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Applaus für das Phänomen Taylor Swift

9. August 2024
in 3 min lesen

Eigentlich muss beim Thema Taylor Swift von vornherein differenziert werden: Da ist einmal die US-amerikanische Popsängerin. Weiß, attraktiv, rein vom Äußeren her überraschend normal, setzt man die 1989 in Pennsylvania geborene Swift in den Kontext einer hyperideologisierten Popkultur, in der die Interpreten in erster Linie nicht Tonangeber, sondern Fahnenschwenker sind. Das bringt uns dann nämlich schnurstracks von der Person Swift zum Phänomen Swift – kein Sänger produziert derzeit mehr Schlagzeilen, kein Popsternchen wird im Moment wohlwollender von den westlichen Medien begleitet als Taylor Swift.

Zugegeben, mich interessiert die Person Taylor Swift wenig bis gar nicht, was zum einen daran liegt, dass mich ihre Musik nicht interessiert – bis auf dieses Lied mit dem eingängigen Refrain „Heyyyyyy, it’s meeeeeee…“ kenne ich nichts von ihr. Ich finde sie nicht schlecht, ich finde sie nicht gut, ich habe zu ihr als Interpretin einfach keine dezidierte Meinung. So etwas soll es ja auch noch geben. Was mich aber interessiert, ist das Medienphänomen Swift, weil sich anhand dessen viel über die Funktion und Wirkmächtigkeit von Propaganda studieren lässt.

Der Name „Taylor Swift“ begegnete mir das erste Mal um 2016, als auf einem gewissen Bilderbrett eine Handvoll Internetkaschbar Memes verbreiteten, die sich schlecht erklären, sondern auf die sich allenfalls verweisen lässt. Die halb ironische, halb ernst gemeinte Vereinnahmung von Swift als rechte Madonna blieb damals dem Mainstream nicht verborgen. Rückblickend war dieses Phänomen, das sich als „Taylor Swift von rechts“ bezeichnen lassen könnte, ein Sinnbild für die dezentrale, internetbasierte Kulturbildung, oder salopp gesagt: Shitposting. Die echte Welt erreichte dieser Klamauk, jenseits von kritischen Medienberichten wie dem oben verlinkten, nie.

Swift mag Mitte der 2010er in den USA schon Millionen von Fans gehabt haben, der wirkliche Hype hier in Deutschland setzte aber erst vor zwei bis drei Jahren ein. Nachdem die anrüchigen Memes weniger wurden und schließlich ganz aus dem Blickfeld verschwanden, ploppte ihr Name hierzulande plötzlich in den Massenmedien auf. Nach wechselnden Stilausrichtungen widmete sie sich ab 2022 wieder dem Pop, ihre Veröffentlichungen stürmten in den USA die Charts und ihre Beziehung mit einem prominenten Football-Spieler sorgte für reichlich Aufmerksamkeit der Boulevard-Medien, die Swift nun sukzessive hochschrieben. Während bei vielen Popstars früher oder später negativ konnotierte Themen wie Beziehungskrisen, Drogenprobleme oder Depressionen in den Fokus rücken, waren alle, wirklich alle Schlagzeilen, die mit Swift in Verbindung standen, positiv, ja regelrecht glücklich berauscht.

Vor Kurzem schaltete ich mich arglos durchs Fernsehprogramm und stieß auf eine heitere Moderatorin, die Swifts Deutschlandkonzerte anpries. Besucher wurden interviewt, typische Teenie-Mädchen, moppelige Jungs, Frauen im mittleren Alter. Trotz gesalzener Ticketpreise war die Stimmung auf Fernsehgarten-Level. Friede, Freude, Eierkuchen.

Ich fand das alles irritierend, zumal die durchweg positive Berichterstattung über Swift all die negativen Nachrichten konterkarierte. Als ich den Bericht im Fernseher sah, wirkte es auf mich so, als ob Swift so etwas wie die weiße Pille des Establishments wäre. Die Länder der westlichen Welt leiden ja unterm Strich an denselben Problemen – in England brennt die Hütte, in Frankreich liegt alles im Argen, in Deutschland gehen die Lichter aus – aber hey, bald ist Taylor Swift in deiner Stadt! Kauf dir jetzt ein sauteures Ticket und kreisch im Chor mit all den anderen „Swifties“ ihre Songs nach…

Und dann kam Wien: Gleich drei Auftritte hatte Swift in Österreichs Hauptstadt, aber statt eines Regens aus Konfetti und Plastikbechern flossen die Tränen. Denn kurz vor dem Anpfiff wurden die Konzerte abgeblasen. Grund: akute Terrorwarnung. Ein Moslem hatte geplant, auf einem der Konzerte so viele Menschen wie möglich abzuschlachten. Das Phänomen Swift prallte hier nicht das erste Mal auf die giftige, widerwärtige Realität der modernen Einwanderungsgesellschaft. In England toben derzeit landesweit Tumulte, nachdem ein migrantischstämmiger Mann drei kleine Mädchen, die an einem Taylor-Swift-Tanzkurs teilnahmen, erstach und viele weitere teils schwer verletzte.

Man könnte ja anhand dieser Kollision von Traum und Wirklichkeit meinen, dass nun mehr Menschen begreifen, was die Eliten der westlichen Nationen angerichtet haben. Aber – um einen populären, aber von mir gehassten Terminus aufzugreifen – sie „wachen nicht auf“.

https://twitter.com/JonasDreist/status/1821526750343385115
https://twitter.com/WienerPirat/status/1821521112943215047

Die meisten Menschen lieben positiv konnotierte Erzählungen, und das umso mehr, wenn sie Teil davon sein können. Deswegen lieben die Medien das Märchen von der eingewanderten Fachkraft. Deswegen drücken Niklas Normie und Bernd Boomer beim Fußballklamauk trotz allem „unserer Elf“ die Daumen. Und deswegen bleibt auch in absehbarer Zeit eine „Corona-Aufarbeitung“ aus. Vor allem aber wird es keinen politischen, schon gar keinen weltanschaulichen Umschwung geben, wenn es die Opposition nicht schafft, ein positives Bild ihrer Vision zu umreißen und zu propagieren. Die „Psychologie der Massen“, der ganze Regalmeter an Literatur gewidmet wurden, lässt sich auf die eine entscheidende Formel zusammendampfen, die nicht zufällig auch das Erfolgsrezept von Taylor Swift ist: Die Leute wollen für etwas jubeln.

Friedrich Fechter

Nachdem sich Fechter von den beiden Chefs die Leitung der Netzredaktion hat aufquatschen lassen, musste er mit Enttäuschung feststellen, dass die Zeiten von Olymp-Schreibmaschinen und reizenden Vorzimmerdamen vorbei sind. Eine Schreibmaschine hat er sich vom hart erarbeiteten Gehalt trotzdem gekauft. Und einen antiken Schreibtisch. Auf irgendwas muss man im Hausbüro schließlich einprügeln können, wenn die faulen Kolumnisten wieder ihre Abgabefristen versemmeln…

3 Comments

  1. .TS.

    Die echte Person!

    Der Autor .TS. handelt als echte Person und ist nachweislich kein Bot
    Alle Tests gegen Spam-Bots bestanden. Anti-Spam von CleanTalk.

    Die echte Person!

    Der Autor .TS. handelt als echte Person und ist nachweislich kein Bot
    Alle Tests gegen Spam-Bots bestanden. Anti-Spam von CleanTalk.
    sagt:

    Wozu eine Schneider Schwalbe („Taylor Swift“) wenn man auch eine Andrea Berg haben kann? Gut gemachte Darbietungen zu eher belanglosen eingängigen Dudelliedern gibt es schließlich auch hierzulande genug.

    @Danier von Naroon: Deckt sich weitgehend mit meinen Erfahrungen

  2. Danier von Naroon

    Die echte Person!

    Der Autor Danier von Naroon handelt als echte Person und ist nachweislich kein Bot
    Alle Tests gegen Spam-Bots bestanden. Anti-Spam von CleanTalk.

    Die echte Person!

    Der Autor Danier von Naroon handelt als echte Person und ist nachweislich kein Bot
    Alle Tests gegen Spam-Bots bestanden. Anti-Spam von CleanTalk.
    sagt:

    @Niki Super Idee mit noch besseren Beispiele. DANKE für diese Anregung.

    Ich habe im Job so ein Swiftiedingens als Kollegin. Für 2. Tage Tickets gekauft und am Tag davor noch zur Freundin um mit Plastikperlen Handbändchen zu basteln. Ähh…sie Studiert und ist über 19 Jahre. (muss man in dem Kontext erwähnen sonst denkt man an eine 6 Jährige). Am TAg der Absage sprach ich sie an. Sie meinte sie wäre sooo entäuscht und möchte gar nicht darüber sprechen“. Ich sagte :“OHH doch !!!. DAS war für dich das erste aber gewiss nicht das letzte mal das du etwas von deiner Freiheit aufgeben musst. Nun denken wir einmal gemeinsam nach was so seit 2015 passiert ist auch wenn du aufgrund deiner Jugend den Zusammenhang nicht erkennen kannst. In Budapest , Warschau und Bratislava können Konzerte stattfinden und sogar die Israelische elf spielen. Das war auch bei uns der Urzustand. Fahre in diese Länder und schau dir die Städte an. Dann weißt du in welcher Idyle ich aufgewachsen bin. Wir wählen im Herbst . Es ist verdammt an der Zeit zu reden.“

    Im weiteren Gespräch erfuhr ich das sie die Bierpartei wählen wird. Also die Partei von dem Klopfer da oben.

    Tja und da ich scheiß konservativ bin und mit einer anderen Meinung als Demokrat leben kann, habe ich KEINE Wahlempfehlung abgegebn und sie im putzigen Glauben gelassen das DER was Neues in die Politik bringen würde. NAtürlich hätte ich sagen können , man solle zuerst klären von wem der Pogo da finanziert wird aber durch niederreden und Belehrungen wurde noch niemand ein aufrechter Demokrat. Nutzt nix.

    Hängen bleibt „Swifftis wählen Pogo)“.

    PS: Ich vermiete seit Jahren Apartments an FAcharbeiter. Ich hatte 100 von Polen (super Leute), Ungarn, Rumänen und sogar Ukrainer als Monteure im Quartier. Musel??? seid ihr verrückt ! Hatte ich in all den Jahren keinen seit 2018. Alleine um dieses Missverständnis aufzuklären bräuchte man zu lange Zeit. Geht um 17 bis 18 uhr in den Aldi oder lidl und ihr werdet die FACHARBEITER sofort in ihrer Arbeitskleidung beim Abendessen einkaufen sehen. Augen auf! UNd von denen , ist Jeder froh wenn er wieder nach HAuse kann. DAS sind die FAchkräfte auf denen unsere Wirtschaft ruht.

  3. Niki

    Die echte Person!

    Der Autor Niki handelt als echte Person und ist nachweislich kein Bot
    Alle Tests gegen Spam-Bots bestanden. Anti-Spam von CleanTalk.

    Die echte Person!

    Der Autor Niki handelt als echte Person und ist nachweislich kein Bot
    Alle Tests gegen Spam-Bots bestanden. Anti-Spam von CleanTalk.
    sagt:

    Na dann. Ab ans Werk, Leute. Erschafft positive Erzählungen bei denen z.B. innere Sicherheit und eine Vertrauensgemeinschaft das Ziel durch die Handlungen einer sympathischen (Mitfreude > Mitleid) Person sind.

    Wenn ich das so schreibe, denke ich da an Sellner, aber der ist leider für ganz auf perfide Weise dämonisiert worden.
    Sonst fallen mir noch die Geschichten der heldenhaften Passanten ein, die muslimische Messeranschläge verhindert haben. Die über den Franzosen in dem australischen Einkaufszentrum, der danach eine australische Staatsbürgerschaft erhielt oder die über den jungen Franzosen in Annecy, der sagte: „So würde jeder Franzose handeln.“ Die Gesichter und Namen dieser Helden sind vielleicht wertvollere Symbole als die Gesichter der Opfer der Messerangriffe und Terroranschläge.

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