ebenfalls zur Staatsräson machen – wegen der Großeltern. Doch gerade diese Haltung könnte zu den jüngsten Wahlmisserfolgen der Grünen beigetragen haben, insbesondere unter den jungen Linken. Dort dreht sich nämlich der Wind, lässt sich ein nicht geringer Teil der ehemaligen Fridays-for-Future-Kiddies heute nämlich dem Gegenlager zuordnen: den propalästinensischen Linken.

So war die FFF-Ikone Greta Thunberg am Jahrestag des Anschlages bei einer Pali-Demonstration in Berlin zu Gast. Mit ihr vereint: Ein Großteil der (jungen) Linken. Sie sind antiimperialistisch, sehen in Israel einen Unterdrückerstaat und wollen Freiheit für die Palästinenser. Sie haben ihre Wurzeln in den linken Bewegungen der 60er-Jahre, können die Springer-Presse nicht ausstehen, haben aber ebenfalls einen tiefen Selbsthass implementiert bekommen – auch sie wurden reeducated, jedoch mit anderem Ergebnis.

Man darf da den geschichtlichen Hintergrund nicht außer Acht lassen: Die arabischen Gegner Israels wurden während des Kalten Krieges von der Sowjetunion unterstützt, eben weil sie den jüdischen Staat als Kolonialstaat betrachteten; die westdeutschen Linken haben sich dem angeschlossen und pflegen seitdem eine enge Zusammenarbeit mit arabischen Gruppen. Für sie ist die deutsche Regierung wieder dabei, einen historischen Sündenfall zu begehen, indem sie den Genozid der israelischen Regierung an den Palis unterstützt – und ist damit nicht besser als die Nazis. Übrigens: Wenn man als Deutscher sich propalästinensisch positioniert, steht man ebenfalls in der Tradition der Nazis, zumindest in den Augen von Springer: Man stellt sich ja damit gegen den einzigen jüdischen Staat!

Schon erstaunlich, wie wahnsinnig alle geworden sind, nicht? Was bleibt einem da nur übrig? In dem Falle: Neutralität. Israel ist zwar dabei, zu gewinnen, wird aber international immer weiter isoliert. Es kämpft zwar gegen die Islamisten, die auch uns feindlich gesinnt sind, aber macht es das gleich zum Freund? Was haben die Israelis je für uns getan? Außer vielleicht den Nahen Osten immer weiter zu destabilisieren, so dass sich noch mehr Araber nach Europa aufmachen? Und die Araber: Sie mögen den modernen Westen nicht, genauso wie wir, könnte man meinen. Aber sind sie deswegen unsere Freunde? Vergessen wir nicht, dass sie Israel und Amerika nur deswegen hassen, weil sie sie als weiße Kolonialstaaten ansehen, weil sie Weiße – und damit uns – hassen. Da kann man nur sagen: Halten wir uns raus. Das ist gewiss nicht unser Kampf!

Fridericus Vesargo

Aufgewachsen in der heilen Welt der ostdeutschen Provinz, studiert Vesargo jetzt irgendwas mit Musik in einer der schönsten und kulturträchtigsten Städte des zu Asche verfallenen Reiches. Da er als Bewahrer einer traditionsreichen, aber in der Moderne brotlos gewordenen Kunst am finanziellen Hungertuch nagen muss, sieht er sich gezwungen, jede Woche Texte für die Ausbeuter von der Krautzone zu schreiben. Immerhin bleiben ihm noch die Liebesgrüße linker Mitstudenten erspart…

2 Comments

  1. Es ist wunderbar, wenn die Neo-Marxisten sich deswegen aufspalten und es mehr allgemeine Abneigung gegenüber Linken deswegen gibt. Diese innerlinke Debatte, wer nun der bessere Beschützer von „Unterdrückten“ ist, geht halt immer noch nicht an die Wahrheit, dass wir uns zuerst selbst schützen müssen.

    Ich würde hierbei dringlichst empfehlen, nachzutreten bei denen, die versuchen, die Linken durch mehr Selbsthass auf die Deutschen zu einigen. Ich meine, Böhmermann und Bosetti und andere der antideutschen Linken in den Medien versuchen das im großen Stil, indem sie sagen: „Fokussieren wir uns lieber auf das Wichtige: Wir Deutschen sind scheiße und empathielos und schuld und haben keine Ahnung über das Thema und sollten uns selbst geißeln.“
    Diese Linken würden jeden letzten Deutschen opfern, um für ihre bösartige Form von Genugtuung zu sorgen. Es muss ihnen durch ihr Weigern einer Parteiergreifung gesagt werden, dass sie deswegen mitverantwortlich am Genozid einer der beiden Seiten sind (was gerade besser passt) und dass sie Wendehälse sind.

  2. So unerfreulich das Geschehen in Nahost auch ist: Daß sich die Lügen des Haltungskartells anfangen selbst zu zerlegen bietet allemal eine gewisse Genugtuung. Diesen Vorteil gilt es zu nutzen um unterdessen die eigene Position zu stärken.

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