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Advent ist nicht Weihnachten

15. Dezember 2022
in 3 min lesen

Man kann es überall wahrnehmen: Es duftet nach Zimt und gerösteten Mandeln, überall dudelt irgendwelche Weihnachtsmusik vor sich hin, und mittlerweile gibt es seit September in jedem Supermarkt Lebkuchen zu kaufen; schließlich geht es dann auf den Weihnachtsmarkt (beziehungsweise das Lichterfest, um unsere muslimischen Freunde ja nicht auszuschließen!), um sich mit überzuckertem Glühwein aufzutanken. Das ist die moderne deutsche „Weihnachts“-Zeit. Welch eine Unsitte!

Nun muss ich zugeben: Den Weihnachtsmarkt will ich niemandem wegnehmen, denn an sich ist das ja eine schöne Sache; zumindest solange man beim Besuch von sogenannten „Merkel-Pollern“ vor sich verirrenden Lastkraftwagenfahrern geschützt ist. Doch eigentlich ist es kein Weihnachtsmarkt, denn: Es ist noch lange nicht Weihnachten. In den Köpfen des modernen Menschen, insofern er noch im Entferntesten ein Kulturchrist ist, beginnt die Weihnachtszeit zwar schon im November und endet direkt nach dem 26. Dezember, dabei ist es genau andersherum: Weihnachten beginnt erst am Abend des 24. Dezember, dem sogenannten Heiligabend, und endet, je nach Konfession, frühestens am 6. Januar (dem Epiphaniasfest oder dem Tag der Heiligen Drei Könige) und spätestens am 2. Februar (Mariä Lichtmess) – und damit zu einer Zeit, in der für die meisten Weihnachten schon längst abgewickelt ist. Tja, meine Damen und Herren, noch ist’s keine Weihnachtszeit, sondern: Advent!

„Advent“, das kommt vom lateinischen „Adventus Domini“ („Ankunft des Herrn“) und bezeichnet, wie der Name eben nahelegt, die Zeit vor der Geburt Jesu Christi. Gleichzeitig soll der Gläubige in dieser Zeit an die zweite Ankunft des Herrn auf Erden erinnert werden. Der Advent ist einerseits eine Zeit der natürlichen Dunkelheit – schließlich befinden wir uns kurz vor der Wintersonnenwende und damit in der dunkelsten Zeit des Jahres –, andererseits verspricht er mit der Geburt Jesu ein Licht am Ende des Tunnels. Für Jahrhunderte zählte die Adventszeit zu den „Stillen Zeiten“, also zu jenen Tagen und Wochen, an denen keine großen Feste gefeiert werden durften – auch in der Kirche; als Beispiel sei der Wegfall des „Glorias“, des „Ruhmesgesangs“, wenn man so möchte, der kirchlichen Liturgie genannt. Demut, Geduld und Vorfreude stehen in den Wochen vor dem Weihnachtsfest im Mittelpunkt – eigentlich, denn die wenigsten nehmen diese Tage auf diese Art wahr. Doch woran liegt das?

Kurzum: Mit der Säkularisierung und der „Verbürgerlichung“ des Weihnachtsfestes ab dem späten 18. und dann vollkommen im 19. Jahrhundert entstanden zwar viele schöne Bräuche (gerade im deutschsprachigen Raum), die auch ich nicht missen möchte – Adventskranz, Weihnachtsbaum und Bescherung gehören etwa dazu –, doch rückte damit auch der eigentliche Mittelpunkt dieses Hochfestes in den Hintergrund: Aus dem Fest der Geburt des Herrn wurde das „Fest der Familie“ oder das „Fest der Liebe“, das zweitwichtigste Fest der Christenheit wandelte sich zum wichtigsten Fest der bürgerlichen Mittelschicht. Im 20. Jahrhundert fand dann jene Verschiebung statt, die ich oben angeklagt hatte: Das Gefühl für Weihnachten verschob sich nach vorne und wurde deckungsgleich mit der Adventszeit, während man den eigentlichen Beginn des Weihnachtsfestes eher als dessen Höhepunkt und Ende auffasst.



Selbst im (hoch‑) kulturellen Bereich lässt sich diese Entwicklung spüren: So besuchte ich am Vorabend des ersten Adventsonntags, also am 26. November (!), eine vollständige Aufführung des Weihnachtsoratoriums von Johann Sebastian Bach, deren sechs Teile ursprünglich zwischen dem 25. Dezember und dem 6. Januar, also einen Monat später, aufgeführt wurden. Vor vielleicht 100 Jahren wäre das so nicht denkbar gewesen: Ein Werk für Weihnachten hat ja in der Adventszeit nichts zu suchen. Zu Bachs Zeiten hätte das auf gar keinen Fall stattfinden können: Allein aus theologischen Gründen, aber auch wegen der erwähnten „Stillen Zeit“, in der das Musizieren im Allgemeinen eingeschränkt war und die feierlichen Pauken und Trompeten ein Sakrileg dargestellt hätten.

Was ich damit sagen möchte, fragt Ihr Euch? Kurzum: Verwechselt Weihnachten und Advent nicht. Macht Euch bewusst, dass durch die Entchristlichung in den letzten 200 Jahren und die Kommerzialisierung christlicher Feiertage seit dem Zweiten Weltkrieg die Bedeutung der winterlichen Feiertage regelrecht verschoben wurde. Macht Euch den Unterschied zwischen Advent und Weihnachten bewusst, lasst Euren Weihnachtsbaum wenigstens bis zum Heilige-Drei-Könige-Tag stehen, und vor allem: Widersteht der unwürdigen Profanisierung solch wichtiger Feste wie Advent und Weihnachten. Welchen Sinn hat unsere Arbeit, wenn wir uns selbst die gröbsten Feinheiten unserer eigenen Kultur nicht bewusst machen können? Für den Coca-Cola-Santa-Claus ohne Islam lohnt sich das Kämpfen nicht.

Daher: Verzagt nicht, seid Euch Eurer Kultur bewusst. Um es mit Luthers Worten zu sagen: „Dunkel muss nicht kommen drein“, denn „die Nacht bringt ein neu Licht dar“. Und damit: Eine besinnliche Adventszeit. Auf dass wir nicht verzagen mögen!

Fridericus Vesargo

Aufgewachsen in der heilen Welt der ostdeutschen Provinz, studiert Vesargo jetzt irgendwas mit Musik in einer der schönsten und kulturträchtigsten Städte des zu Asche verfallenen Reiches. Da er als Bewahrer einer traditionsreichen, aber in der Moderne brotlos gewordenen Kunst am finanziellen Hungertuch nagen muss, sieht er sich gezwungen, jede Woche Texte für die Ausbeuter von der Krautzone zu schreiben. Immerhin bleiben ihm noch die Liebesgrüße linker Mitstudenten erspart…

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